Yunnan Baiyao (auch Yunnan Paiyao, 云南白药, bzw 雲南白藥, chin. die weiße Medizin aus Yunnan) ist der chinesische Name eines traditionellen pflanzlichen Mittels der chinesischen Firma "Yunnan Baiyao Group Company Ltd", das laut Anbietern und Befürwortern das Potential zu einem Wundermittel zur Blutstillung haben soll und auch außerhalb von China beworben wird.

Das Mittel wird unter anderem damit beworben, dass es im Vietnam-Krieg vom Vietcong eingesetzt wurde und dabei nach anekdotischen Berichten erfolgreich zur Behandlung von Verletzungen gewesen sei.

Geschichtliches

Yunnan Baiyao wurde angeblich 1902 von einem Qu Huangzhang als ein Mittel der traditionellen chinesischen Medizin unter dem Namen "Qu Huanzhang Panacea" erfunden und rechtlich geschützt. Es wird seitdem von einer staatlichen chinesischen Herstellerfirma, der "Yunnan Baiyao Group" in Yunnan (China), hergestellt.

Inhaltsstoffe und Rezeptur

Die Rezeptur von Yunnan Baiyao wird vom Hersteller streng geheim gehalten und ist somit nicht öffentlich bekannt. Die einzig existierende schriftliche Fassung soll der Legende nach in einem Safe des Oberkommandos der chinsischen Streitkräfte aufbewahrt sein. Aus der Werbung zu dem Mittel ist jedoch zu erfahren, dass der Hauptwirkstoff in der Ginsengart Panax notoginseng zu finden sei.

Aus verschiedenen Quellen ist bekannt, dass das Mittel

  • Radix Panax Pseudoginseng (Panax notoginseng, auch als Einzelprodukt unter dem Namen San Qi / San Qi Pian / Tienchi ginseng bekannt)
  • Rhizoma dioscoreae villosae, (Yamswurzel oder Brotwurzel)
  • Myrrhe (bzw. Myrre, Commiphora myrrha Balsambaumgewächse)
  • Drachenblut-Harz
  • Progestron (bzw Phytoöstrogene)
  • Alkaloide
  • Saponine

und weitere Substanzen aus nicht weiter bekannten Kräuter enthält.

Behauptetes Wirkprofil und Nebenwirkungen

Glaubt man den Legenden und Anekdoten aus China, so sei Yunnan Baiyao bei Blutungen und Verletzungen hilfreich. Vietcong-Soldaten sollen kleine Flaschen Yunnan Baiyao mit sich getragen haben, mit einer kleinen zusätzlichen roten Tablette. Im Falle einer Schussverletzung solle dann zunächst die rote Tablette (bekannt als hit pill) eingenommen werden. Auch die Durchblutung soll durch dieses Mittel gefördert werden. Derartige Angaben sind auch von Ginseng allgemein bekannt.

Problematisch bleibt bei pflanzlichen Mitteln aus China die unterschiedliche Nutzung von Pestiziden in China im Vergleich zu Staaten wie den USA oder europäischen Ländern. In der Vergangenheit wurden Pestizidrückstände bei chinesischen Importen festgestellt[1], die zu Importverboten führten.[2]

Die Evidenzlage

Zu Yunnan Baiyao existieren zwei Veröffentlichungen, die in der medizinischen Datenbank Medline gelistet sind.[3][4]. Beide Arbeiten beziehen sich auf tierexperimentelle Studien. Eine Arbeit aus dem Jahre 2005 stellte eine blutstillende Wirkung für äußerlich angewandtes Yunnan Baiyao im Tierversuch bei Ratten fest; allerdings war die Wirkung im Vergleich nicht signifikant von einer Anwendung mit Panax notoginseng alleine unterscheidbar. Eine zweite Studie stellte bei eingenommenem Yunnan Baiyao eine blutstillende Wirkung nach einer halben Stunde bei Ratten und Kaninchen fest.

Hingegen sind eine Reihe von Veröffentlichungen zu Panax notoginseng in Datenbanken verzeichnet. Panax notoginseng zeigte beispielsweise toxische Wirkungen auf Stammzellen des Knochenmarks[5]

Ein Nachweis einer Wirksamkeit für die von Anbieterseite genannten Indikationen beim Menschen liegt bislang nicht vor. Überhaupt sind keine Studien bei gesunden oder erkrankten Menschen eruierbar. Insbesondere ist nichts zu einer etwaigen optimalen Dosierung, zu Nebenwirkungen oder zu einer Langzeitanwendung bekannt. Anbieter weisen einzig darauf hin, das Mittel bei Schwangerschaft und Anämien zu meiden.

Literatur

  • Fan C, Song J, and White CM. A comparison of the hemostatic effects of notoginseng and Yun Nan Bai Yao to placebo control. Journal of Herbal Pharmacotherapy. 2005;5(2):1-5.

Quellennachweise

  1. Leung KS-Y, Chan K, Chan C-L, et al. Systematic evaluation of organochlorine pesticide residues in Chinese materia medica. Phytotherapy Research. 2005;19:514-518
  2. Leung KS-Y, Chan K, Chan C-L, et al. Systematic evaluation of organochlorine pesticide residues in Chinese materia medica. Phytotherapy Research. 2005;19:514-518.
  3. Fan C, Song J, and White CM. A comparison of the hemostatic effects of notoginseng and Yun Nan Bai Yao to placebo control. Journal of Herbal Pharmacotherapy. 2005;5(2):1-5.
  4. Ogle CW, Dai S, Cho CH. The hemostatic effects of orally administered Yunnan Bai Yao in rats and rabbits. Comp Med East West. 1977 Summer;5(2):155-60.
  5. Chen FD, Wu MC, Wang HE, et al. Sensitization of a tumor, but not normal tissue, to the cytotoxic effect of ionizing radiation using Panax notoginseng extract. American Journal of Chinese Medicine. 2001;29(3/4): 517-524.