Körperspannung (schematische Darstellung von Rainer Elschenbroich [1]

Körperspannung ist ein außerwissenschaftlicher Begriff aus der Baubiologie und dem Sprachgebrauch von Mobilfunkkritikern.

Eine präzise Definition von Körperspannung existiert nicht, da es keine wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Phänomen einer Körperspannung gibt (Stand Dezember 2010).

Was offenbar gemeint sein soll

 
Körperspannungsmessung (Bild:diplomierter Qi-Mag Feng Shui Berater Thomas Lepka aus A-4611 Buchkirchen[2])
 
Produkt ESM-1 mit akustischem Alarm (ROM-Elektronik, Deisenhausen)
 
Produkt ESmini (ROM-Elektronik, Deisenhausen)

Aus zahlreichen Broschüren und privaten Internetwebseiten ergibt sich folgendes Bild:

Gemeint sind offenbar elektrische Wechselspannungen, die mit einem Voltmeter (hochohmiges Voltmeter für Wechselspannungen) zwischen einem beliebigen Punkt der Hautoberfläche eines Menschen und einem Bezugspunkt gemessen werden. Als Kontaktelektrode beim Mensch werden oft Metallzylinder genannt, die in eine Hand genommen werden sollen. Als Bezugspunkt wird "Erde" angegeben, allerdings bleibt offen was die jeweiligen Anwender des Begriffs unter "Erde" verstehen, bzw wie sie messtechnisch Zugang zur Erde erhalten möchten ohne die Messung zu verfälschen oder zu beeinflussen. Genannt werden der Schutzleiter einer Steckdose, eine Wasser- oder Heizungsleitung oder ein Erdspieß. Für die gemeinte Körperspannung wird zumeist nur der Wechselspanungsanteil berücksichtigt. Auch wird dabei meist nur derjenige niederfrequente Anteil berücksichtigt, der durch die 50-Hertz-Wechselspannung der Energieversorger entsteht.

Zugänglichen Angaben aus dem Internet zur Körperspannung ist zu entnehmen, dass allgemein angenommen wird, dass diese dadurch entsteht, dass der Mensch als (für elektrischen Strom) leitfähige Struktur (die zumeist gegenüber der Erde durch Bekleidung und Schuhwerk isoliert ist) sowohl eine Kapazität zu spannungsführenden Leitern der elektrischen Versorgungsspannung (230 V Wechselspannung) aufweist, als auch gegenüber einem Bezugspunkt (hier meist "Erde" beziehungsweise Schutzleiter einer Steckdose, Wasserleitung usw.). Je nach Kapazität und weiteren Faktoren ergibt sich sodann über der "Erdkapazität" die gemeinte Körperspannung als so genannte „Ankoppelung“ an das Stromnetz, wobei hier offenbar die kapazitive Koppelung gemeint ist. Bei 50 Hz ist der Blindwiderstand sehr hoch (grob geschätzt bei 10pF Kapazität: 5 Gigaohm).

Völlig unklar bleibt, warum die hier gemeinten Messungen an einem Menschen durchgeführt werden, da die gleichen Messergebnisse sich auch bei etwa gleichgroßen Gegenständen mit gleicher Oberfläche die elektrisch leitend sind, ergeben würden.

Zur Körperspannungsmessung in dem hier gemeinten Sinne (Genauigkeitsklasse 5%, einige Megaohm Eingangswiderstand) reicht ein normales Digitalvoltmeter, welches im Handel für 5-10 Euro erhältlich ist. Eine Handelektrode lässt sich aus einem kurzen Stück Kuperrohr herstellen. Allerdings gibt es mittlerweile auch mehrere Geräte, die speziell zur Körperspannungsmessung entworfen wurden und in der gleichen Genauigeitsklasse wie herkömmliche Digitalvoltmeter liegen. So bietet die Firma ROM-Elektronik aus Deisenhausen bei München (siehe: Robert Mayr) mehrere derartige Geräte an. Das ESM-1 mit akustischem Alarm kostet etwa 260 Euro.

Den Körperspannungsmessungen, die durch Berühren eines Voltmeters zustande kommen, dessen zweite Elektrode mit einem bestimmten Bezugspunkt verbunden ist, wird im Rahmen der Behauptungen eine ganz andere Spannung gegenübergestellt, und zwar die Spannung des Membranpotentials einer einzelnen Zelle (Beispiel: Nervenzelle). Aussagen dazu lauten beispielsweise:

Die Spannung in unserem Körper beträgt 10 bis 100 Millivolt (mV).

oder

Das normale elektrische Potential einer Körperzelle liegt bei ca. 50-90 Millivolt. In der Praxis wurden bei im Bett liegenden Menschen bis zu 100.000 Millivolt Körperspannung gemessen!!!

Messungen zwischen einem Punkt auf der Haut und einem Bezugspunkt erlauben aber keine Bestimmung einer etwaigen Spannung, die einem Membranpotential einer Zelle überlagert wäre. Erst bei einem tatsächlichen Stromfluss (Maßeinheit Ampere, nicht Volt) kann auf Grund des Körperwiderstandes eine relevante Überlagerung stattfinden. Diese äussert sich bekanntlich als Schmerz.

Der Begriff einer "Körperspannung" findet sich auch beim Cell-Com-Parallel-System nach Nielsen.

Körperspannung und menschliche Gesundheit

 
Ein Techniker (lineman) nähert sich aus einem Hubschrauber einer unter Spannung stehenden Hochspannungsleitung (500 Kilovolt). Zu sehen ist die Funkenentladung bei Annäherung (siehe auch: [1])

Ganz allgemein wird in der Mobilfunkgegnerszene angenommen, dass Körperspannungen gesundheitlich schädlich seien und einer hohen Körperspannung eine schädlichere Wirkung zukäme als niedrigeren Werten. Demzufolge wären Maßnahmen sinnvoll, die zu einer Reduktion von Körperspannung führten. Messergebnisse mit hohen Körperspannungen werden als Anzeichen für Elektrosmog-Gefahren angesehen.

In der wissenschaftlichen Erforschung der elektromagnetischen Umweltverträglichkeit spielt ein derartiger Begriff einer Körperspannung keine Rolle. Gesundheitliche Gefahren werden hingegen von der Stromstärke abgeleitet, die einen Körper (oder Teil des Körpers) im Falle eines Stromunfalls durchfliesst. In diesem Zusammenhang muss zwingend eine Spannungsdifferenz zwischen zwei verschiedenen Punkten des Körpers vorliegen. Schäden entstehen einerseits durch Gewebsverkochung oder Gewebsschäden dürch Hitzeeinwirkung (wobei der Widerstand des Körpers eine Rolle spielt) und durch Atemlähmung. Etwa ab 10 mA Wechselstrom kann es zum Tod eines Menschen kommen. Andererseits kann es bei Wechselspannungen auch zu Herzrhythmusstörungen kommen (beispielsweise wenn ein Spannung während der T-Phase des EKG angelegt wird). Gleichzeitig werden jedoch auch gezielte Anwendungen von Stromstössen bei bestimmten Herzrhythmusstörungen („Kammerflimmern“) als Kardioversion angewandt, weil dann eine große Zahl von Herzmuskelzellen synchron beeinflusst werden.

Eine reine Angabe einer Spannung zur Einschätzung einer Gesundheitsgefahr ist problematisch, da der Widerstand des Körpers mit berücksichtigt werden muss. In Deutschland sind maximale Berührungsspannungen von 50 V Wechselspannung gesetzlich erlaubt. Eine sehr viel höhere Spannung findet sich bei der Kardioversion (Wiederbelebungsversuch mit 750 V Gleichspannung). Bei Viehweidezäumen finden sich regelmässige kurze Impulse von mehreren 1000 Volt (Beispiel: 5 KV), bei gleichzeitig hohem inneren Widerstand des Generators. Einmalige kurze Hochspannungen im Kilovoltbereich ergeben sich beim Aufreissen von Kunststoffverpackungen oder bei Reibung an Teppichen. Extreme Berührungsspannungen von bis zu 500.000 Volt erleben Techniker, die unter Spannung stehende Hochspannungsleitungen von Hubschraubern aus warten und sich für Reparaturen auf den Leitungen aufhalten. Diese schützen sich durch Schutzanzüge, die im Gegensatz zum Widerstand des Körpers einen sehr geringen Widerstand aufweisen, sodaß Blindströme kaum durch den Körper geleitet werden und stattdessen aussen über die Schutzkleidung fliessen.

Benutzer des Begriffs Körperspannung machen etwa folgende Angaben, die sie auch "Richtwerte" nennen:

  • < 10 mV: kein
  • 10 - 100 mV: schwach
  • 100 - 1000 mV: stark
  • >1000 mV: extrem

Derartige Richtwerte sind in keiner Verordnung oder Gesetz zu finden. Wovon sie sich ableiten sollen bleibt völlig offen.

Verwendet wird als Einheit gerne das Millivolt, und zwar auch dann wenn die Messwerte 1000 mV übersteigen. Verglichen werden auch die Körperspannungen mit Feldstärkeangaben des elektrischen Feldes. Für diese völlig andere Größe (Einheit: V/m) existieren Grenzwerte (DIN/VDE/WHO/IRPA).

Weblinks

Video

Quellennachweise