Carnivora: Unterschied zwischen den Versionen
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− | *http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13515203.html | + | *[http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13515203.html Ungewisses Raunen. Der neueste Hit: ein Extrakt aus fleischfressenden Pflanzen. ] DER SPIEGEL 15.07.1985 |
==Quellennachweise== | ==Quellennachweise== |
Version vom 6. April 2012, 23:46 Uhr
Carnivora ist die Bezeichnung für den Pressaft aus der fleischfressenden Pflanze Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula). Der Saft soll als Infusion auf vielfältige Weise die Zellteilung hemmen und das Immunsystem stärken, so die Befürworter.
Die Einführung von Carnivora zur Krebstherapie geht auf den deutschen Landarzt Helmut Keller zurück, der inzwischen nach Mexiko ausgewichen ist. Keller ist Gründer der Firma "Carnivora Research Inc. International" aus dem Ort Greenwich im US-Staat Connecticut[1] (vormals Santa Rosa in Kalifornien). In Deutschland existiert auch eine "Carnivora Forschungs-GmbH" in 96365 Nordhalben[2].
In Deutschland wurde das Wundermittel Carnivora in den achziger Jahren von einer "Carnivora Deutschland GmbH" im württembergischen Jagsthausen verkauft. Die 30%ige Alkohol-Lösung Carnivora VF kostete pro Liter über 3000 D-Mark 1500 Euro), eine Sechs-Wochen-Kur rund 15000 D-Mark (7500 Euro). Kritiker sprachen von "Deutschlands teuersten Kräuterschnaps".
Carnivora-Story
In den späten siebziger Jahren beobachtete ein deutscher Arzt aus Jagsthausen namens Helmut Keller auf seinem Blumenbord am Fenster eine fleischfressende Pflanze aus den USA, die hierzulande unter dem Namen "Venusfliegenfalle" bekannt ist. Aus einem jener schicksalshaften Zufälle heraus kam Dr. Keller der Gedanke, ob nicht die fleischfressende Eigenschaft selektiv gegen Krebsgeschwülste eingesetzt werden könne. Er startete zahlreiche Versuche, als deren Ergebnis sich ein Presssaft herauskristallisierte, der per Infusion gegeben wird. Zusätzlich entwickelte Keller noch Tropfen zur oralen Einnahme. Grundsätzlich ließe sich sein Produktionsverfahren auch nach seiner Aussage mit anderen fleischfressenden Pflanzen wie Sonnentau bewerkstelligen. Aber von der Kultivierbarkeit ist die Venusfliegenfalle unschlagbar. Zudem erwies sie sich für therapeutische Zwecke als die geeignetste.
Carnivora war zeitweise zugelassen worden. Nach erheblichen Nebenwirkungen wurde jedoch die Zulassung entzogen. Carnivora wird heute in Mexiko weiter angewandt.
Auswertbare wissenschaftliche Publikationen konnte Keller nicht vorlegen.
Nebenwirkungen und Gefahren
Carnivora zeigt sehr starke, lebensbedrohliche Nebenwirkungen (allergische Reaktionen bis zum anaphylaktischen Schock). Die Zulassung für dieses unter dem Druck der Massenmedien (die Bildzeitung meldete 1985: "Neues Krebsmittel, 34 vom Tumor befreit.") voreilig in den Handel gebrachte Medikament wurde anschließend durch das Bundesgesundheitsamt 1983 annulliert. Behauptet wurde auch, dass der US-amerikanische Schauspieler Yul Brynner durch Carnivora geheilt worden sei. Carnivora erhielt zeitweise eine Zulassung als "Mittel zur Schmerzlinderung", und nur für Patienten, "bei denen konventionelle Tumortherapien nicht mehr anwendbar sind". Den Ausschlag gab eine "Expertise" des Medizinkritikers Julius Hackethal ("Vorsicht Arzt!"), der das Mittel in seiner Klinik eingesetzt hatte.
Weitere Nebenwirkungen sind Appetitlosigkeit und Haarausfall.
Keller soll auch einige Chargen nicht sauerstoffrei abgefüllt haben, was zur Freisetzung von Bakterientoxine und damit zu Fieber führte.
Weblinks
- Reiner Klingholz: "Carnivora soll uns eine Lehre sein" DIE ZEIT 22.11.1985
- Ungewisses Raunen. Der neueste Hit: ein Extrakt aus fleischfressenden Pflanzen. DER SPIEGEL 15.07.1985