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[[Bild:461px-Cabala,_Speculum_Artis_Et_Naturae_In_Alchymia_by_Stephan_Michelspacher_(1654)_(dresden).jpg‎|Cabala, Speculum Artis Et Naturae In Alchymia von Stephan Michelspacher (1654) Dresden — "1. SPIGEL DER KVNST VND NATVR" |thumb]]Die '''Kabbala''', auch Kabbalah, (hebräisch "qabbalah" für "Überlieferung", vom Wortstamm "lekabel" her auch "empfangen") ist die mystische Tradition im Judentum, vergleichbar mit der Tradition der Mystik im Christentum und der des Sufismus im Islam. Sie hat ihre Ursprünge in der Tora, der Schrift, auf der die Religion des Judentums gründet.
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[[Bild:461px-Cabala,_Speculum_Artis_Et_Naturae_In_Alchymia_by_Stephan_Michelspacher_(1654)_(dresden).jpg‎|Cabala, Speculum Artis Et Naturae In Alchymia von Stephan Michelspacher (1654) Dresden — "1. SPIGEL DER KVNST VND NATVR" |thumb]]Die '''Kabbala''', auch Kabbalah, (hebräisch "qabbalah" für "Überlieferung", vom Wortstamm "lekabel" her auch "empfangen") ist die mystische Tradition im Judentum, vergleichbar mit der Tradition der [[Mystik]] im Christentum und der des Sufismus im Islam. Sie hat ihre Ursprünge in der Tora, der Schrift, auf der die Religion des Judentums gründet.
 
„Die Kabbala entwickelt sich aus der Tradition des Kommentars zur Torah, das heißt zum Pentateuch oder den fünf Büchern Mose, sowie aus der rabbinischen Auslegetradition, wie sie im Talmud repräsentiert ist, und sie stellt sich in erster Linie als eine Technik der Lektüre und Interpretation des heiligen Textes dar.“<ref>Umberto Eco: Die Suche nach der vollkommenen Sprache. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997, S. 38. ISBN 3-423-30629-7.</ref>
 
„Die Kabbala entwickelt sich aus der Tradition des Kommentars zur Torah, das heißt zum Pentateuch oder den fünf Büchern Mose, sowie aus der rabbinischen Auslegetradition, wie sie im Talmud repräsentiert ist, und sie stellt sich in erster Linie als eine Technik der Lektüre und Interpretation des heiligen Textes dar.“<ref>Umberto Eco: Die Suche nach der vollkommenen Sprache. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 1997, S. 38. ISBN 3-423-30629-7.</ref>
    
==Kabbala im Judentum==
 
==Kabbala im Judentum==
Die Kabbala besteht aus einer Sammlung von jahrhundertelang mündlich und schriftlich überlieferten, schwer verständlichen Texten, angefüllt mit Zahlenmystik, Rätseln und semantischen Symbolen. Hierin flossen gnostische, neuplatonische und christliche Elemente mit ein. Die Lehrer der Kabbala verstanden sich als Empfänger und Bewahrer eines seit den Zeiten des Mose überlieferten Wissens, das sie nur jenen weitergaben und offenbarten, die sie bereit und fähig sahen, seelisch und spirituell zu wachsen. Aus diesem Grund empfiehlt die orthodoxe jüdische Tradition, das Studium der Kabbala nicht vor dem 40. Lebensjahr zu beginnen. Das Wissen der Kabbala bildete in dieser Tradition den innersten Kern der Weisheit in der Tora, welcher die gleiche Autorität beanspruchte wie die Tora insgesamt<ref>http://www.sektenberatung.ch/text/29.pdf</ref>.  
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Die Kabbala besteht aus einer Sammlung von jahrhundertelang mündlich und schriftlich überlieferten, schwer verständlichen Texten, angefüllt mit [[Numerologie|Zahlenmystik]], Rätseln und semantischen Symbolen. Hierin flossen [[Gnostik|gnostische]], neuplatonische und christliche Elemente mit ein. Die Lehrer der Kabbala verstanden sich als Empfänger und Bewahrer eines seit den Zeiten des Mose überlieferten Wissens, das sie nur jenen weitergaben und offenbarten, die sie bereit und fähig sahen, seelisch und spirituell zu wachsen. Aus diesem Grund empfiehlt die orthodoxe jüdische Tradition, das Studium der Kabbala nicht vor dem 40. Lebensjahr zu beginnen. Das Wissen der Kabbala bildete in dieser Tradition den innersten Kern der Weisheit in der Tora, welcher die gleiche Autorität beanspruchte wie die Tora insgesamt<ref>http://www.sektenberatung.ch/text/29.pdf</ref>.  
 
[[Bild:424px-Tree_of_Life_(Sephiroth)_svg.png‎|Der kabbalistische Weltenbaum mit den zehn Sephirot|thumb]]
 
[[Bild:424px-Tree_of_Life_(Sephiroth)_svg.png‎|Der kabbalistische Weltenbaum mit den zehn Sephirot|thumb]]
 
Ziel war es, durch bewusst gelenkte Ekstase die Erfahrung einer unmittelbaren Beziehung zu Gott zu finden. Nach kabbalistischer Weltsicht gibt es eine wechselseitige Entsprechung von Oben und Unten, von Mikro- und Makrokosmos. In der Tradition der jüdischen Mystik besteht ein anthropomorphes Gottesbild, dessen Vollkommenheit im Makrokosmos sich im (unvollkommenen) Mikrokosmos des Menschen wiederspiegelt.
 
Ziel war es, durch bewusst gelenkte Ekstase die Erfahrung einer unmittelbaren Beziehung zu Gott zu finden. Nach kabbalistischer Weltsicht gibt es eine wechselseitige Entsprechung von Oben und Unten, von Mikro- und Makrokosmos. In der Tradition der jüdischen Mystik besteht ein anthropomorphes Gottesbild, dessen Vollkommenheit im Makrokosmos sich im (unvollkommenen) Mikrokosmos des Menschen wiederspiegelt.
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Göttliche und menschliche Ebene sind wechselseitig beeinflussbar. Hierfür bedarf es entsprechender Techniken, die in der Kabbala vermittelt werden. Es gibt hierzu verschiedene, stark symbolhaltige kabbalistische Schriften und Schulen, doch keine Dogmatik oder festen Prüfungsstoff, die Lehre des einzelnen Lehrers ist also nicht allgemeingültig.  
 
Göttliche und menschliche Ebene sind wechselseitig beeinflussbar. Hierfür bedarf es entsprechender Techniken, die in der Kabbala vermittelt werden. Es gibt hierzu verschiedene, stark symbolhaltige kabbalistische Schriften und Schulen, doch keine Dogmatik oder festen Prüfungsstoff, die Lehre des einzelnen Lehrers ist also nicht allgemeingültig.  
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Ein Beispiel für eine Möglichkeit der menschlichen Einflussnahme ist nach kabbalistischer Vorstellung die Wortmagie. Das Aussprechen von Namen beinhaltet Macht über das Benannte. Aus diesem Grund ist der wahre Name Gottes im Judentum geheim und darf niemals ausgesprochen werden. Umgekehrt konnte deshalb Gott den Akt der Schöpfung durch das bloße Aussprechen dessen, was er erschaffen wollte, vollziehen.
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Ein Beispiel für eine Möglichkeit der menschlichen Einflussnahme ist nach kabbalistischer Vorstellung die [[Magie|Wortmagie]]. Das Aussprechen von Namen beinhaltet Macht über das Benannte. Aus diesem Grund ist der wahre Name Gottes im Judentum geheim und darf niemals ausgesprochen werden. Umgekehrt konnte deshalb Gott den Akt der Schöpfung durch das bloße Aussprechen dessen, was er erschaffen wollte, vollziehen.
    
Ein weiteres Beispiel für die starke Wort-Symbolik, die in der jüdischen Tradition eine wichtige Rolle spielt, ist das Akronym PaRDeS. Das hebräische pardes ist mit dem persischen Wort Paradies verwandt. Hier steht es für vier klassische Arten, heilige Texte des Judentums zu interpretieren. Die Konsonanten stehen hierbei für Worte, die die Stilarten bedeuten: P (Pschat) entspricht der einfachen, wörtlichen Bedeutung, R [Remes] bedeutet die allegorische Anspielung, D (Drasch) steht für eine interpretative, homiletische Deutung und S (Sod) meint das Geheimnis, d.h. mystische, oft esoterische Bedeutungen die erst erfassbar seien, wenn die drei ersten Ebenen sorgfältig studiert und verstanden worden sind.  
 
Ein weiteres Beispiel für die starke Wort-Symbolik, die in der jüdischen Tradition eine wichtige Rolle spielt, ist das Akronym PaRDeS. Das hebräische pardes ist mit dem persischen Wort Paradies verwandt. Hier steht es für vier klassische Arten, heilige Texte des Judentums zu interpretieren. Die Konsonanten stehen hierbei für Worte, die die Stilarten bedeuten: P (Pschat) entspricht der einfachen, wörtlichen Bedeutung, R [Remes] bedeutet die allegorische Anspielung, D (Drasch) steht für eine interpretative, homiletische Deutung und S (Sod) meint das Geheimnis, d.h. mystische, oft esoterische Bedeutungen die erst erfassbar seien, wenn die drei ersten Ebenen sorgfältig studiert und verstanden worden sind.  
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Drei zusätzliche Ansätze der Exegese kommen mit dem Akronym GiNaT hinzu (hebräisch "ginat" = Garten, was wiederum auf den Garten Eden, das Paradies hinweist), welches den Worten Gematria, Notarikon und Temura entspricht. Hier werden Buchstaben Zahlen zugewiesen, aus welchen dann - ähnlich wie es in der Bibelauslegung der Zeugen Jehovas geschieht - besondere Bedeutungen abgeleitet werden, Worte werden  durch Weglassen der Leerstellen miteinander verbunden, so dass die Wortgrenzen verschwimmen und durch neu gewählte Trennungen neue Bedeutungen offenbar werden, und Buchstaben eines Wortes werden einander neu zugeordnet, was wiederum weitere Deutungsmöglichkeiten bietet.  
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Drei zusätzliche Ansätze der Exegese kommen mit dem Akronym GiNaT hinzu (hebräisch "ginat" = Garten, was wiederum auf den Garten Eden, das Paradies hinweist), welches den Worten Gematria, Notarikon und Temura entspricht. Hier werden Buchstaben Zahlen zugewiesen, aus welchen dann - ähnlich wie es in der Bibelauslegung der [[Zeugen Jehovas]] geschieht - besondere Bedeutungen abgeleitet werden, Worte werden  durch Weglassen der Leerstellen miteinander verbunden, so dass die Wortgrenzen verschwimmen und durch neu gewählte Trennungen neue Bedeutungen offenbar werden, und Buchstaben eines Wortes werden einander neu zugeordnet, was wiederum weitere Deutungsmöglichkeiten bietet.  
    
Somit können in der jüdischen Tradition des Torastudiums durch PaRDeS und GiNaT sämtliche religiösen Texte auf siebenfache Weise gedeutet werden. Dass es gerade sieben Methoden sind, hat selbstverständlich ebenfalls wieder eine symbolische Bedeutung, man denke beispielsweise an die sieben Tage der Schöpfungsgeschichte.  
 
Somit können in der jüdischen Tradition des Torastudiums durch PaRDeS und GiNaT sämtliche religiösen Texte auf siebenfache Weise gedeutet werden. Dass es gerade sieben Methoden sind, hat selbstverständlich ebenfalls wieder eine symbolische Bedeutung, man denke beispielsweise an die sieben Tage der Schöpfungsgeschichte.  
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Seit dem 19. Jahrhundert wurde die Kabbala, welche seit der Renaissance außer im Judentum zunächst vor allem im Christentum Beachtung fand, in immer mehr Kreisen und Gruppierungen bekannt.
 
Seit dem 19. Jahrhundert wurde die Kabbala, welche seit der Renaissance außer im Judentum zunächst vor allem im Christentum Beachtung fand, in immer mehr Kreisen und Gruppierungen bekannt.
Anfangs waren es in erster Linie okkulte Geheimlehren wie die [[Theosophie]], welche sie für sich adaptierten.  
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Anfangs waren es in erster Linie [[Okkultismus|okkulte Geheimlehren]] wie die [[Theosophie]], welche sie für sich adaptierten.  
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Auch der [[Hermetic Order of the Golden Dawn]], dem [[Aleister Crowley]] angehörte, griff die Kabbala auf und verband die Karten des [[Tarot]] damit. Die [[Hermetik]]er unterschieden nicht mehr zwischen verschiedenen kabbalistischen Traditionen und Methoden und vermengten sie alle mit [[Alchemie]] zu einem neuen Gebräu, das mit der eigentlichen, jüdischen Kabbala kaum noch etwas gemein hat, unter Crowleys Einfluss in der esoterischen Gemeinschaft ''"Ordo Templi Orientis"'' und seiner Offenbarungsschrift, dem ''"Liber AL vel Legis"'' entfernte sie sich schließlich ganz davon.
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Auch der [[Hermetic Order of the Golden Dawn]], dem [[Aleister Crowley]] angehörte, griff die Kabbala auf und verband die Karten des [[Tarot]] damit. Die [[Hermetik]]er unterschieden nicht mehr zwischen verschiedenen kabbalistischen Traditionen und Methoden und vermengten sie alle mit [[Alchemie]] zu einem neuen Gebräu, das mit der eigentlichen, jüdischen Kabbala kaum noch etwas gemein hat, unter Crowleys Einfluss in der [[Esoterik|esoterischen]] Gemeinschaft [[Ordo Templi Orientis]] und seiner Offenbarungsschrift, dem ''"Liber AL vel Legis"'' entfernte sie sich schließlich ganz davon.
    
Im 20. Jahrhundert entdeckte das sogenannte [[New Age]] um die Hippiebewegung und dem Ausruf des "Zeitalters des Wassermanns" die Kabbala für sich.
 
Im 20. Jahrhundert entdeckte das sogenannte [[New Age]] um die Hippiebewegung und dem Ausruf des "Zeitalters des Wassermanns" die Kabbala für sich.
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Auch Robbie Williams kokettierte mit der Aussage,  dass er "durchaus darüber nachdenkt, sich entweder [[Scientology]], der Kabbala-Lehre oder dem [[Buddhismus]] anzuschließen. Hauptsache, irgendetwas mit Spiritualität."<ref>http://www.cineastentreff.de/content/view/1046/110/</ref>
 
Auch Robbie Williams kokettierte mit der Aussage,  dass er "durchaus darüber nachdenkt, sich entweder [[Scientology]], der Kabbala-Lehre oder dem [[Buddhismus]] anzuschließen. Hauptsache, irgendetwas mit Spiritualität."<ref>http://www.cineastentreff.de/content/view/1046/110/</ref>
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Die Illuminatus-Trilogie von Robert Anton Wilson und Umberto Ecos Roman "Das Foucaultsche Pendel" sind sich nach den Sephiroth gegliedert.
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Die [[Illuminaten|Illuminatus]]-Trilogie von Robert Anton Wilson und Umberto Ecos Roman "Das Foucaultsche Pendel" sind nach den Sephiroth gegliedert.
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Zahlreiche Anbieter auf dem Esoterikmarkt behaupten, die Kabbala oder Teile daraus entschlüsselt zu haben oder bauen kabbalistische Elemente in die von ihnen verkündeten "Weisheiten" mit ein. Mit der Kabbala des Judentums haben diese Neuerfindungen allerdings wenig bis gar nichts zu tun.
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Zahlreiche Anbieter auf dem [[Esoterikmarkt]] behaupten, die Kabbala oder Teile daraus entschlüsselt zu haben oder bauen kabbalistische Elemente in die von ihnen verkündeten "Weisheiten" mit ein. Mit der Kabbala des Judentums haben diese Neuerfindungen allerdings wenig bis gar nichts zu tun.
    
==Quellen und Referenzen==
 
==Quellen und Referenzen==
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==Literatur==
 
==Literatur==
Encyclopedia Judaica, Art. Kabbalah, Bd. 10. ISBN 13: 9780028659282
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*Encyclopedia Judaica, Art. Kabbalah, Bd. 10. ISBN 13: 9780028659282
 
ISBN 10: 0028659287
 
ISBN 10: 0028659287
 
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*Gershom Scholem: Ursprung und Anfänge der Kabbala (Studia Judaica). ISBN-10: 3110172534  
Gershom Scholem: Ursprung und Anfänge der Kabbala (Studia Judaica). ISBN-10: 3110172534  
   
ISBN-13: 978-3110172539
 
ISBN-13: 978-3110172539
    
==Weblinks==
 
==Weblinks==
[http://www.hagalil.com/judentum/kabbala/kabbala.htm Die Kabbala aus Sicht eines Rabbi in einem deutsch-jüdischen Nachrichtenmagazin.]
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*[http://www.hagalil.com/judentum/kabbala/kabbala.htm Die Kabbala aus Sicht eines Rabbi in einem deutsch-jüdischen Nachrichtenmagazin.]
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