Bienenluft-Therapie

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Bienenluftinhalation (Bild: Apis Z)

Die Bienenluft-Therapie (auch Bienenluftinhalation, Bienenluftkur, Stocklufttherapie, Api-Air Therapie oder kurz ApiAir, engl. Beehive Air Treatment) ist eine pseudomedizinische Behandlungsmethode mit Wellnesscharakter aus dem Spektrum der Apitherapien, bei der Luft aus Bienenstöcken als so genannte Stockluft zum Einsatz kommt. Während einige wenig bekannte deutsche und österreichische Anbieter der Methode zahlreiche Heileffekte zuschreiben, liegt keinerlei seriös oder wissenschaftlich zu nennender Wirksamkeitsnachweis vor.

Zumindest im Bundesland Thüringen wurde 2015 die Anwendung der Bienenluft-Therapie unter Androhung eines Zwangsgeldes verboten. Anlass war die Besorgnis vor erheblichen unerwünschten Wirkungen, insbesondere bei Pollenallergikern.[1]

Ursprung der Anwendung

Erfinder ist zum einen der Imker Hans Musch aus dem schwäbischen Ochsenhausen,[2] der sich wiederum auf ähnliche Therapieverfahren mit Bienenluft aus Russland beruft. Musch behauptet anekdotisch, durch die Bienenluft von einer Hirnhautentzündung geheilt worden zu sein. Laut einer alternativen Anekdote habe er dagegen nach einem Unfall unter chronischen Kopfschmerzen gelitten, die sich besserten und schließlich verschwanden, wenn er bei seinen Bienen war. Sein Konkurrent ist der Imker Heinrich Christl, der die "Bienenluft-Imkerei Heinrich Christl" im deutschen Bad Liebenzell/Unterlengenhardt betreibt. Christl behauptet, die Methode in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts wiederentdeckt zu haben. 2006 habe bei Memmingen eine erste Anwendung "seiner" Methode stattgefunden. Anderen Angaben zufolge sei die Methode 1987 von einem Heinrich Hüttner jun. (Slogan: Atmen Sie sich gesund mit Bienenluft) entdeckt worden.

Methode

Angaben der "Tiroler Bienenwelt" (2015)

Kunden des Imkers Hans Musch werden in eine Holzhütte gebeten, in der sich mehrere Bienenstöcke befinden. Ein- und Ausfluglöcher für die Bienen sind allerdings an der Außenwand der Hütte, so dass die Patienten keinen direkten Kontakt zu den Bienen haben. Mit einer Pumpe wird über einen Pollenfilter Bienenluft in Atemmasken geleitet, über die der Kunde dann einatmet. Die kohlendioxidreiche Ausatemluft gelangt nicht zu den Bienen zurück.

Anbieter empfehlen etwa zehn Behandlungen zu je 20 Minuten. Die angebliche Wundertherapie sei nur in den warmen Sommermonaten von Mai bis August möglich.

Bei der Methode nach Christl kommt offenbar weder eine Luftpumpe noch eine Luftmaske oder Pollenfilter zum Einsatz. Die Kunden atmen lediglich die von Bienenstöcken ausgehende Stockluft ein. Auch bei Christl kommt es zu keinem direkten Kontakt mit den Bienen. Christl schreibt dazu im Internet:

"Die Zugluft erzeugende Absaugung der Bienenluft über den Deckel verwende ich nicht. Von dieser Methode bin ich schon seit Jahren abgekommen, da sie für das Bienenvolk nicht verträglich ist und die entsprechenden Geräte nicht gerade günstig.
Jeder Grundschüler weis, dass Insekten, damit sind auch unsere Bienen gemeint, keine Zugluft vertragen. Unter dem Vorwand alles ist gesund werden nun komplizierte Geräte entwickelt und teuer verkauft, die genau dies über einen längeren Zeitraum bewerkstelligen.
Das teure Absaugen, der auch für den Lebenserhalt der Bienen gesunden Luft über den Deckel, stört das innere Gefüge des Bienenvolkes und schwächt es langfristig.
Und siehe da... Geldgier und Genialität gehen oft getrennte Wege."
[3]

Ein Anbieter entsprechender Luftpumpen mit Filter und Atemmaske ist eine Firma namens KAFI von Sabrina Kammerer und Vera Hertenberger-Fischer[4] aus D-88471 Laupheim-Baustetten, die diese Geräte für 245 Euro anbieten. In Österreich werden auch Schlafkuren ("Eine Nacht im Bienenhaus mit intensiver Bienenluft") oder "Bienenluft in Flaschen" angeboten. Auch gibt es mittlerweile Bienenluftgeräte mit Propolisverdampfer, Bienenluft-Wellnesskabinen mit Sauerstoffanreicherung und Bienenluft für Sportpferde sowie lukrative Bienenluftangebote für Rennkamele arabischer Kunden.

Eine Variante propagiert der Imker Heinz Giegerich aus Großwallstadt. Bei dieser wird die Luft nicht direkt aus einem Bienenstock abgesogen, sondern es werden Substanzen aus dem Bienstock in einen Behälter gegeben, der dann von Luft durchströmt wird, die der Patient oder Wellnesskunde einatmet.[5][6] Ein Vorteil dieses Verfahrens sei, dass es auch zu Hause angewendet werden könne.

Behauptete gesundheitsrelevante Wirkungen

Anhänger und Befürworter der Wellnessmethode behaupten anekdotisch so genannte "quasi universelle Wirkungen, moderate Kosten" und eine "Abwesenheit negativer Nebeneffekte". Zu den behaupteten ausschließlich positiven Wirkungen werden Heilungen oder Besserungen bei zahlreichen und gleichzeitig völlig unterschiedlichen Erkrankungen und Zuständen genannt. Aufgeführt werden etwa Kopfschmerzen, Allergien, Heuschnupfen, Asthma, Bronchitis, Pseudo-Krupp, Infekt-Anfälligkeit, COPD, Schlafstörungen, Depression, chronischer Schnupfen und Muskelfaserrisse.

Zur Wirkungsweise geben Befürworter der Methode an, dass bei der Bienenluft-Therapie durch die Wärme (etwa 36 °C) bei gleichzeitig hoher Luftfeuchte im Bienenstock und durch die Ventilation, die die Bienen mit ihren Flügeln erzeugen, ätherische Öle und Flavonoide aus Honig, Pollen, Wachs und Propolis an die Luft im Bienenstock abgegeben werden.

Zu diesen behaupteten Wirkungen existieren keine wissenschaftlichen Nachweise. Sämtliche, meist in anektotischen Einzelfallberichten wiedergegebenen "Erfolgsberichte" basieren auf Mutmaßungen und Behauptungen, die sich nicht belegen lassen.[7]

Unerwünschte Wirkungen

Anfänglich hatte der Anwender Musch auf seinen Internetwebseiten eine Studie des Biochemikers Eberhard Bengsch präsentiert, einem Vorstandsmitglied des deutschen Apitherapie-Bundes[8] (E. Bengsch: Studie über das Potenzial der biomedizinischen Wirksamkeit von inhalierter Bienenluft), die die Unbedenklichkeit der Bienenlufttherapie belegen sollte. Inzwischen wurde der Text ohne Erklärung entfernt. Bengsch plante im Sommer 2014 eine wissenschaftliche Untersuchung an rund 200 Patienten. Zu einer Veröffentlichung der Studiendaten ist es jedoch nicht gekommen (Stand Herbst 2015). Ein Text von Bengsch zum Thema Bienenlufttherapie ohne Quellenangaben findet sich auf einer privaten Webseite, wurde dort jedoch wieder entfernt. (Der Text findet sich hier). Ob es sich dabei um die gemeinte Studie handeln soll, bleibt unklar.

Problematisch bei dieser Methode ist der Umstand, dass Pollenallergiker (trotz Pollenfilter) Blütenpollen einatmen.

Die Landesärztekammer von Thüringen hält die Methode "vor dem Hintergrund der Risiken einer allergischen Komplikation auch bei bisher Gesunden" für nicht für verantwortbar. Das zuständige Gesundheitsamt in Jena untersagte der Heilpraktikerin Janett Conrad die Bienenlufttherapie unter Androhung eines Zwangsgeldes. Zur Begründung hiess es, diese Therapie berge eine "Gefahr für Leib und Leben und Gesundheit" von Patienten. "Bei der Inhalation von Bienenstockluft durch den Patienten dringen allergenauslösende Partikel direkt und tief in den Körper ein. Hierbei kann es zu schwerwiegenden Reaktionen und damit zu allergischen Komplikationen kommen", führt der Bescheid aus.[1] Die betroffene Heilpraktikerin Conrad klagte gegen das Verbot vor dem Verwaltungsgericht Gera und Ende September 2016 wurde das Verbot wieder aufgehoben.

Unveröffentlichte Literatur

Weblinks

Quellennachweise

  1. 1,0 1,1 Behörden verbieten umstrittene Bienenluft-Therapie. Die Welt, 21. November 2015
  2. Hans Musch, Rösenenweg 2, D-88416 Ochsenhausen
  3. http://www.bienenluft-imkerei.de/bienenluft.html
  4. KaFi - Vertrieb von ApiAir-Inhalationsgeräten und Zubehör, Sabrina Kammerer, Ginsterweg 31, D-88471 Laupheim-Baustetten
  5. Homepage von Heinz Giegerichs Firma naduat
  6. Gebrauchsmuster DE202009013545U1: Vorrichtung zur Erzeugung einer gasförmigen Phase. Anmelder/Inhaber: Giegerich, Heinz. Anmeldedatum: 07.10.2009
  7. Bienenluft-Therapie als Asthma-Hoffnung medizin.transparent.at, abgerufen am 24. November 2015
  8. http://www.apiair-musch.de/pdf/studie_prof_bengsch_apiair.pdf