Änderungen

1.064 Bytes hinzugefügt ,  19:34, 5. Mär. 2022
keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 1: Zeile 1:  
[[Datei:Ez-zone.jpg|mini|Das EZ-Wasser soll sich an der Grenzfläche zwischen einer wasseranziehenden (hydrophilen) Oberfläche und dem freien Wasser - in Schichten angeordnet - befinden (Quelle: Pollack 2013)]]
 
[[Datei:Ez-zone.jpg|mini|Das EZ-Wasser soll sich an der Grenzfläche zwischen einer wasseranziehenden (hydrophilen) Oberfläche und dem freien Wasser - in Schichten angeordnet - befinden (Quelle: Pollack 2013)]]
 +
 
'''EZ-Wasser''' (EZ Water, Exclusion Zone Water, H9 Water, hexagonales Wasser, auch EC-Wasser) soll nach einer Hypothese von [[Gerald Pollack]] Wasser entsprechen, das sich an der Grenzfläche zwischen flüssigem Wasser und einer hydrophilen (wasseranziehenden) Oberfläche bilde. In einer dünnen Schicht solle dieses Wasser einen halbkristallinen Zustand aufweisen und frei von jeglicher Verunreinigung sein. Diesen Bereich an der Grenzfläche bezeichnet er als ''Exclusion Zone (EZ)'' (Ausschlusszone, weil frei von anderen Substanzen). Den hypothetischen halbkristallinen Zustand deutet er als den "4. Aggregatzustand des Wassers", von dem üblicherweise nur drei Aggregatzustände bekannt sind (fest, flüssig und gasförmig).
 
'''EZ-Wasser''' (EZ Water, Exclusion Zone Water, H9 Water, hexagonales Wasser, auch EC-Wasser) soll nach einer Hypothese von [[Gerald Pollack]] Wasser entsprechen, das sich an der Grenzfläche zwischen flüssigem Wasser und einer hydrophilen (wasseranziehenden) Oberfläche bilde. In einer dünnen Schicht solle dieses Wasser einen halbkristallinen Zustand aufweisen und frei von jeglicher Verunreinigung sein. Diesen Bereich an der Grenzfläche bezeichnet er als ''Exclusion Zone (EZ)'' (Ausschlusszone, weil frei von anderen Substanzen). Den hypothetischen halbkristallinen Zustand deutet er als den "4. Aggregatzustand des Wassers", von dem üblicherweise nur drei Aggregatzustände bekannt sind (fest, flüssig und gasförmig).
   Zeile 11: Zeile 12:  
In der Werbung werden Strukturformeln (auch als räumliche Zeichnungen) zum EZ-Wasser veröffentlicht (siehe Abbildung).
 
In der Werbung werden Strukturformeln (auch als räumliche Zeichnungen) zum EZ-Wasser veröffentlicht (siehe Abbildung).
   −
In der wissenschaftlichen Chemie bilden einzelne Wassermoleküle in flüssigem Zustand tetraederförmige Wassercluster, die sich temperaturabhängig ständig neu bilden und wieder auflösen. Die Lebensdauer einer Wasserstoffbrückenbindung liegt dabei typischerweise im Bereich von 1–20 ps (ps = Pikosekunde = 10<sup>-12</sup> Sekunden). Stabile quasikristalline Strukturen von Wasser im flüssigen Zustand sind nicht bekannt und auch sehr unwahrscheinlich.<ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Wassercluster</ref>
+
In der wissenschaftlichen Chemie bilden einzelne Wassermoleküle in flüssigem Zustand u.a. tetraederförmige Wassercluster, die sich temperaturabhängig ständig neu bilden und wieder auflösen. Die Lebensdauer einer Wasserstoffbrückenbindung liegt dabei typischerweise im Bereich von 1–20 ps (ps = Pikosekunde = 10<sup>-12</sup> Sekunden). Stabile quasikristalline Strukturen von Wasser im flüssigen Zustand sind nicht bekannt und auch sehr unwahrscheinlich.<ref>https://de.wikipedia.org/wiki/Wassercluster</ref>
 
  −
Der Schweizer Werbefachmann Robert Zach (geb. 1961) behauptet, den hypothetisch gebliebenen "4. Aggregatzustand des Wassers" und damit das "EZwasser" entdeckt zu haben. Pollack sei es lediglich zeitlich nach ihm gelungen, diesen wissenschaftlich nachzuweisen. Zach ist Inhaber der Firma ZARO Biotec, einem Hersteller von Scharlatanerieprodukten zur [[Wasserbelebung]] und zum [[Elektrosmog-Schutzprodukte|Schutz vor Elektrosmog]] aus CH-6390 Engelberg in der Zentralschweiz. Ein weiterer Anbieter ist der deutsche Ingenieur und Autor [[Dietmar Ferger]].
      
==Behauptete chemische und physikalische Eigenschaften==
 
==Behauptete chemische und physikalische Eigenschaften==
Zeile 27: Zeile 26:     
==Behauptete Vorkommen==
 
==Behauptete Vorkommen==
Nach Pollack komme EZ-Wasser natürlicherweise in Regenwasser, Gletschern, Flüssen und in Wasserbrunnen vor. Wasser im menschlichen Blut soll zu 95 % aus EZ-Wasser bestehen. Nach Pollack trinke der Mensch zwar herkömmliches Wasser (H<sub>2</sub>O) und nehme es mit der Nahrung zu sich, jedoch enthielten menschliche Zellen kein Wasser, sondern EZ-Wasser mit der Summenformel H<sub>3</sub>O<sub>2</sub>. Während einerseits behauptet wird, dass EZ-Wasser in tiefliegenden Wasserschichten vorkomme, heißt es im Widerspruch dazu andererseits, dass EZ-Wasser erst an der Erdoberfläche durch Lichtstrahlung und andere Strahlungen entstehe.
+
Laut Pollack soll Wasser im menschlichen Blut zu 95 % aus EZ-Wasser bestehen; der Mensch trinke zwar herkömmliches Wasser (H<sub>2</sub>O) und nehme es mit der Nahrung zu sich, jedoch enthielten menschliche Zellen kein Wasser, sondern EZ-Wasser mit der Summenformel H<sub>3</sub>O<sub>2</sub>. Man könne EZ-Wasser beispielsweise aus Pflanzensäften (Obst- und Gemüsesäfte) aufnehmen, da diese viel EZ-Wasser enthielten. Da sich das EZ-Wasser ausschließlich an hyrdophilen Oberflächen, wie etwa Zellmembranen bilde, würde aus normalem Wasser stets EZ-Wasser im Körper gebildet. Der Widerspruch, dass man EZ-Waser über pflanzliche Säfte aufnehmen könne, die gar keine Membranbestandteile enthalten und sich EZ-Wasser im Körper stets selbst bildet, wird nicht thematisiert. EZ-Wasser bildet sich stets an Membranen und kann nicht davon extrahiert werden, ohne dass die "ausschließenden" Eigenschaften verloren gehen (s.u.).
 +
 
 +
Anderen - nicht von Pollack selbst verbreiteten Angaben nach - komme EZ-Wasser natürlicherweise in Regenwasser, Gletschern, Flüssen und in Wasserbrunnen vor. Während einerseits behauptet wird, EZ-Wasser würde in tiefliegenden Wasserschichten vorkommen, heißt es im Widerspruch dazu andererseits, dass EZ-Wasser erst an der Erdoberfläche durch Lichtstrahlung und andere Strahlungen entstehe.
    
==Wissenschaftliche Einordnung <ref group="Anmerkung">Diese Zusammenfassung stützt sich im Wesentlichen auf die Beiträge von Elton et al. 2020 und Wilson 2009 (siehe Literatur) sowie auf verschiedene Artikel bei Wikipedia</ref>==
 
==Wissenschaftliche Einordnung <ref group="Anmerkung">Diese Zusammenfassung stützt sich im Wesentlichen auf die Beiträge von Elton et al. 2020 und Wilson 2009 (siehe Literatur) sowie auf verschiedene Artikel bei Wikipedia</ref>==
Zeile 40: Zeile 41:  
Die von ihm behauptete vierte Phase des Wassers, die er dem in der Ausschlusszone befindlichen Wasser zuschreibt, ist entsprechend eine reine Erfindung, die er in seinen Büchern außerhalb des wissenschaftlichen Veröffentlichungswesens (und damit nicht wissenschaftlich begutachtet) verbreitet. Wasser, in dem die Wassermoleküle in einer hexagonalen Anordnung vorliegen, kommt nur bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Eis Eis] vor. Die Anordnungsverhältnisse sind aber - im Vergleich zu Pollacks Vorstellung - wesentlich komplexer. Daneben gibt es bisher weitere 17 bekannte Modifikationen (Phasen) von Eis.
 
Die von ihm behauptete vierte Phase des Wassers, die er dem in der Ausschlusszone befindlichen Wasser zuschreibt, ist entsprechend eine reine Erfindung, die er in seinen Büchern außerhalb des wissenschaftlichen Veröffentlichungswesens (und damit nicht wissenschaftlich begutachtet) verbreitet. Wasser, in dem die Wassermoleküle in einer hexagonalen Anordnung vorliegen, kommt nur bei [https://de.wikipedia.org/wiki/Eis Eis] vor. Die Anordnungsverhältnisse sind aber - im Vergleich zu Pollacks Vorstellung - wesentlich komplexer. Daneben gibt es bisher weitere 17 bekannte Modifikationen (Phasen) von Eis.
   −
Die von Pollack behauptete Phasenänderung in der Ausschlusszone müsste mit deutlich anderen physikalischen Eigenschaften einhergehen, insbesondere mit einer geänderten Dichte. Dies zeigt sich unter anderem in einem anderen Brechungsverhalten. Die Messungen, die dazu gemacht wurden, sind nicht geeignet, einen veränderten Brechungsindex des Wassers in der Ausschlusszone zu belegen, da es an Grenzflächen (insb. der von Nafion) ebenfalls zu Änderungen des Brechungsindex kommt. Eine kristallartige Struktur könnte mit Hilfe von [https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6ntgenbeugung Röntgenbeugungs]-Untersuchungen bestätigt werden; hierzu liefert Pollack keine Daten.
+
Die von Pollack behauptete Phasenänderung in der Ausschlusszone müsste mit deutlich anderen physikalischen Eigenschaften einhergehen, insbesondere mit einer geänderten Dichte. Dies zeigt sich unter anderem in einem anderen Brechungsverhalten. Für eine kristallartige Struktur könnte eine Doppelbrechung sprechen, die man nur bei bestimmten Kristallen findet. Die Messungen, die dazu gemacht wurden, sind nicht geeignet, einen veränderten Brechungsindex bzw. eine Doppelbrechung des Wassers in der Ausschlusszone zu belegen, da es an Grenzflächen (insb. der von Nafion) ebenfalls zu Änderungen der Lichtbrechungseigenschaften kommt. Eine kristallartige Struktur könnte mit Hilfe von [https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6ntgenbeugung Röntgenbeugungs]-Untersuchungen bestätigt werden; hierzu liefert Pollack keine Daten.
    
Statt dessen will er eine Phasenänderung anhand licht-spektroskopischer Untersuchungen festmachen, die sehr anfällig für Störungen (u.a. von kleinsten Luftblasen sind). Dazu finden sich die von ihm gemachten Abweichungen, die er einer Phasenänderung zuschreibt, auch in mit Salzen verunreinigtem Wasser. Dies hat er selbst gemessen, will es aber nicht als alternative Erklärung deuten. Die für eine Dichtebestimmung an Grenzflächen deutlich bessere Methode der [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutronenradiographie Neutronenradiographie] konnte demgegenüber keinen Dichteunterschied des Wassers in der Ausschlusszone feststellen. Damit konnte die Behauptung Pollacks, es handele sich um eine "vierte Phase", eindeutig widerlegt werden.
 
Statt dessen will er eine Phasenänderung anhand licht-spektroskopischer Untersuchungen festmachen, die sehr anfällig für Störungen (u.a. von kleinsten Luftblasen sind). Dazu finden sich die von ihm gemachten Abweichungen, die er einer Phasenänderung zuschreibt, auch in mit Salzen verunreinigtem Wasser. Dies hat er selbst gemessen, will es aber nicht als alternative Erklärung deuten. Die für eine Dichtebestimmung an Grenzflächen deutlich bessere Methode der [https://de.wikipedia.org/wiki/Neutronenradiographie Neutronenradiographie] konnte demgegenüber keinen Dichteunterschied des Wassers in der Ausschlusszone feststellen. Damit konnte die Behauptung Pollacks, es handele sich um eine "vierte Phase", eindeutig widerlegt werden.
Zeile 65: Zeile 66:     
==EZ-Wasser-Produkte und Markt==
 
==EZ-Wasser-Produkte und Markt==
Produkte mit Bezug zum EZ-Wasser sind beispielsweise: Adya Clarity, Themarox, 4th Phase oder Biotite Liquid Crystal Concentrate.
+
Der Schweizer Werbefachmann Robert Zach (geb. 1961) behauptet, den hypothetisch gebliebenen "4. Aggregatzustand des Wassers" und damit das "EZwasser" entdeckt zu haben. Pollack sei es lediglich zeitlich nach ihm gelungen, diesen wissenschaftlich nachzuweisen. Zach ist Inhaber der Firma ZARO Biotec, einem Hersteller von Scharlatanerieprodukten zur [[Wasserbelebung]] und zum [[Elektrosmog-Schutzprodukte|Schutz vor Elektrosmog]] aus CH-6390 Engelberg in der Zentralschweiz. Ein weiterer Anbieter ist der deutsche Ingenieur und Autor [[Dietmar Ferger]].
 +
 
 +
Produkte mit Bezug zum EZ-Wasser sind beispielsweise: Adya Clarity, Themarox, 4th Phase oder Biotite Liquid Crystal Concentrate. Pollack selbst macht auf der Seite seines Wasserlabors klar, dass viele der im Zusammenhang mit EZ-Wasser beworbenen Produkte nicht auf seinen Erkenntnisse beruhen und sich ungerechtfertigt auf ihn beziehen.
    
==Siehe auch==
 
==Siehe auch==
246

Bearbeitungen