Anthroposophische Rassenlehre

Steiner-Skizze
Rudolf Steiner[1][2]

Die Anthroposophische Rassenlehre ist Bestandteil der Glaubenslehre der Anthroposophie, nach der sich die menschliche Entwicklung auf der Erde in sieben aufeinanderfolgenden Wurzelrassen vollziehe.

Im Laufe dieser Entwicklung soll sich der Geist in den ersten Wurzelrassen immer mehr mit der Materie verbinden, bis er in der "atlantischen Epoche" eine menschliche körperliche Gestalt annimmt. Der Geist soll das intuitive Wissen um seine Göttlichkeit sowie magische Künste verlieren, dafür aber neue Fähigkeiten entwickeln.

Die anthroposophische Rassenlehre ist ein herbeiphantasiertes Glaubenskonstrukt, das sich verschiedener Legenden, Sagen und Märchen bedient. Sie postuliert auch das Vorhandensein menschlicher Rassen und weist rassistische Inhalte auf.

Die anthroposophische Rassenlehre ist immer noch Lehrinhalt der Waldorfschulen. Die rassistischen Aussagen Steiners werden da aber nicht mehr erwähnt.

Wurzelrassen

Die Idee der so genannten Wurzelrassen geht auf die Esoterikerin und Theosophin Helena Blavatsky zurück, die dazu ihre Ansichten im Werk "Die Geheimlehre" veröffentlichte. Ihre Wurzelrassenerzählungen wurden von Rudolf Steiner übernommen.

Die ersten fünf Wurzelrassen der Anthroposophie sowie einige Unterrassen schilderte Steiner in dem Buch „Aus der Akasha-Chronik“. Diese Akasha-Chronik gilt Esoterikern als eine Art lebende Schrift, die nur die Eingeweihten verstehen. In dieser Schrift, so sagte Steiner, spielten sich die Vorgänge "in vollem Leben" ab, und man könne auf diese Weise in ferne Vergangenheiten blicken, die weiter zurückreichten als die bekannte "äußere Geschichte".

Die Gegenwart spielt sich demnach auf dem vierten Planeten, der Erde, ab. Am Ende der Erdenzeit werden die anthroposophisch erleuchteten Geister ihre physische Hülle abstreifen und zu Engeln erhoben, während die "Materialisten" zu Tiermenschen degenerieren.

Die ersten beiden Rassen, die "polarische" und die "hyperboräische", hatten kaum menschliche Züge. Bei den Hyperboräern, sagte Steiner, schwand die Fähigkeit zur Selbstbefruchtung, die Ernährungs- und Fortpflanzungsorgane wandelten sich zu Sprech- und Denkorganen. Die irdische Materie verdichtete sich, weshalb die Seele den Körper nicht mehr beliebig formen konnte.

Die dritte Wurzelrasse, die so genannten "Lemurier", lebten südlich des heutigen Asien: Sie hausten in Erdhöhlen und atmeten eine wässrige milchartige Substanz ein. Sie waren ursprünglich geborene Magier, konnten Gedanken lesen und ungeheure Lasten durch bloßen Willen heben. Ihre Aufgabe war es, den Willen auszubilden, wofür nach Steiner eine gewisse Brutalität notwendig war.

Für den Untergang der Lemurier lieferte Steiner zwei Erklärungen, nämlich Vulkanausbrüche und/oder zuviel Sex. Er schrieb den Lemuriern zu, anstelle der Selbstbefruchtung die zweigeschlechtliche Fortpflanzung ausgebildet zu haben. Die spirituelle Evolution habe die Lemurier überrollt und ihr wenig entwickeltes Inneres in die äußere körperliche Starrheit gezwängt, erklärte Steiner. Die Charakteristik der äußeren Starre bedeutet in der anthroposophischen Terminologie immer, dass ein Lebewesen, ein Mensch oder ein Tier, nicht mehr entwicklungsfähig ist und degeneriert. Die lemurische Rasse verfiel, die meisten sanken herab, gemäß Steiners Regel, dass der Aufstieg einer Minderheit immer den Abstieg der Mehrheit bedeute, "bis zur Stufe der Wildheit."

Unter dem Einfluss höherer Wesen entwickelte sich nur eine kleine Gruppe zum Keim der atlantischen Wurzelrasse. Diese vierte Wurzelrasse benannte Steiner nach der mythischen Insel Atlantis, die der Legende nach einst zwischen Europa und Amerika lag. Für Anthroposophen ist Atlantis eine historische Realität, die sie verteidigen und die in den Waldorfschulen auch als solche gelehrt wird.

Auch die Masse der Atlantier verfiel. Wieder bildete nur ein kleiner Teil den Kern für die fünfte arische Wurzelrasse. Die fünfte Unterrasse entwickelte die logische Denkkraft und die Urteilskraft, verlor dafür aber die Lebenskraft.

Die fünfte Wurzelrasse sei in mehrere Unterrassen aufgeteilt, z.B. die Tolteken und die Ur-Semiten, deren begabtester Teil, so Steiner, zum Keim der arischen Rasse werde. Die Masse der Ur-Semiten aber trifft der böse Fluch der Ratio, sie produzieren "unruhige Zustände", beherrschen obendrein Techniken wie das Feuer, aber ohne religiösen Charakter und gehen schließlich an "Neuerungssucht und Veränderungslust" zugrunde.

Bevor Atlantis im Ozean versank, wanderten einzelne Gruppen aus, glauben die Anthroposophen. Die Nachkommen derer, die in den Westen, nach Amerika gingen, diffamierte Steiner als "dekadente" Abzweigung. Sie seien eine jener Gruppen, bei denen das Knochensystem zu früh verhärtete, solche Menschen blieben als "degenerierte Menschenrasse zurück".

Sein Schüler Wachsmuth wollte anhand des Kopffederschmuck beweisen, dass Indianer ein "verhärtetes" Kopfsystem besässen und darum degeneriert seien. Bei der "malayischen Rasse" diagnostizierte Steiner ein zu früh verhärtetes Nervensystem, bei den Schwarzen ein verhärtetes Ernährungssystem und bei den Mongolen verhärtetes Blut sowie einen naiven Glauben an das Leben. Er stellt Indianer, Malaien, Schwarze und Mongolen mit Tieren auf eine Stufe, in dem er physische Verhärtung und damit spirituellen Stillstand unterstellte. Die Indianer wurden auf dem Weg zum Arier und zum Übermenschen "herausgenommen" wie die Affen.

Demnach sah Steiner diese Menschen als "minderwertige Rassen" an, die zum Aussterben verdammt seien.

Rassismusvorwurf

Steiners Bücher "Geisteswissenschaftlichen Menschenkunde" und "Die Mission einzelner Volksseelen im Zusammenhang mit der germanisch-nordischen Mythologie" wurden 2007 von der Prüfstelle für jugendgefährdende Medien aufgrund rassistischer Inhalte geprüft. Die beiden Bücher seien "geeignet, Kinder und Jugendliche sozialethisch zu desorientieren", weil sie "Rassen diskriminierende Aussagen" enthielten. Aus diesem Grund stellte das Bundesfamilienministerium den Antrag, die Bücher in das Verzeichnis der jugendgefährdenden Schriften aufzunehmen. Es handele sich "keinesfalls um Zufallsprodukte oder durch den Zeitgeist bedingte rassistische Stereotype". Vielmehr seien die Aussagen als "Ausprägungen einer spezifisch Steinerschen esoterischen Rassenkunde" zu sehen. Es wurde von der Prüfstelle entschieden, dass manche Aussagen Steiners zwar rassistisch sind, dennoch dürfen die Bücher weiterhin verbreitet werden, wenn sie einen entsprechenden Kommentar enthalten.[3]

Der „Bund der Freien Waldorfschulen“ distanzierte sich im gleichen Jahr in seiner „Stuttgarter Erklärung“ formal von „jeglicher Form“ des Rassismus und Nationalismus und gab bereits 2001/02 zwei Bände zum Thema „Anthroposophie und der Rassismusvorwurf“ heraus.[4][5] Um dem Vorwurf des Rassismus Steiners zu begegnen, werden spezielle Seminare angeboten, die Verantwortlichen in anthroposophischen Einrichtungen Diskussionsargumente geben sollen. [6]

Allerdings wird die Geschichte von den Wurzelrassen, neu bezeichnet als "Kulturepochen der Menschheitsentwicklung", weiter gelehrt.

Bei der anthroposophischen Ausbildung von Waldorflehrern wurden am „Seminar für Waldorfpädagogik Berlin” weiterhin eindeutig rassistische Inhalte gelehrt. Das Spektrum reichte von krassen Aussagen über Nicht-Europäer („Indianer”), die diesen letztlich die Existenzberechtigung absprechen, bis hin zum ganz alltäglichen Rassismus, der eine Vorreiterrolle, Dominanz, Überlegenheit des Europäers (= Weißen) gegenüber anderen Rassen ausdrückte.[7]

Weblinks und Quellen

  1. Rudolf Steiner, "Menschheits-Entwickelung und Christus-Erkenntnis", Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz, 1981, (GA 100), Seite 245
  2. "Menschheits-Entwickelung und Christus-Erkenntnis", Seite 244: "Wir haben in der amerikanischen Rasse eine primitive Urbevölkerung vor uns, die weit, weit zurückgeblieben ist, auch in bezug auf religiöse Weltanschauung. [...] Aber die Europäer sind hinaufgestiegen zu einer höheren Kulturstufe, während die Indianer stehengeblieben und dadurch in Dekadenz gekommen sind. Diesen Entwickelungsvorgang muß man immer beachten. Er läßt sich darstellen wie folgt. Im Laufe der Jahrtausende verändert sich unser Planet, und diese Veränderung bedingt auch eine Entwickelung der Menschheit. Die Seitenzweige, die nicht mehr in die Verhältnisse hineinpassen, werden dekadent. Wir haben also einen geraden Entwickelungsstamm und abgehende Seitenzweige, die verfallen (siehe Zeichnung)."
  3. http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,504315,00.html
  4. http://www.egoisten.de/pixx/sonnenberg.pdf
  5. http://www.egoisten.de/pixx/sonnenberg.pdf
  6. info3.jpg
  7. 3 Jahre Rudolf Steiner ist „zum Rassenhass anreizend bzw. als Rassen diskriminierend anzusehen“