Aslan-Kur: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Aslan-Kur''' ist ein Verfahren zur angeblichen [[Anti Aging|Verlangsamung von Alterungsprozessen]], das in den 1940er Jahren von der rumänischen Ärztin Ana Aslan erfunden wurde. Zu einer "Regeneration" soll es mit Hilfe des Lokalanästhetikums Procain und einer zusätzlich einzunehmenden Arznei Gerovital H3 (auch Lipogeron H3 oder Aslavital genannt) kommen.
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Die '''Aslan-Kur''' ist ein Verfahren zur angeblichen [[Anti Aging|Verlangsamung von Alterungsprozessen]], das in den 1940er Jahren von der rumänischen Ärztin Ana Aslan erfunden wurde. Zu einer "Regeneration" soll es mit Hilfe des Lokalanästhetikums Procain und einer zusätzlich einzunehmenden Arznei Gerovital H3 (auch Lipogeron H3, H3-Stoff oder Aslavital genannt) kommen.
  
 
==Ana Aslan Gerovital H3==
 
==Ana Aslan Gerovital H3==

Version vom 2. Mai 2010, 20:15 Uhr

Ana Aslan

Die Aslan-Kur ist ein Verfahren zur angeblichen Verlangsamung von Alterungsprozessen, das in den 1940er Jahren von der rumänischen Ärztin Ana Aslan erfunden wurde. Zu einer "Regeneration" soll es mit Hilfe des Lokalanästhetikums Procain und einer zusätzlich einzunehmenden Arznei Gerovital H3 (auch Lipogeron H3, H3-Stoff oder Aslavital genannt) kommen.

Ana Aslan Gerovital H3

Gerovital H3

An der rumänischen medizinischen Akademie von Bukarest untersuchte Dr. Aslan die Wirkungen von Procain auf Zellalterung und Lebenszeitverlängerung. Sie publizierte ihre Erkenntnisse in rumänischsprachigen medizinischen Fachjournalen, die in der Datenbank Medline auffindbar sind (Aslan et al. 1967, Aslan et al. 1968, Aslan et al. 1972, Aslan et al.1973). Auch andere Autoren publizierten zu jener Zeit über Gerovital H3 (u.a. Cohen und Ditman 1974). Das Produkt Gerovital H3 enthielt Procainhydrochlorid, das als schwacher Monoaminooxidase-Hemmer identifiziert wurde (Macfarlane 1975).

Unabhängige Untersuchungen dämpften allerdings die anfängliche, von Dr. Aslan begründete, positive Stimmung über Gerovital H3. Zwerling et al. (1975) untersuchten dessen Wirkung bei geriatrischen Patienten in einem Doppelblindversuch am Bronx State Hospital. Die Patienten waren durchschnittlich 73 Jahre als und wiesen mittelgradige organische Beschwerden auf. Während der ersten sechs Studienwochen erhielten sie 5 ml-Injektion von Gerovital H3 oder Kochsalzlösung (Placebo) intramuskulär dreimal wöchentlich. Neun Gerovital- und 10 Kontrollpatienten brachten die ersten sechs Wochen hinter sich, allerdings nur noch sechs Gerovital- und 7 Kontrollpatienten den 12-Wochen-Zyklus. Alle Patienten waren vor und nach der Studie untersucht worden. Es zeigten sich keine signifikanten Veränderungen der körperlichen Beschwerden bzw. der körperlichen Fähigkeiten. Gerovital H3 zeigte keinen, den physischen oder psychischen Zustand verbessernden, Einfluss.

Zwei Jahre später veröffentlichten Osfeld et al. (1977) einen Übersichtsartikel von Procain-gestützten Behandlungsmethoden, der Daten von mehr als 100.000 Patienten über 25 Jahre beinhaltete, die aus 285 Artikeln und Büchern eruiert worden waren. Mit Ausnahme eines möglichen, leicht antidepressiven Effekts gab es keinen überzeugenden Hinweis darauf, dass Procain (der Hauptbestandteil von Gerovital) irgendeinen Einfluss auf Erkrankungen des älteren Menschen gehabt hätte.

Olson et al. (1978) untersuchten 25 Freiwillige mit einem Mindestalter von 50 Jahren, die unter milder bis mittelgradiger Depression litten, hinsichtlich der Wirkung von Gerovital auf ihren Stimmungszustand im Doppelblinversuch. Es fand sich kein signifikanter Unterschied zur Placebogruppe. Interessanterweise verbesserten sich die Befunde sowohl unter Placebo als auch unter Gerovitalgabe, was dafür spricht, dass allein die gesteigerte Zuwendung im Rahmen einer klinischen Studie einen positiven Effekt für die Patienten nach sich zieht.

Rissanen et al. (1990) prüften die Wirksamkeit von Gerovital bei 88 Rehabilitationspatienten, die an Rücken- oder Hüfterkrankungen litten. In Vorversuchen hatten sie festgestellt, dass das intramuskulär gespritzte Procain des Gerovital innerhalb von 15-30 Minuten aus dem Serum verschwunden war. Nach der Studie stellte sich heraus, dass die Gerovital-Behandelten keine signifikanten Unterschiede im Vergleich zur Placebogruppe aufwiesen.

Insgesamt betrachtet ergibt sich also unter dem Licht klinischer Studien kein überzeugender Wirksamkeitsnachweis für die Aslan-Kur bzw. für die intramuskuläre Anwendung von Gerovital H3.

Nebenwirkungen

Mit zunehmender Verbreitung der Aslan-Methode wurden auch Nebenwirkungen bekannt. So berichteten Forstrom et al. (1977) über drei Patienten, die eine Überempfindlichkeitsreaktion auf Gerovital H3 zeigten. Die Autoren warnten vor allem vor Procain-haltigen Hautcremes. Auch Goitre et al. (1985) warnten vor Kontaktdermatitis nach Anwendung Gerovital-haltiger Hautcremes. Dooms-Goossens et al. (1987) beschrieben Hautveränderungen nach Benutzung einer entsprechenden Haarlotion.

Selbstmedikation mit Gerovital H3 führte in einem Fallbericht von Somsen und Schut (1998) aber zu deutlich stärkeren Problemen. Ein Patient entwickelte Rhabdomyolysen (Muskelschwund) und zeitweises Nierenversagen im zeitlichen Zusammenhang mit der Selbstapplikation des Mittels.

Die Aslan-Szene bleibt unbeeindruckt und gut im Geschäft

Unter diversen Bezeichnungen ist die Aslan-Kur weiterhin verbreitet. Die Aslan Holding International öffnete diverse Niederlassungen in Deutschland, Frankreich, Spanien, Brasilien, der Schweiz und im ägyptischen Hurghada. Man behauptet trotz offensichtlichen Scheiterns des Wirksamkeitsnachweises weiter, dass man mittels der Aslan-Kur den Alterungsprozess verlangsamen, die Gesundheit länger aufrecht erhalten und Körperenergie/-stärke bewahren könne. Auch gegen diverse Krankheiten sei die Aslan-Kur wirksam: Arthritis und Arthrose, Vitiligo, Parkinson, Allopezie, Asthma, gastrointestinale Erkrankungen, sexuelle Störungen beim Mann, Vergesslichkeit, Muskelsteifheit, Durchblutungsstörungen, Müdigkeit/Abgeschlagenheit oder Gelenkserkrankungen. Für keine dieser angeblichen Indikationen können bisher glaubhafte Wirksamkeitsnachweise vorgelegt werden. Trotzdem preist man die Aslan-Kur im Sinne von Wellness-Programmen als 2- bis 3-wöchiges Paket an. Man könne es 2- bis 3-mal jährlich wiederholen.

In Deutschland hat der Heilpraktiker Ronald Saarbacher 1976 eine Modifikation der Aslan-Kur unter der Bezeichnung Aslan-Regenerations-Kur in den Verkehr gebracht. Er preist sie, neben den bereits genannten Indikationen, auch zur Behandlung von Diabetes mellitus, Angst- und Unruhezuständen sowie klimakterischen Beschwerden an. Seine Therapie bedarf 12 Behandlungen, die über 2-4 Wochen verteilt sind. Eine Aslan-Regenerations-plus-Kur besteht aus 18 Behandlungen und dauert 3-6 Wochen.

Insgesamt betrachtet, handelt es sich bei der Aslan-Kur um ein überholtes, wirkungsloses System auf Procain-Basis. Da es bisher keinen Wirksamkeitsnachweis geliefert hat, der der kritischen Nachprüfung standgehalten hätte, gleichzeitig aber durchaus starke Nebenwirkungen auftreten können, ist diese Methode abzulehnen.

Quellennachweise

  • Aslan A, Vrabiescu A, Busila V: Studies of peripheral circulation with the postural oscillometric method in a group of aged persons treated with potentiated Gerovital H. Fiziol Norm Patol, 13, 561-566, 1967
  • Aslan A, Busila V, Sacerdoteanu F: Electroencephalographic findings in a group of aged subjects treated with potentiated gerovital-H3. Fiziol Norm Patol, 14, 263-270, 1968
  • Aslan A, Balan L, Ieremia G: Aspects of the action of Gerovital-H 3 on tissue and cell cultures. Fiziol Norm Patol, 18, 81-88, 1972
  • Aslan A, Ieremia G, Bruckner J, Titu H: Incorporation of tritiated thymidine in renal cell cultures treated with Gerovital H3. Fiziol Norm Patol, 19, 277-281, 1973
  • Cohen S, Ditman KS: Gerovital H3 in the treatment of the depressed aging patient. Psychosomatics, 1st Quarter, 15, 15-19, 1974
  • Dooms-Goossens A, Swinnen E, Vandermaesen J, Marien K, Dooms M: Connubial dermatitis from a hair lotion. Contact Dermatitis, 16, 41-42, 1987
  • Forstrom L, Hannuksela M, Idanpaan-Heikkila J, Salo OP: Hypersensitivity reactions to Gerovital. Dermatologica, 154, 367-369, 1977
  • Goitre M, Bedello PG, Cane D, Roncarolo G: Contact dermatitis from novocaine in Gerovital cream. Contact Dermatitis, 12, 234-235, 1985
  • MacFarlane MD: Procaine HCl (Gerovital H3): a weak, reversible, fully competitive inhibitor of monoamine oxidase. Fed Proc, 34, 108-110, 1975
  • Ostfeld A, Smith CM, Stotsky BA: The systemic use of procaine in the treatment of the elderly: a review. J Am Geriatr Soc, 25, 1-19, 1977
  • Zwerling I, Plutchik R, Hotz M, Kling R, Rubin L, Grossman J, Siegel B: Effects of a procaine preparation (Gerovital H3) in hospitalized geriatric patients: a double-blind study. J Am Geriatr Soc, 23, 355-359, 1975
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