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Zur durchblutungsfördernden Wirkung wird vor allem auf den Mediziner Rainer Klopp (geb. 1943) und dessen "Institut für Mikrozirkulation"<ref>Institut für Mikrozirkulation, Dr. med. Rainer Klopp, Campus-Berlin Buch, Erwin Negelein Haus, Berliner Straße 25, 16321 Bernau bei Berlin, http://institute-microcirculation.com/</ref> in Berlin verwiesen, wo man an 18 Probanden gegenüber einer gleich großen Kontrollgruppe in zwei Geweberegionen im Hüftbereich und im Rektum eine "therapierelevante Verbesserung des Funktionszustandes der subkutanen und intestinalen Mikrozirkulation" festgestellt habe, bei 2&nbsp;Behandlungen am Tag von jeweils 10&nbsp;Minuten und einer gesamten Behandlungsdauer von 27 Tagen.<ref>R. Klopp, W. Niemer (2007): ''Einfluss eines pulsierenden elektromagnetischen Feldes mit vasomotorischer Stimulation auf einen eingeschränkten Funktionszustand der Mikrozirkulation.'' Komplementäre und integrative Medizin 08/2007, 47-53</ref> Der Sauerstofftransport ins Gewebe werde durch die Bemer-Behandlung verbessert. Man könne deshalb "bessere Voraussetzungen für einen gesteigerten Zellmetabolismus" vermuten, was wiederum eine "Voraussetzung für verbesserte bzw. gesteigerte Organfunktion" sei.<ref name="Micro"/> Klopp hat auch eine Form für die magnetischen Impulse angegeben, die aus einer Aneinanderreihung unterschiedlich großer Sinushalbwellen bestehen und seiner Ansicht nach eine bessere Wirkung auf die Mikrozirkulation haben als Kafkas exponentialförmige Impulse.<ref name="DE365"/> Die heutigen Bemer-Geräte gäben deshalb dieses Impulsmuster ab.
 
Zur durchblutungsfördernden Wirkung wird vor allem auf den Mediziner Rainer Klopp (geb. 1943) und dessen "Institut für Mikrozirkulation"<ref>Institut für Mikrozirkulation, Dr. med. Rainer Klopp, Campus-Berlin Buch, Erwin Negelein Haus, Berliner Straße 25, 16321 Bernau bei Berlin, http://institute-microcirculation.com/</ref> in Berlin verwiesen, wo man an 18 Probanden gegenüber einer gleich großen Kontrollgruppe in zwei Geweberegionen im Hüftbereich und im Rektum eine "therapierelevante Verbesserung des Funktionszustandes der subkutanen und intestinalen Mikrozirkulation" festgestellt habe, bei 2&nbsp;Behandlungen am Tag von jeweils 10&nbsp;Minuten und einer gesamten Behandlungsdauer von 27 Tagen.<ref>R. Klopp, W. Niemer (2007): ''Einfluss eines pulsierenden elektromagnetischen Feldes mit vasomotorischer Stimulation auf einen eingeschränkten Funktionszustand der Mikrozirkulation.'' Komplementäre und integrative Medizin 08/2007, 47-53</ref> Der Sauerstofftransport ins Gewebe werde durch die Bemer-Behandlung verbessert. Man könne deshalb "bessere Voraussetzungen für einen gesteigerten Zellmetabolismus" vermuten, was wiederum eine "Voraussetzung für verbesserte bzw. gesteigerte Organfunktion" sei.<ref name="Micro"/> Klopp hat auch eine Form für die magnetischen Impulse angegeben, die aus einer Aneinanderreihung unterschiedlich großer Sinushalbwellen bestehen und seiner Ansicht nach eine bessere Wirkung auf die Mikrozirkulation haben als Kafkas exponentialförmige Impulse.<ref name="DE365"/> Die heutigen Bemer-Geräte gäben deshalb dieses Impulsmuster ab.
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Die Behauptung, dass eine komplizierte Modulation ursächlich für einen therapeutischen Effekt sei, ist typisch für alternativmedizinische Magnetfeldtherapien. Eine Erklärung oder auch nur Theorie, warum ein Magnetfeld durch ein bestimmtes komplexes Impulsmuster wirksam sein soll (und wirksamer als ein etwas anderes, ebenso komplexes Muster), fehlt jedoch.
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Die Behauptung, dass eine komplizierte Modulation ursächlich für einen therapeutischen Effekt sei, ist typisch für alternativmedizinische Magnetfeldtherapien. Eine Erklärung oder auch nur wissenschaftlich fundierte Theorie, warum ein Magnetfeld durch ein bestimmtes komplexes Impulsmuster wirksam sein soll (und wirksamer als ein etwas anderes, ebenso komplexes Muster), fehlt jedoch.
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Der von Bemer beworbene Wirkungsmechanismus ist nicht nur wissenschaftlich ungeklärt, er konnte in seriösen Studien mit Kontrollgruppe auch nicht gemessen werden.
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Eine Studie zur Anwendung von Bemer bei multipler Organdysfunktion an der Uni Halle wurde 2023 im Journal Clinical Research in Cardiology veröffentlicht<ref>https://link.springer.com/article/10.1007/s00392-023-02293-2</ref>. Dies ist zwar ein seriöses Journal, anders als von Bemer beworben ist es jedoch nicht eines der weltbesten medizinischen Journals. Die Ergebnisse der Studie sind wenig aussagekräftig, da die Studie nicht als Doppelblindstudie durchgeführt wurde. Stattdesen wurden die nach der Bemer Behandlung gemessenen Daten mit historischen Daten verglichen, was ohne Kontrollgruppe keine Rückschlüsse auf einen kausalen Effekt der Bemer Therapie zulässt. Der gemessene Effekt kann somit auch dem Placeboeffect oder anderen, nicht gemessenen Faktoren geschuldet sein. Zudem liegt bei dieser Studie ein nicht angegebener Interessenskonflikt vor, da einer der Autoren Bemer Partner ist und Vorträge auf Bemer Events gibt<ref>https://pubpeer.com/publications/F1B94671C8E8A1F4ECD42044136A38</ref>.
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Bemer Partner werben damit, dass Bemer bei Fibromyalgie helfe<ref>http://www.schwendihof.ch/fileadmin/bemer-afb/de_fibromyalgie.pdf abgerufen 26.12.2023</ref>. In einer seriösen Studie mit Kontrollgruppe hatte die Bemer Behandlung bei Fibromyalgie Patienten jedoch keinen messbaren Effekt<ref>https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/bem.22127</ref>. Diese Studie wird auf der Bemer Website in keiner Weise erwähnt.
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Auch bei Pferden konnte eine Studie keine statistisch signikanten Unterschiede zwischen Bemer Behandlung und Placebo zeigen<ref>https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35114491/</ref>. Die Autoren der Studie versuchen dennoch die minimalen, statistisch nicht signifikanten Unterschiede zwischen Bemer und Placebo (Kontrollgruppe) als Indiz für die Wirksamkeit der Bemer Behandlung zu deuten. Dies ist irreführend und wissenschaftlich unseriös, da es statistisch extrem wahrscheinlich ist, dass derart insignifikante Unterschiede bei einer erneuten Durchführung derselben Studie zufällig in die eine oder andere Richtung gemessen werden und somit kein Effekt vorliegt<ref name=":0">https://sciencebasedmedicine.org/another-emf-scam/</ref>.
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Alle anderen von Bemer angebenen wissenschaftlichen Studien sind Tagungsbeiträge oder Anwenderbeobachtungen (und somit ohne Placebokontrolle).  
    
== Rechtliche Einordnung ==
 
== Rechtliche Einordnung ==
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Geworben wird außerdem mit unwahren und irreführenden Behauptungen. Beispielsweise heißt es: ''"BEMER-Technologie stellt die derzeit am besten untersuchte und wirksamste physikalische Behandlungsmethode in der Komplementär- und Präventivmedizin dar"''. Der Erfolg der Bemer-Geräte basiere ''"auf der seriösen Forschungsarbeit vieler Ärzte und Wissenschaftler [...] Eine grosse Zahl placebokontrollierter Doppelblindstudien nach GCP-Standard (Good Clinical Practices) unterstreichen hierbei den hohen Standard der durchgeführten Forschungen."''<ref>bemer3000.com/sysa/forschung0.html Aufruf am 9. Dezember 2010</ref> Tatsächlich finden sich aber in der wissenschaftlichen Literatur nur sehr wenige solche Studien. Auch eine von Bemer selbst verbreitete Liste<ref>bemer3000.com/sysa/fileadmin/shared-files/pdf/Studienzusammenfassung_09.pdf</ref> ''"aller wichtigen wissenschaftlichen Studien mit Bemer 3000 und Bemer 3000 plus Systemen"'' enthält nur Veröffentlichungen auf Tagungen und Verkaufsveranstaltungen sowie in nichtwissenschaftlichen Zeitschriften. Als Literatur wird ein 79 Euro teures Buch von Rainer Klopp aus der Mediquant Verlag AG mit dem Titel "Mikrozirkulation – Im Fokus der Forschung" zitiert. Der Mediquant Verlag residiert an derselben Anschrift wie die Bemer International AG im Liechtensteinischen Triesen.<ref>MEDIQUANT VERLAG AG, Austrasse 15, Fl-9495 Triesen</ref> Über das angeblich international renommierte Berliner Institut für Mikrozirkulation von Rainer Klopp und sein behauptetes Forscherteam ist wenig in Erfahrung zu bringen, da es fast nur im Zusammenhang mit Bemer-Produkten genannt wird.<ref>Die von Klopp angegebene Berliner Adresse Campus Berlin-Buch, Erwin-Negelein-Haus, Berliner Straße 25 ist nicht korrekt; das Erwin-Negelein-Haus befindet sich in der Robert-Rössle-Straße 10. Das fragliche Institut war dort 2017 nicht bekannt. Klopp hat hier offenbar eine Adresse seines gelegentlichen Ko-Autors Prof. Dr. med. Jörg Schulz benutzt, der in einer Firma ICP Healthcare tätig ist, die in der Robert-Rössle-Straße 10 residiert. Ein Schild "Institut für Mikrozirkulation" findet sich dagegen etwa einen Kilometer entfernt an einer Tür eines größeren leerstehenden Gebäudes. Seit Ende 2017 wird auf der Webseite des Instituts als Sitz des Instituts eine Adresse in Bernau bei Berlin angegeben, bei der es sich um Klopps Wohnanschrift handelt.Siehe auch http://earlightswindle.com/gloom/2018/01/tracing-a-phantom-the-bemer-institute-for-microcirculation/</ref> Seit dem Tod von Rainer Klopp 2019<ref>https://www.mynewsdesk.com/de/imin-international-microvascular-net/news/nachruf-prof-dr-med-rainer-klopp-368848</ref> existiert das Institut nicht mehr<ref>http://earlightswindle.com/gloom/2019/08/bemer-group-drops-institute-for-microcirculation/</ref>.  
 
Geworben wird außerdem mit unwahren und irreführenden Behauptungen. Beispielsweise heißt es: ''"BEMER-Technologie stellt die derzeit am besten untersuchte und wirksamste physikalische Behandlungsmethode in der Komplementär- und Präventivmedizin dar"''. Der Erfolg der Bemer-Geräte basiere ''"auf der seriösen Forschungsarbeit vieler Ärzte und Wissenschaftler [...] Eine grosse Zahl placebokontrollierter Doppelblindstudien nach GCP-Standard (Good Clinical Practices) unterstreichen hierbei den hohen Standard der durchgeführten Forschungen."''<ref>bemer3000.com/sysa/forschung0.html Aufruf am 9. Dezember 2010</ref> Tatsächlich finden sich aber in der wissenschaftlichen Literatur nur sehr wenige solche Studien. Auch eine von Bemer selbst verbreitete Liste<ref>bemer3000.com/sysa/fileadmin/shared-files/pdf/Studienzusammenfassung_09.pdf</ref> ''"aller wichtigen wissenschaftlichen Studien mit Bemer 3000 und Bemer 3000 plus Systemen"'' enthält nur Veröffentlichungen auf Tagungen und Verkaufsveranstaltungen sowie in nichtwissenschaftlichen Zeitschriften. Als Literatur wird ein 79 Euro teures Buch von Rainer Klopp aus der Mediquant Verlag AG mit dem Titel "Mikrozirkulation – Im Fokus der Forschung" zitiert. Der Mediquant Verlag residiert an derselben Anschrift wie die Bemer International AG im Liechtensteinischen Triesen.<ref>MEDIQUANT VERLAG AG, Austrasse 15, Fl-9495 Triesen</ref> Über das angeblich international renommierte Berliner Institut für Mikrozirkulation von Rainer Klopp und sein behauptetes Forscherteam ist wenig in Erfahrung zu bringen, da es fast nur im Zusammenhang mit Bemer-Produkten genannt wird.<ref>Die von Klopp angegebene Berliner Adresse Campus Berlin-Buch, Erwin-Negelein-Haus, Berliner Straße 25 ist nicht korrekt; das Erwin-Negelein-Haus befindet sich in der Robert-Rössle-Straße 10. Das fragliche Institut war dort 2017 nicht bekannt. Klopp hat hier offenbar eine Adresse seines gelegentlichen Ko-Autors Prof. Dr. med. Jörg Schulz benutzt, der in einer Firma ICP Healthcare tätig ist, die in der Robert-Rössle-Straße 10 residiert. Ein Schild "Institut für Mikrozirkulation" findet sich dagegen etwa einen Kilometer entfernt an einer Tür eines größeren leerstehenden Gebäudes. Seit Ende 2017 wird auf der Webseite des Instituts als Sitz des Instituts eine Adresse in Bernau bei Berlin angegeben, bei der es sich um Klopps Wohnanschrift handelt.Siehe auch http://earlightswindle.com/gloom/2018/01/tracing-a-phantom-the-bemer-institute-for-microcirculation/</ref> Seit dem Tod von Rainer Klopp 2019<ref>https://www.mynewsdesk.com/de/imin-international-microvascular-net/news/nachruf-prof-dr-med-rainer-klopp-368848</ref> existiert das Institut nicht mehr<ref>http://earlightswindle.com/gloom/2019/08/bemer-group-drops-institute-for-microcirculation/</ref>.  
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Eine Studie zur Anwendung von Bemer bei multipler Organdysfunktion an der Uni Halle wurde 2023 im Journal Clinical Research in Cardiology veröffentlicht<ref>https://link.springer.com/article/10.1007/s00392-023-02293-2</ref>. Dies ist zwar ein seriöses Journal, anders als von Bemer beworben ist es jedoch nicht eines der weltbesten medizinischen Journals. Die Ergebnisse der Studie sind wenig aussagekräftig, da die Studie nicht als Doppelblindstudie durchgeführt wurde. Stattdesen werden die gemessenen Daten der Bemer Behandlung mit historischen Daten verglichen. Einer der Autoren ist Bemer Partner und gibt nun Vorträge auf Bemer Events, obwohl dies nicht als Interessenskonflikt angegeben ist<ref>https://pubpeer.com/publications/F1B94671C8E8A1F4ECD42044136A38</ref>.
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Bemer Partner werben damit, dass Bemer bei Fibromyalgie helfe<ref>http://www.schwendihof.ch/fileadmin/bemer-afb/de_fibromyalgie.pdf abgerufen 26.12.2023</ref>. In einer seriösen placebokontrollierten Studie hatte Bemer bei Fibromyalgie Patienten keinen messbaren Effekt<ref>https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1002/bem.22127</ref>. Bemer erwähnt diese Studie auf der Website nicht.
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Auch bei Pferden konnte eine Studie keine statistisch signikanten Unterschiede zwischen Bemer Behandlung und Placebo zeigen<ref>https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/35114491/</ref>. Die Autoren der Studie versuchen dennoch die minimalen Unterschiede zwischen Bemer und Placebo als Indiz für Wirksamkeit der Matte zu deuten. Dies ist aber wissenschaftlich gesehen absolut unseriös<ref name=":0">https://sciencebasedmedicine.org/another-emf-scam/</ref>. Alle anderen angebenen wissenschaftlichen Studien sind Tagungsbeiträge oder Anwenderbeobachtungen.
      
Die Werbung enthält auch typische [[pseudowissenschaft]]liche Phrasen. Werner Heisenberg, einer der Begründer der Quantenmechanik, wird mit einem Satz zum Magnetismus zitiert. Zum Applikationsmodul "B.Light", einer Rotlichtlampe, wird mitgeteilt: ''"Sein fotobiologisch hochwirksames Rotlicht sorgt in den Haut- und Bindegewebszellen für die zusätzliche Bildung energiereicher Verbindungen."'' Aus physikalischer und chemischer Sicht ist das Unsinn: Rotlicht bewirkt keine Bildung von "Verbindungen".
 
Die Werbung enthält auch typische [[pseudowissenschaft]]liche Phrasen. Werner Heisenberg, einer der Begründer der Quantenmechanik, wird mit einem Satz zum Magnetismus zitiert. Zum Applikationsmodul "B.Light", einer Rotlichtlampe, wird mitgeteilt: ''"Sein fotobiologisch hochwirksames Rotlicht sorgt in den Haut- und Bindegewebszellen für die zusätzliche Bildung energiereicher Verbindungen."'' Aus physikalischer und chemischer Sicht ist das Unsinn: Rotlicht bewirkt keine Bildung von "Verbindungen".
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