Recancostat

Aus Psiram
Zur Navigation springen Zur Suche springen


Worum geht es? Recancostat ist ein patentiertes, aber nicht verkehrsfähiges Mittel, das laut Werbung bei der Bekämpfung von Krebs eingesetzt werden soll: z.B. vor Tumoroperationen oder während strahlen- oder chemotherapeutischer Maßnahmen.
Was sind die Fakten? Recancostat ist nicht als Arzneimittel zugelassen. In Studien konnte das Mittel eine Wirksamkeit gegen Krebs nicht nachweisen. Auch das Patent sagt nichts über die Wirksamkeit aus. Der Verkaufspreis ist dreißig Mal höher als der Herstellungspreis. Recancostat wird beworben als 'das Zentrum der biologischen Kraft' und als 'Garant aller Zellleistungen' sowie als 'ausgewogene oszillierende Mitte aller Zellregulationen'.
Was ist davon zu halten? Recancostat ist teuer, unwirksam und macht riesige Versprechungen. Es wurde vom Fernsehsender RTL 1995 propagiert, daher hat es bis heute Anhänger.

Vorsicht! Im Beipackzettel steht sogar, dass die Wirkung durch strahlen- oder chemotherapeutische Maßnahmen eingeschränkt wird! Das könnte für Krebspatienten ein Anlass sein, nicht nur auf dieses Scheinmittel hereinzufallen, sondern auch ihre ärztlichen Therapien abzubrechen.


Recancostat ist ein relativ teures alternativmedizinisches Heilmittel und enthält ein Gemisch aus Glutathion- und Anthocyan-Verbindungen und wird zur Behandlung von Krebs angeboten. Ein wissenschaftlicher Nachweis der Wirksamkeit bei Krebs ist nicht bekannt.

Durch eine Fernsehsendung mit dem Titel 'Gesucht wird ... ein neues Krebsmittel. Die neue Hoffnung auf Heilung' erlangte ein Präparat namens Recancostat Comp. N-APO im Oktober 1995 über Nacht unter Tumorpatienten einen hohen Bekanntheitsgrad und erfreut sich seither anhaltender Aktualität.[1] In Deutschland wurde das unter dem Schlagwort 'Recancostat' vertriebene Mittel nach einer RTL-Reportage[2] weiter bekannt gemacht.

Eine Mischung wurde patentiert

Recancostat wurde 1991 durch den deutschen Arzt Gerhard Ohlenschläger (1930 - 2008) aus Königstein und den Biochemiker Gernot Treusch (1939 - 2008) aus Frankfurt/Main als internationales Patent angemeldet.[3] Allerdings ist die Anmeldung sehr allgemein gehalten. Es wird ein Stoffgemisch zur therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers angemeldet. Konkrete Anteile der möglichen Inhaltsstoffe (Anthocyan-Verbindungen der Gruppe Pelargonidin, Päonidin, Cyanidin, Melvidin, Petunidin, Delphindin) sind nicht genannt. Beim Kernbestandteil, dem reduzierten Gluthation, behalten sich die Anmelder vor mindestens ein Thio-Derivat des Gluthations der Gruppe Methyl-Glutathionyl-(Thio)-Äther, Äthyl-Glutathionyl-(Thio)-Äther, Mono-Acetyl-Glutathionyl-(Thio)-Ester oder Mono-Phosphorsäure-Glutathionyl-(Thio)-Ester zu ersetzen. Das Mittel wurde unter der Bezeichnung "therapeutisch wirksames Stoffgemisch aus Glutathion- und Anthocyan-Verbindungen" patentiert. Auch die Nachfolgerpräparation Recancostat comp(ositum) wurde unter der Nummer EP045972 patentiert. Eine solche Patentschrift ist jedoch selbst kein Wirksamkeitsnachweis, sondern ein Rechtstitel zur Absicherung der eigenen Entwicklung gegenüber möglicher Konkurrenz, wenn sich ein Produkt als wirksam oder als Verkaufsrenner erweist.

Recancostat ist nicht gleich Recancostat

Es gibt ein Verwirrspiel der Bezeichnungen. In Deutschland wurde Anfang der 1990er Jahre ein Gluthation-haltiges Mittel unter der Bezeichnung Recancostat® vertrieben. Allerdings wurde dieses Mittel bereits 1991 vom Verwaltungsgericht Frankfurt/Main als nicht verkehrsfähig bezeichnet und es wurde ein Rückruf bereits ausgelieferter Ware angeordnet (PZ 1996a). Nach Hauser und Allewelt[4] wurde einer Firma 1991 untersagt, Recancostat zu vertreiben und irreführende Werbung zur Indikation und Wirkung zu unterlassen.

Obgleich das Wort Recancostat in den Köpfen der Patienten implementiert ist, wird derzeit das Mittel Recancostat comp.® oder auch Recancostat® Comp. N-APO vermarktet. Nach Angaben auf der AOL-Website von Helmut Dobler aus Pentling lautete der korrekte Name der spanischen Firma Verga International European Cancer Research Division Representative Office in 17487 Ampuriabrava, Pani 83 A. Als deutsche Bestelladresse wird die Apotheke Hausmann, Marktplatz 3 in 36358 Herbstein genannt, wo das Original Recancostat® Comp. N-APO Kapseln als apothekenhergestelltes Rezepturarzneimittel zu beziehen sei. In die Schlagzeilen der pharmazeutischen Fachpresse geriet Verga International dadurch, dass sie 1997 eine Aussendung an Apotheken absetzte, in der Recancostat comp.® mit seinen Inhaltsstoffen entgegen anderslautender Behauptungen oder gegenteiliger Pressemitteilungen sehr wohl durch kontrollierte klinische Studien am Menschen geprüft und somit bei der Krankheit Krebs wirksam sei. Außerdem würde das Präparat auch in der Bundesrepublik Deutschland legal in den Verkehr gebracht.[5]

Was ist Recancostat comp.®?

Nach Angaben des Herstellers handelt es sich um Kapseln, die 200 mg reduziertes Gluthation, 40 mg L-Cystein und Anthocyan-Farbstoffe (25 mg Betatom und 291,25 mg Cassis) beinhalten (PZ 1996a, AMK 1996). Als Dosierung werden anfänglich 4 Kapseln täglich empfohlen, wobei die Menge mit einer Kapsel täglich auf eine Gesamtdosis von 10 Kapseln pro Tag gesteigert werden kann (Schneider 2000). Nach Angaben der Arzneimittelkommission und des Herstellers beträgt der Preis für 100 Kapseln etwa 450 Euro, was einem Kapsel-Einzelpreis von knapp 5 Euro entspricht. Hauser und Allewelt schätzten für die Schweizer Krebsliga auf der Basis der Einkaufspreise des ICN Pharmaceutical-Katalogs für das Jahr 1996 die Herstellungskosten für 200 Tabletten Recancostat comp.® auf etwa 55 SFr, was einem Herstellungspreis pro Kapsel von etwa 15 Eurocent entspräche.

Nach Hauser und Allewelt (1995) sieht Ohlenschläger das Gluthationsystem als die ordnungs- und informationserhaltende Grundregulation lebender Systeme schlechthin. Alle Zellen von Säugetieren und Menschen seien physiologischerweise relativ gut ausgestattet mit antioxidativen Enzymen. Maligne transformierte Zellen wiesen hingegen extrem unterschiedliche Konzentrationen dieser Enzyme auf. Ohlenschläger stellte folgende Hypothese auf: Es wäre auch denkbar, dass die Art der Initiierung einer malignen Transformation eine Rolle für die mehr oder weniger effektive Ausstattung einer Tumorzelle an antioxidativen Enzymen spielt. Diese Hypothese teilen Hauser und Allewelt (1995) nicht. Sie meinten: Aus den vielen biochemischen Basisdaten, die aus Lehrbüchern stammen, wird von den Promotoren über die 'Bedeutung des Gluthations für den menschlichen Organismus' phantasiert. Recancostat wird vollmundig als 'das Zentrum der biologischen Kraft', 'das stark repräsentierte Zentralmolekül zur Bewahrung potentieller reduktiver Äquivalenzen zur Information, Funktion und Strukturerhaltung als ein allen Katabolen, Struktur- und Informations-zerstörenden Prozessen gegensteuerndes Ordnungsprinzip' bezeichnet. Recancostat sei der 'Garant aller Zelleistungen' und die 'ausgewogene oszillierende Mitte aller Zellregulationen'.

Die Art der überzogenen Darstellung wirkt wirklich befremdlich. Vor allem dann, wenn aus naturwissenschaftlicher Sicht Sätze fallen wie: Recancostat normalisiere die komplexen Raum-Zeit-Muster aller Zellwachstums- und Zelldifferenzierungsprozesse auf genetischer und enzymatischer Ebene.

Angegebene Indikationen für Recancostat comp.®

Als medizinische Indikationen werden für Recancostat comp.® folgende Erkrankungen oder Behandlungsumstände genannt:

  • vor einer Tumoroperation bzw. der Entfernung eines Primärtumors oder einer größeren Metastase (600 mg bis 1.200 mg pro Tag)
  • nach einer Operation während einer Strahlentherapie
  • bei chemotherapeutischen Maßnahmen
  • bei Hämoblastomen, Leukämien und bestimmten malignen Lymphomen

Diese Indikationsstellung erstaunt, denn es gibt eine Reihe angeblicher Interaktionen, die offenbar nach Herstellerangaben die Wirksamkeit von Recancostat comp.® beeinträchtigen sollen. Dazu zählen radioaktive und UV-Strahlung, Schwermetalle, Aldehyde und die begleitende Einnahme von Elektrolyten, Mineralien oder Spurenelementen. Wie angesichts dieser Ausschlusskriterien aber die Empfehlung ausgesprochen werden kann, dass man das Mittel gerade u.a. bei einer Strahlentherapie einsetzen sollte, bleibt offen. Dergleichen würde bedeuten, dass das Mittel z.B. bei einer Strahlentherapie ja genau von der Therapieform in seiner behaupteten Wirkung gemindert würde, für deren Begleittherapie es gedacht sei.

Vertriebswege und Werbeaussagen

In Deutschland war bis vor kurzer Zeit die Firma Syncomp Pharma GmbH mit Sitz in Frankfurt/Main und deutscher Website der Ansprechpartner für Recancostat. Die Firma hat mittlerweile den Standort gewechselt und findet sich unter der Bezeichnung Clear Vision BV im niederländischen Heerlen wieder. Zu beachten ist, dass in den Niederlanden - im Gegensatz zur BRD - die Rechtslage im Bereich der Nahrungsergänzungs- und Arzneimittel nicht so streng ist.

Syncomp bezog sich in ihrer Werbung u.a. auf eine Vereinigung dreier russischer Universitäten, die unter der Bezeichnung Mega-Misi sowohl in Moskau als auch Brüssel Büros unterhält. Nach Auskunft von Mega-Misi habe Syncomp versucht, gemeinsam mit ihr eine Studie zur Wirksamkeitsprüfung von Recancostat comp.® zu initiieren. Da aber Syncomp weder ein Studienprofil noch das Arzneimittel zur Verfügung gestellt habe, seien die Beziehungen wieder abgebrochen worden. Syncomp betreibe nun unter Missbrauch des Firmennamens Mega-Misi Werbung für Recancostat. Als Absender werde die Adresse des Brüsseler Büros missbraucht. Mega-Misi distanziert sich von dieser unseriösen Werbung von Syncomp für Recancostat und verwahrt sich gegen die missbräuchliche Verwendung ihres Firmennamens (PZ 1995a).

In der Schweiz ist Recancostat comp.® nach Hauser und Allewelt (1995) lediglich in einem einzigen Kanton - nämlich Appenzell-Ausserrhoden - registriert. Dieser Kanton ist einer von ganz wenigen Kantonen der Schweiz, in denen aus historischen Gründen noch Kurierfreiheit herrscht, so dass Arzneimittel dort recht problemlos auf den Markt gebracht werden können. Allerdings ist nach Hauser und Allewelt (1995) diese kantonale Registrierung in Deutschland nicht anerkannt, so dass ein Import eines Mittels nach den Vorgaben des in Deutschland geltenden § 73 Abs. 3 AMG (s.u.) wohl als juristisch fragwürdig erscheint.

Syncomp berichtete auf einer Website, dass Recancostat comp.® ein zulassungsfreies Rezepturarzneimittel sei, das auf Verschreibung durch einen Arzt oder Heilpraktiker für den Einzelfall in der Apotheke hergestellt würde. Büschel et al. (1997) gingen auf diese Praxis mit den Worten ein: Momentan wird der fortgesetzte Vertrieb von Recancostat mit dem Argument gerechtfertigt, dass es ein apothekenhergestelltes Rezepturarzneimittel und damit kein zulassungspflichtiges Produkt sei. Das individuelle Herstellungsverfahren besteht darin, dass durch einen Apotheker in Hessen, der als exklusive Bezugsquelle in Deutschland genannt wird, die Inhaltsstoffe in Form von drei Tabletten in eine große Kapsel gefüllt und dann zu Packungen á 100 Stück abgegeben werden.

Obwohl die Behörden Recancostat comp.® als nicht verkehrsfähiges Arzneimittel einstuften, weil es keine Zulassung besitzt, wird es dennoch von einer Apotheke weiterhin vertrieben. Dies ist deswegen legal, weil die zuständige Überwachungsbehörde zwar das Inverkehrbringen untersagte, aber keinen Sofortvollzug anordnete und der Apotheker Widerspruch eingelegt hatte (PZ 1997b).

Marketing und Verkauf mittels 'Tränendrüse'

Auf der Website eines Vaters, der sein Kind Verena zu Marketingzwecken einsetzt[6], wird ein Erfolg von Recancostat beschrieben. Durch die Einnahme von Recancostat comp.® vor und parallel zu einer konventionellen onkologischen Therapie sei das Kind angeblich von einem Neuroblastom geheilt worden sein soll, wird über Bezugsmöglichkeiten von Recancostat comp.® informiert. Dort wird verlautbart: Ab Anfang April 2000 können Apotheker sowie Arzneimittelgroßhändler nach § 73,3 des Arzneimittelrechts Recancostat auf ein Rezept (...) als ein im Ausland zugelassenes Fertigarzneimittel bestellen! Dies wirkt auf den ersten Blick vertrauenserweckend, wenn man den § 73 Absatz 3 des aktuellen 9. Arzneimittelgesetz (AMG), welches man sich kostenlos beim Paul-Ehrlich-Institut (unter Gesetze und Verordnungen) downloaden kann, studiert. Dort heißt es: Abweichend (...) dürfen Fertigarzneimittel, die nicht zum Verkehr im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassen oder registriert oder von der Zulassung oder der Registrierung freigestellt sind, in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden, wenn sie in dem Staat in den Verkehr gebracht werden dürfen, aus dem sie in den Geltungsbereich dieses Gesetzes verbracht werden und von Apotheken bestellt sind. Apotheken dürfen solche Arzneimittel nur in geringen Mengen und nur auf besondere Bestellung einzelner Personen beziehen und nur im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs abgeben (...).'

Die Angelegenheit hat allerdings einen Haken - hat ein eingeführtes Mittel keine Wirkung, ist es kein Arzneimittel und damit nicht verkehrsfähig. Im § 8 Absatz 1 steht eindeutig: 'Es ist verboten, Arzneimittel herzustellen oder in den Verkehr zu bringen, die (...) mit irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung versehen sind. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn (...) Arzneimittel eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben (...)' oder 'fälschlich der Eindruck erweckt wird, dass ein Erfolg mit Sicherheit erwartet werden kann oder dass nach bestimmungsmäßigem oder längerem Gebrauch keine schädlichen Wirkungen eintreten'.

Interessant ist hier auch eine Rechtsvorschrift im Heilmittelwerbegesetz, dass man sich bei http://www.medizinrecht.de ebenfalls kostenlos downloaden kann. Hier regelt der § 8 eindeutig: 'Unzulässig ist eine Werbung, die darauf hinwirkt, Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist, im Wege des Versandes zu beziehen. (...) Unzulässig ist ferner die Werbung, bestimmte Arzneimittel im Wege der Einzeleinfuhr nach § 73 Abs. 2 Nr. 6a oder § 73 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes zu beziehen.'. Der Gesetzgeber sieht bei Verstößen gegen diese Rechtsvorschriften Ordnungsstrafen bis 50.000 DM oder auch Gefängnisstrafe von einem Jahr vor.

Die Eltern des an Neuroblastom erkrankten Kindes traten bereits 1995 mit einem Schreiben an alle Apotheker in die Öffentlichkeit, in dem auf das Mittel Recancostat comp.® hingewiesen wurde. Mindestens eine Landesapothekerkammer wurde zusätzlich von einem Verein 'Regenbogen e.V.' angeschrieben. In beiden Schreiben wurden Mitteilungen der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft kritisiert. Dies betraf insbesondere ein Schreiben vom 16. November 1995, das den Apothekerkammern der Länder zur Weiterleitung an alle Apotheken übermittelt wurde (PZ 1995b).

Recancostat scheitert in der klinischen Prüfung

Bereits Büschel et al. (1997), die onkologische Patienten in den Städt. Kliniken Nürnberg Nord behandelten, fiel nach einer Umfrageaktion unter 40 Recancostat-Anwendern mit meist fortgeschrittener Krebserkrankung auf, dass sichere Tumorremissionen unter alleiniger Anwendung von Recancostat nicht zu beobachten waren. Auch zwei Ärztekollegen, die jeweils zehn onkologisch austherapierte Krebspatienten im Rahmen eines Heilversuches mit Recancostat behandelten, sahen keine positive Beeinflussung des weiteren Tumorverlaufs. Aber noch deutlicher viel eine im letzten Jahr durchgeführte Studie aus.

In der Abteilung für kinderheilkundliche Onkologie der Universität Bonn wurde von Bode et al. (1999) eine kontrollierte Studie von Recancostat comp.® an insgesamt 16 kindlichen Patienten mit lange und intensiv vorbehandelten Tumoren durchgeführt. Das Medikament wurde von der Bücheli AG aus dem schweizerischen Herisau kostenlos zur Verfügung gestellt. Als Tumoren kamen bei den Kindern Rhabdomyosarkome (n=3), Ependymome (n=2) und Medulloblastome (n=2) sowie jeweils ein Fall mit Astrozytom, Glioblastom, epitheloidzelliges Sarkom, Chondrosarkom, Osteosarkom, Kolonkarzinom, Germ Cell Tumor, NSCLC und Ewingssarkom vor.

Den Kindern wurde eine Recancostat comp.-Dosis von 40 mg pro kg Körpergewicht bzw. 1.200 mg pro m2 bis zu einer maximalen Dosis von 2 Gramm pro Patient verabbreicht. Die Kapseln wurden auf nüchternen Magen - verteilt auf Dosen täglich - gegeben. Ursprünglich war geplant, diese Behandlung über 8 Wochen vorzusetzen. Aber bereits zu diesem Zeitpunkt waren 50% (n=8) aller behandelten Tumorpatienten bereits verstorben. Die verbleibenden acht Kinder überlebten ihre Tumorerkrankung maximal bis zu weiteren 40 Wochen. Es zeigten sich keine positiven Veränderungen hinsichtlich des Tumorwachstums bei den durchgeführten klinischen und röntgenologischen bzw. bildgebenden Untersuchungen. Die Autoren kamen zu dem ernüchternden Schluss: Diese Ergebnisse ergeben keinen Anhalt für eine positive Wirkung von Recancostat comp.® auf maligne Tumoren. Bezeichnend an dieser Studie ist, dass dieser negative Wirksamkeitsnachweis für das vermeintliche neue Mittel gegen den Krebs bisher auf keiner einzigen Web-Site der Promotoren erwähnt wird.

Schlussfolgerungen für den Patienten

Aussagekräftige klinische Studien zur antitumorösen Wirksamkeit einer Behandlung mit Gluthation beim Menschen fehlen bisher.[7] Zwar ist Recancostat comp.® kein Mittel, bei dem der begründete Verdacht bestünde, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen nach sich ziehen würde. Unerwünschte Wirkungen sind beim Einsatz von Gluthation und Anthocyanen auch nicht zu erwarten. Es ist aber zu bedenken, dass Patienten, die an Krebs leiden und bei denen u.a. durch einseitige und überzogene Darstellung der Wirksamkeit des Mittels in den Massenmedien falsche Hoffnungen geweckt werden, durch den Heilungsanspruch von Recancostat comp.® der Einsatz einer adäquaten hochschulmedizinischen Therapie verzögert werden kann und so mit wertvolle Zeit zum Nachteil des Betroffenen unwiederbringlich verloren geht.

Abmahnrechtliche Folgen

In einem Urteil des LG Bad Kreuznach[8] vom 14. November 2001 wurde festgestellt, dass die Veröffentlichung einer Homepage im Internet, in der Eltern die Krebserkrankung ihrer Tochter Verena darstellen und darüber berichten, dass das Kind durch die Verabreichung eines als Wundermittel angepriesenen nicht zugelassenen Arzneimittels (hinter dem Rücken der behandelnden Ärzte) von seiner schweren Erkrankung geheilt worden sei, eine Wettbewerbshandlung sei, sofern neben der namentlichen Nennung des Mittels auch Angaben zu seinem Preis, der Bezugsquelle und schließlich auch zum Entdecker des Mittels unter umfassender Darlegung seiner persönlichen und wissenschaftlichen Verdienste erfolgen. Die Internetveröffentlichung verletzt sowohl § 3 a HWG (Werbung für ein nicht zugelassenes Arzneimittel) als auch § 12 HWG (Werbeverbot für Arzneimittel außerhalb der Fachkreise). Durch den mehrfachen Verstoß gegen ausdrückliche Verbote des Heilmittelwerbegesetzes werden durch Rechtsbruch schwerwiegende Rechtsgüter, nämlich die Gesundheit des einzelnen und die Volksgesundheit, verletzt. Der Verband Sozialer Wettbewerb e.V., Kantstr. 100, 10627 Berlin erstritt diese einstweilige Verfügung.

Quellennachweise

  1. *Büschel G, Kaiser G, Gallmeier WM: Recancostat Comp. - ein neues Krebsmittel? Münch Med Wschr, 139, 237-240, 1997
  2. RTL Extra vom 1. September 1997
  3. WO 9203146 A1: Therapeutically active mixture of Glutathion and Anthocyan compounds. Anmeldedatum: 20.08.1991
  4. *Hauser SP, Allewelt MC: Recancostat und GHS-Kombi schützen Krebszelllen. Schweizer Krebsliga Bern, Internal Short Information #36, Nov. 1995
  5. *Pharmazeutische Zeitung: Recancostat Comp. Pharmazeutische Zeitung, 142, 1356, 1997
  6. http://home.rhein-zeitung.de/~verena/bestell.htm
  7. *Büschel G, Kaiser G, Gallmeier WM: Recancostat Comp. - ein neues Krebsmittel? Münch Med Wschr, 139, 237-240, 1997
  8. Aktenzeichen 5 0 69/01

  • AMK (Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft): Gemeinsame Information der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. zu Recancostat comp.®, einem Substanzgemisch ohne nachgewiesene Wirkung. Dt. Ärztebl., 93, A-561, 1996
  • Bode U, Hasan C, Hülsmann B, Fleischhack G: Recancostat compositum® therapy does not prevent tumor progession in young cancer patients. Klin Pädiatr, 211, 353-355, 1999
  • PZ: Recancostat Comp. Pharmazeutische Zeitung, 140, 94, 1995a
  • PZ: Recancostat. Pharmazeutische Zeitung, 140, 4381, 1995b
  • PZ: Warnung vor Recancostat comp. Pharmazeutische Zeitung, 141, 870, 1996a
  • PZ: Recancostat Comp. Pharmazeutische Zeitung, 142, 2930, 1997b
  • Schneider G: Deutscher Heilpraktiker-Führer: Therapie- und Diagnoseverfahren. Gluthationtherapie (Recancostat). http://naturheilkunde-aktuell.de/therapie-diagnose/glutathiontherapie.html, 2000
Dieser Text ist ganz oder teilweise von Paralex übernommen