Andullationstherapie

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Andullationsliege

Die Andullationstherapie (auch bioenergetische Andullationstherapie, von engl. "to undulate" - wellenförmige Bewegung) ist der Name für eine alternativmedizinische Vibrationsmassage, bei der auf einer speziellen Massageliege mechanische Schwingungen bestimmter Frequenzen zur Behandlung von Schmerzzuständen sowie weiterer Erkrankungen unterschiedlichster Art zum Einsatz kommen. Zusätzlich wird Infrarotlicht eingesetzt, offenbar zur Erwämung der bestrahlten Körperoberfläche. Die Schwingungen sollen nach Aussagen von Befürwortern dem Körper zu einer "Regulation" und "Regeneration" sowie zur "Selbstheilung" verhelfen. Erfinder der Methode sei ein ungenannter "Schweizer Quantenmediziner".[1]

Allgemeines

Die Methode mit Wellnesscharakter ist dem großen Bereich der Vibrationstherapien zuzuordnen. Sie wird im deutschsprachigen Raum von wenigen Behandlern eingesetzt und die Behandlungsliege wird auch direkt an Endkunden verkauft. Nach Angaben des Herstellers sind 70.000 Behandlungsliegen verkauft worden (2011). Glaubt man Berichten von Patienten mit Polyneuropathie, die sich im Internet zu Wort melden, so seien diese unaufgefordert von einem Promotion-Verein namens "Süddeutsche Gesellschaft für Andullationstherapie e.V." brieflich und telefonisch kontaktiert worden, nachdem sie einen Online-Schmerztest[2] gemacht hatten. Ihnen sei die Behandlungsliege für 3800 Euro und eine Gratis-Behandlung im Rahmen einer Studie angeboten. Allerdings gibt es auch Berichte, nach denen eine Teilnahme an der Studie 2900 Euro kosten sollte.[3]

Zur Methode liegen nur wenige Veröffentlichungen vor, gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten nicht, da kein wissenschaftlicher Nachweis einer Wirksamkeit bei den behaupteten Indikationen vorliegt. Ein Artikel zur Methode, der bei der deutschsprachigen Wikipedia angelegt wurde, wurde noch am gleichen Tag (5. August 2011) wegen "Irrelevanz" schnell-gelöscht.[4]

Andullationstherapie-Behandlungsliegen werden von der Firma hhp – home health products GmbH aus Karlsruhe[5] für 3500 bis 3900 Euro angeboten. Für übergewichtige Kunden wird auch ein "Andullationsgurt" zum "Fettabbau" angeboten. Von hhp existieren eine Patentanmeldung[6] zum Verfahren und mehrere Gebrauchsmuster aus den Jahren 2004 bis 2007 für entsprechende Massageliegen.

Ähnliche Vorrichtungen sind die Klangliege sowie "Chi machines" genannte Behandlungsessel und Fußbänke, die ebenfalls Rüttelbewegungen ausführen und an Autobahnraststätten und gelegentlich bei Orthopäden zu finden sind. Unter dem Handelsnamen Rhythmovogue werden auch "Vibrasound"-Schwingerreger angeboten, die in eine Liege oder einen Sessel eingebaut oder in Form eines Kissens oder einer Matte erhältlich sind. Beleglos wird beispielsweise behauptet, dass durch diese Produkte bei Kindern Konzentration und Leistung förderbar seien und Kinder mit ADHS zu helfen sei.

Methode

Schematischer Aufbau der Andullationsliege.[6] Die Schwingungen werden mit Motoren erzeugt.

Der Patient nimmt auf einer speziellen Behandlungsliege Platz und wird durch darin eingebaute Elektromotoren mit Unwucht mechanischen Schwingungen ausgesetzt. Behauptet wird, gesundheitsfördernde und schmerzstillende durch modulierte "chaotische Trägerfrequenzen" erzielen zu können. Die verwendeten Rüttelfrequenzen werden variiert (durch Änderung der Drehzahl der Motoren) und sollen auf zufällige Weise "stochastische Resonanzen" im Körper auslösen, was zu den behaupteten Heileffekten führe. Gesundheitlich bedeutsame Wirkungen sollen sich durch die Wahl bestimmter Frequenzen ergeben. Die angeblich heilenden Schwingungen seien dabei in ein Grundrauschen "eingebettet", welches die "stochastischen Resonanzen" ermöglichen soll. Die Frequenzwahl soll nach dieser Lehre auch die Wirkung auf bestimmte Organe und Systeme erklären. In der Patentschrift[6] werden drei Frequenzbereiche unterschieden:

  • Bereich I, bis etwa 22 Hz: "Frequenzen, mit denen Körperflüssigkeiten wie Blut und Lymphe angeregt werden"
  • Bereich II, 22 Hz bis 45 Hz: Frequenzen, "mit denen Weichteile wie Muskulatur, Magen/Darm etc. reagieren"
  • Bereich III, 45 Hz bis 70 Hz: "Frequenzen, auf die Bindegewebe und auch Nervensysteme etc. positiv reagieren"

Diese Einteilung ist nur teilweise im Einklang mit Beispielen, die in der Werbung genannt werden:

  • 2 Hz: Nervenregeneration
  • 5 Hz und 16 Hz: Wundheilung
  • 7 Hz: Knochenwachstum
  • 10 Hz: Zur Behandlung von Bändern, Muskelverspannungen und "peritumorösen Ödemen"
  • 15 Hz, 20 Hz und 72 Hz: Bei Hautnekrosen, Stimulation der Kapilarisierung und Fibroblastenproliferation
  • 15 Hz: Regeneration des peripheren Nervensystems (Enzymaktivierung)
  • 20 Hz: Therapie von Morbus Sudeck
  • 70 Hz: Schmerzlinderung und Nerven-Stimulation
  • 10 Hz und 100 Hz: Behandlung der palmaren Psoriasis

Zusätzlich wird Infrarotlicht (Rotlicht) eingesetzt. Dieses soll zu einer Tiefenwärme führen und offenbar die Durchblutung der bestrahlten Körperoberfläche fördern.

Produktwerbung und Literatur

Zur Methode der Andullationstherapie existiert eine Bachelorarbeit[7] Bei der Firma SPOREG - Ambulantes Rehabilitationszentrum aus Offenbach[8] sind zwei Arbeiten zum Thema erschienen. Der Leiter der "Funktions- und Leistungsdiagnostik" der SPOREG ist der Sportwissenschaftler Roland Stutz, der aktuell in Personalunion im Bereich der Vermarktung der Andullationstherapieprodukte tätig ist und einen Verein "Süddeutsche Gesellschaft für Andullationstherapie e. V."[9] leitet, der die Methode promotet.[10] Stutz trat auch im deutschsprachigen Werbefernsehen auf, um die Massageliege an Zuschauer zu verkaufen. Von ihm liegen zwei Veröffentlichungen bei seiner eigenen Einrichtung vor.[11][12]

Ein weiterer Bewerber der Liege ist der Medizinlaie Hademar Bankhofer.

Kritik und Medienrezeption

Im ARD Magazin plus-minus wird die Andullationstherapie kritisch gewürdigt. Unter dem Vorwand, Probanden für eine kostenlose Studie zur Schmerztherapie anzuwerben, wird die Massagematratze potentiellen Konsumenten vorgeführt und aufgeschwatzt. Dem Studienleiter, Roland Stutz, wurde von den Redakteuren nachgewiesen, daß er den Professorentitel zu Unrecht führt. Dies hatte eine Rückfrage bei der Universität von Sevilla ergeben, welche Roland Stutz angeblich berufen haben soll.[13]

Ähnliche Produkte

  • Eine ähnliche Liege wird unter dem Namen MEDIWAVE von der Firma Schober medicare GmbH vertrieben. Der Hersteller behauptet, er habe die positive Wirkung der Liege durch Messungen mit dem Prognos-Gerät nachgewiesen.
  • Die Liege Bigesta optimus (Kurperle GmbH, 94072 Bad Füssing) soll mit einer wählbaren Frequenz von 7,8 Hz bis 23 Hz vibrieren und dadurch u.a. "Blockaden des Meridiansystems auflösen".

Weblinks

Quellennachweise

  1. Der Erfolg der Andullationstherapie: Liegend schmerzfrei. Münchner Wochenanzeiger, 3. Februar 2010
  2. http://www.andullation.de/schmerztest.php
  3. http://schmerzliga-forum.de/patienten/showthread.php?940-Andullation-kennt-das-wer-und-hilft-das
  4. http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Spezial:Logbuch&type=delete&page=Andullationstherapie
  5. hhp - home health products GmbH, Sophienstraße 15-17, 76133 Karlsruhe
  6. 6,0 6,1 6,2 Offenlegungsschrift DE 102007051411 A1: Massagevorrichtung. Anmeldedatum: 25.10.2007. Inhaber: HHP Home Health Products GmbH, 76133 Karlsruhe. Erfinder: Antrag auf Nichtnennung
  7. Klein F (2005): "Eine Empirische Studie über die Wirkung oszillierender Vibrationsmassage in Verbindung mit Infrarotbestrahlung bei Stau im venösen und lymphatischen System". Bachelor-Arbeit Fachhochschule Fresenius
  8. SPOREG-Ambulantes Rehabilitationszentrum, Goethering 58, 63067 Offenbach
  9. http://www.andullation.de/ueberuns.php
  10. Zitat: Die Süddeutsche Gesellschaft für Andullationstherapie e.V. setzt sich für die flächendeckende Verbreitung eines neuen biophysikalischen Verfahrens ein – die Andullationstherapie. Sie soll medizinischen Laien als auch Anwendern im gesamten deutschsprachigen Raum zugänglich gemacht werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde ein überregionales Netzwerk etabliert.
  11. Stutz R, Gebel R (2003) "Querschnittanalyse: Untersuchung der physiologischen Wirkung der oszillierenden Massageliege auf den menschlichen Organismus". SPOREG Offenbach
  12. Stutz R, Gebel R (2004): "Längsschnittanalyse: Untersuchung der physiologischen Wirkung der oszillierenden Massageliege auf den menschlichen Organismus". SPOREG – Offenbach
  13. http://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/mdr/2013/sendung-vom-28082013-100~_show-overview.html