Bachblüten im Supermarkt (Großbritannien)

Die Bachblütentherapie wurde von dem englisch-walisischen Arzt und Homöopathen Edward Bach (1886-1936) in den 1930er Jahren erfunden. Wie bei der Homöopathie, von der er sich inspirieren ließ, gibt es auch für diese Therapie keinerlei Nachweis für Wirkungen, die über einen Placeboeffekt hinausgehen. Sie wird als eine Pseudowissenschaft und Pseudomedizin bezeichnet.[1] Nach Bachs Tod geriet seine Lehre zunächst in Vergessenheit und wurde erst ab etwa 1980 populär.

Bach meinte, der Mensch verfüge über eine unsterbliche Seele, eine sterbliche Persönlichkeit und ein "spirituelles Selbst", das als Vermittler zwischen Seele und Persönlichkeit fungiere.[2] Jeder Mensch habe als Teil eines größeren kosmischen Energiefeldes "Aufgaben". Diese Aufgaben versuche die Seele mit Hilfe des spirituellen Selbst in der Persönlichkeit zu verwirklichen. Störungen im Verhältnis zwischen den Aufgaben und der Lebensrealität äußerten sich demnach durch negative Seelenzustände, die ihrerseits durch körperliche Erkrankungen sichtbar würden. Bach zählte 38 solcher Negativzustände und behauptete, diese könnten durch übergeordnete Schwingungen harmonisiert werden, so dass der jeweilige Mensch wieder gesunde. Er stellte ein Sortiment von 38 Blütenessenzen zusammen, deren "Schwingungsfrequenz" mit je einer der negativen Seelenverfassungen übereinstimme.

Ursprünglich war Bach davon überzeugt, dass der Morgentau bestimmter Pflanzenblüten wirksam sei, da er heilende Eigenschaften habe, und stellte seine ersten Mittel aus dem Morgentau her. Später wandte er eine andere Herstellungspraktiken an.

Herstellung

 
Edward Bach

Bach benannte 38 Pflanzen, die jeweils ein bestimmtes Motto tragen (z.B. Heckenrose: "Mir steht alles Glück der Erde zu") und 38 Seelenzuständen des Menschen entsprechen sollen.

Geerntete Blüten werden heute nach den von Bach beschriebenen Potenzierungsmethoden rituell verarbeitet. Die gewonnene Urtinktur wurde ursprünglich aus dem Morgentau auf den Pflanzen gewonnen. Nach Edward Bachs Eingebung hätten nämlich durch die Morgentautropfen scheinende Sonnenstrahlen die Eigenschaft, aus den Tautröpfchen ein Wunderheilmittel zu machen. Der gesammelte Tau wurde dann mit der gleichen Menge Brandy gemischt und verdünnt, um die Blütenessenzen herzustellen.

Nachdem Bach aber feststellen musste, dass sich aus den geringen Tauwassermengen keine großen Mengen seiner populärer werdenden Bachblüten herstellen ließen, verwarf er die Idee mit dem Morgentau zu Gunsten einfacherer Methoden.

Heute werden Bachblüten aus Pflanzen direkt gewonnen. Die gewonnene Urtinktur aus gesammelten Pflanzen wird 1:240 verdünnt, um Blütenessenzen herzustellen. Aus den fünf Litern Wasser, in welche die Blüten gelegt wurden, entstehen auf diese Weise etwa 2.400 Liter Essenz, die in "stockbottles" à 10 ml für 6 bis 10 Euro pro Stück verkauft werden.

Es gibt aber verschiedene Herstellungsmethoden:

  • Kochmethode: Ca. 120 g Pflanzenmaterial (Stiele und Blätter) werden mit 1 l Wasser 30 Minuten gekocht. Danach wird der gefilterte Auszug mit 0,5 l Alkohol (40%) verdünnt. In einer zweiten Stufe wird nochmals mit Alkohol 1:240 verdünnt.
  • Sonnenmethode: Frisch gepflückte Blüten werden in 0,5 l Wasser gelegt und ca. 4 h an der Sonne stehen gelassen. Die Blüten werden abgesiebt und das Wasser dann mit 0,5 l Alkohol (40%) verdünnt. In einer zweiten Stufe wird nochmals mit Alkohol 1:240 verdünnt.

Wie man sieht, bestehen diese Essenzen hauptsächlich aus Alkohol und Wasser. Von einer Wirkung, außer der alkoholischen aufgrund der starken Verdünnung, ist daher nicht auszugehen – selbst bei Pflanzen, die eine Heilwirkung haben.

Die Wirkung der Essenzen soll angeblich darin bestehen, dass sich das Wasser mit dem jeweiligen "Schwingungsmuster" der Pflanze anreichere (siehe auch: Wassergedächtnis). Wichtig bei der Herstellung ist die Einhaltung strenger ritueller Vorschriften: Die Pflanzenernte muss an einem wolkenlosen, sonnigen Tag vor 9 Uhr morgens geschehen und nach dem Einlegeprozess mit einem Teil derselben Pflanze aus dem Quellwasser heraus geholt werden.

Anwendungformen und -gebiete

 
Werbung der Firma "Bachblüteninformation" des Belgiers Tom Vermeersch (geb. 1965) für unwirksame Bachblütenprodukte bei Kindesmissbrauch[3]
 
Bachblütenkaugummi
 
Bachblüten-Lutschbonbons der Marke Gutbio bei Aldi-Nord in Berlin für 1,99 Euro (Dez. 2012). Laut Werbung: Für 4 verschiedene Gemütszustände; aus kontrolliert ökologischer Erzeugung; Harmonisierung der negativen Seelenzustände
Sorten:
- Ananas mit Bachblüten, für Optimismus – Lebensfreude - Pfirsich mit Bachblüten, für positive Impulse – Energie
- Himbeere mit Bachblüten, für Harmonie – Trost
- Aprikose mit Bachblüten, für Ruhe – Ausgeglichenheit

Mittlerweile gibt es auch Bach-Blüten-Globuli zu kaufen; dies sind Milchzuckerkügelchen, auf die "Bach Blüten Uressenzen" tropfenweise aufgebracht werden. Der Vorteil bestehe darin, dass diese Kügelchen keinen Alkohol enthalten. Im Angebot sind außerdem: Bachblüten-Bonbons (z.B. gesehen bei ALDI Berlin im Dezember 2012), Bachblüten-Kaugummis, Bachblüten-Cremes, Tees, Sprays, verschiedene Fertigmischungen, Bach-Blüten für Tiere, Wasserzellen, die die Frequenzen aller 38 Bachblüten zusammen freisetzen sollen, und einiges mehr.[4][5]

Helfen sollen die Bachblüten bei vielen Problemen und Leiden:

  • "Seelische Gesundheitsvorsorge": Wunsch nach Bewusstseinsentwicklung, Charakterstärkung, Harmonisierung disharmonischer seelischer Verhaltensmuster wie z.B. Eifersucht, Ängstlichkeit, Resignation.
  • Akutbehandlung psychischer Stress-Situationen und Lebenskrisen: z.B. Beziehungskonflikte, Erziehungs- und Schulprobleme, Arbeitsplatzverlust, Midlifecrisis, ggfs. ergänzend zu psychotherapeutischen Maßnahmen.
  • Begleitbehandlung akuter und chronischer Krankheiten.
  • Bei Beschwerden mit psychovegetativer Symptomatik: z.B. Schlafstörungen, Neurodermitis, Psoriasis sowie bei (kindlichen) Entwicklungsstörungen, zur Geburtsvorsorge und zur seelischen Nachsorgebehandlung von leichten und schwerwiegenden Operationen wie Krebs, Herzinfarkt[6]
  • Kindesmissbrauch (siehe Abbildung rechts).

Man kann erfahren, welche Blüte zu welchem Leiden passt, denn jede Blüte hat einen "Leitsatz" (manchmal auch "Identifikationsschlüssel" genannt). Folgendes ist beispielsweise für die erste der 38 von Bach benannten Blüten, Agrimony bzw. Odermennig, zu lesen: "Seelische Negativhaltung: Man versucht, quälende Gedanken und innere Unruhe hinter einer Fassade von Fröhlichkeit und Sorglosigkeit zu verbergen. Da man gern in Frieden und Harmonie lebt, gerät man durch Missstimmung und Streit in seelische Bedrängnis. Um sorgenvolle und quälende Gedanken zu unterdrücken, greift man zu Alkohol oder Tabletten, nützt jede Möglichkeit zur Ablenkung."

Um herauszufinden, welche der 38 Bachblüten die richtigen sind, stehen mehrere Methoden zur Auswahl. Beispielsweise kann man einen Heilpraktiker oder Blütenberater aufsuchen. Man kann sich die passenden Essenzen aber auch selbst auspendeln, wenn man damit Erfahrungen hat, oder man schreibt die eigenen "Seelenzustände" auf und sucht in einem Bachblüten-Ratgeberbuch nach der dafür geeigneten Blüte. Es gibt noch weitere Möglichkeiten, z.B. die "Pflanzenbild-Methode": Man legt Bilder oder Devas aller Essenzen vor sich hin und lässt den Blick über die Bilder schweifen. An einigen Bildern wird das Auge unwillkürlich hängen bleiben. Man fühlt sich dazu hingezogen. Dies sind dann die "richtigen" Essenzen.

Alpenblüten

Als "Alpenblüten" wird ein analoges System von zehn "Alpenblüten" aus Blüten von Blumen, Sträuchern und Bäumen aus der Alpenregion bezeichnet.

Australische Buschblütentherapie

Eine weitere Variante der Bachblütentherapie ist die Australische Buschblütentherapie nach Ian White.

Unlautere Werbung für Bachblütenpräparate

Im August 2013 erklärte das Landgericht Bielefeld die Bewerbung mit Aussagen wie "Wird gerne in emotional aufregenden Situationen, z.B. im Job verwendet" oder "Können uns unterstützen, emotionalen Herausforderungen zu begegnen" für unzulässig. Es handele sich dabei um gesundheitsbezogene Angaben, weil ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits hergestellt werde. Bachblüten sind keine Arzneimittel, sondern Lebensmittel. Für diese darf nicht ausschließlich mit unspezifischen Gesundheitsaussagen geworben werden. Was erlaubt ist, regelt seit 2007 die Health-Claims-Verordnung. Sie hat das Ziel, Verbraucher in der EU vor irreführenden oder wissenschaftlich nicht belegten Angaben und irreführender Werbung zu gesundheitsfördernden oder krankheitsverhindernden Eigenschaften von Lebensmitteln zu schützen. Einen wissenschaftlichen Nachweis für die beschriebenen Wirkungen gebe es jedoch laut Gericht nicht.[7] Der Beklagte, ein Apotheker und Betreiber einer Versandapotheke aus Rheda-Wiedenbrück, hatte mit derartigen Aussagen u.a. für das Produkt RESCUE® Die Original Bach®-Blütenmischung geworben. Allerdings findet man den praktisch gleichlautenden Werbetext nach wie vor bei zahlreichen anderen Anbietern.[8]

Literatur

  • Bach E, Wheeler CE: Chronic disease A working hypothesis, Diet, bowel flora and chronic disease, Minerva Homeopathic books 2004
  • Weeks N (1994): The medical discoveries of Edward Bach, Physician, Keats publishing, New Canaan, CT
  • Ernst, Edzard: Flower remedies: a systematic review of the clinical evidence", en Wien Klin Wochenschr, vol. 114, Nº 23-24
  • Ernst, Edzard: Bach flower remedies: a systematic review of randomised clinical trials. Swiss Med Wkly. 24 August 2010. doi:10.4414/smw.2010.13079
  • Centre for Reviews and Dissemination: on "Flower remedies": a systematic review of the clinical evidence. Ernst E. Database of Abstracts of Reviews of Effects, 31/01/2004
  • Armstrong N & Ernst E (1999): A randomised, double-blind, placebo-controlled trial of a Bach Flower Remedy. En Perfusion, vol. 11, Nº p. 440-446
  • Oliff, HS: Bach flower remedy ineffective in clinical trial on university students taking exams. Perfusion, 12:440-446
  • Ullman, Dana (2000): Bach Flower Remedies Study: A Critique. Complementary Health Practice Review, USA, 6(1)
  • Walach, H., C. Rilling, U. Engelke (2001): Efficacy of Bach-flower remedies in test anxiety: a double-blind, placebo-controlled, randomized trial with partial crossover. En J Anxiety Disord, vol. 15, Nº 4, p. 359-366
  • Von Rühle G (1995): Pilotstudie zur Anwendung von Bach-Blütenessenzen bei Erstgebärenden mit verlängerter Tragzeit, Erfahrungsheilkunde 44:854-860
  • Cram JR (2002): Flower essence in the treatment of major depression. CAM January: 8–15
  • Ernst E. y Dixon, A., (OMS) (2004): Regulating pharmaceuticals in Europe: striving for efficiency, equity and quality, Chap 18
  • Hyland, M. E., Geraghty, A. W., Joy, O. E. & Turner, S. I. (2006): Spirituality predicts outcome independently of expectancy following flower essence self-treatment. J Psychosom Res 60 (1): 53-8.
  • Hyland, M. E., Whalley, B. & Geraghty, A. W. (2007): Dispositional predictors of placebo responding: a motivational interpretation of flower essence and gratitude therapy. J Psychosom Res 62(3): 331-340
  • Monvoisin R (2005): Bach flower remedies: a critic of the pseudoscientific, pseudomedicinal concepts and philosophical postures inducted by Dr Bach theory. Annales Pharmaceutiques Françaises Vol 63(6), 416-428 (Masson Paris, 2005) Doi: 10.1019/200505233

Weblinks

Quellennachweise

  1. Monvoisin R, Bach flower remedies: a critic of the pseudoscientific, pseudomedicinal concepts and philosophical postures inducted by Dr Bach theory. Annales Pharmaceutiques Françaises Vol 63 - N° 6 - Novembre 2005, Seiten 416 - 428 (Masson Paris, 2005) Doi : 10.1019/200505233
  2. Bach E., Scheffer M.: Blumen, die durch die Seele heilen. Ausgewählte Originalschriften, München, 1979, zit. in: Goldner, Colin: Die Psycho-Szene, Aschaffenburg, 2000
  3. Tom Vermeersch, Gullegemsesteenweg 13, B-8501 Bissegem, Belgien
    [1]
  4. http://www.xn--bachbltenshop-1ob.net/
  5. http://www.vitalation.de/shop/Bachblueten-Zelle
  6. http://web.archive.org/web/20090105235031/http://www.bach-bluetentherapie.com/theorie2.html
  7. LG Bielefeld, Urteil vom 27.08.2013, Az. 15 O 59/13, OLG Hamm 4 U 138/13
  8. http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=55518

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