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Version vom 7. Januar 2024, 17:11 Uhr

Der Placebo by Proxy-Effekt bei Tieren (auch Caregiver Placebo-Effekt genannt) bezieht sich auf die vermeintliche Verbesserung des Gesundheitszustandes von Tieren oder Kindern nach einer Scheinbehandlung, die von ihren menschlichen Betreuern, Eltern oder Pflegern durchgeführt wird.

Dieser Effekt ist dem Placebo-Effekt bei Menschen ähnlich, bei dem eine positive Reaktion auf eine unwirksame Substanz auftritt, die in einer Reihe von psychosozialen Mechanismen (bewusste und unterbewusste Erwartungen, Erfahrungen, etc.) begründet ist. Wie im Folgenden erklärt, wurde der Placebo-Effekt wie auch der mit ihm verwandete Nocebo Effekt bereits in einer Vielzahl von Studien auch bei Tieren nachgewiesen. Ein weiterer Aspekt des Placebo by Proxy-Effekts ist die Reaktion der Tiere auf die Erwartungen und das Verhalten ihrer menschlichen Begleiter.

Placebo-Effekt bei Tieren

Viele verschiedene alternativmedizinische Behandlungen wie Homöopathie, Reiki, Bioresonanz, Magnetfeldtherapie, Akupunktur und viele weitere werden auch für Tiere angeboten. Da viele kognitive Mechanismen bei Tieren anders funktionieren als bei Menschen, kann ein Placeboeffekt bei Tieren durch zwei Mechanismen auftreten:

  • eine positive Erwartungshaltung des Betreuers
  • Konditionierung

Insbesondere die Konditionierung ist gut erforscht.  

Placebo (sowie Nocebo) Behandlungen lösten bei Tieren bereits in zahlreichen Studien messbare Körperreaktionen aus. Beispielsweise erhielten Hunde über mehrere Tage Morphin. Hunde erbrechen durch Morphin. Als die Hunde einige Tage später nur Kochsalzlösung gespritzt bekamen, erbrechen Sie wieder – aber nicht aufgrund des Stoffes, der ihnen gespritzt wurde, sondern lediglich aufgrund ihrer Erwartung, die aus ihrer Erfahrung der letzten Tage resultierte - ein Nocebo-Effekt aus dem Lehrbuch[1].

Konditonierung

In verschiedenen Experimenten haben Placebos über klassische Konditionierung bei Hunden, Ratten, Mäusen oder Kaninchen gewirkt. Der Placebo-Effekt bei Tieren wurde insbesondere bei Labortieren und unter Versuchsbedingungen untersucht. Zum Beispiel konnten Ratten und Hunde mehrfach erfolgreich auf die Gabe von Insulin durch Placebo konditioniert werden, das heißt, sie erhielten zuerst einige Tage Insulin-Spritzen und dann nur noch Placebo-Spritzen mit Kochsalzlösung. Insulin bewirkt, dass der Blutzuckerspiegel absinkt. Eine hohe Insulin-Dosis führt zu einem sehr niedrigen Blutzuckerspiegel, neuromuskulären Zuckungen, Aktivitätsverlust und Krämpfen[2].

Nach der Konditionierung bewirkte die Placebo-Spritze nicht nur die gleichen klinischen Symptome wie Insulin: Der Placebo-Effekt war auch physiologisch messbar und die Gabe der Placebo-Spritze hatte den Blutzuckerspiegel verändert. In gleicher Weise können Placebos physiologisch messbar auf das Immunsystem wirken und Immunzellen verändern.

Positive Erwartungshaltung (auch Caregiver Placebo-Effekt)

Tierbesitzer und Tierärzte haben bestimmte Erwartungen in Bezug auf die Therapie: Sie wollen, dass eine Behandlung wirkt und dass es dem Tier danach besser geht. Im Gegensatz zu Menschen können Tiere nicht sagen, ob ihnen etwas weh tut oder woran es ihnen fehlt. Tierärzte und Tierärztinnen verlassen sich deshalb häufig auf ihre eigenen Beobachtungen oder die Beschreibungen des Tierbesitzers, um einzuschätzen, wie gut es einem Tier geht. Bei aller Fachkundigkeit und Professionalität sind diese Bewertungen häufig subjektiv.

Im Rahmen einer Studie mit Hunden mit einer Gelenkerkrankung wurde ein Teil der Hundegruppe mit einem Schmerzmedikament und der andere Teil mit einem Placebo behandelt. Nach mehreren Behandlungen haben sowohl Tierärzte als auch Tierbesitzer den Lahmheitsgrad der Hunde bewertet. Gleichzeitig wurde die Lahmheit mittels instrumenteller Ganganalyse beurteilt. Es stellte sich bei 40 Prozent der Fälle aus der Placebo-Gruppe ein Placebo by Proxy-Effekt heraus: Sowohl Tierbesitzer als auch Tierärzte bewerteten die Lahmheit als besser, obwohl die instrumentelle Ganganalyse keine Verbesserung nachweisen konnte[3].

In einer ähnlichen Studie wurde bei Katzen mit degenerativen Gelenkerkrankungen ein Placebo by Proxy-Effekt in bis zu 70 Prozent der Fälle beobachtet[4].

Ein ähnlicher Placebo by Proxy-Effekt wurde auch bei Kindern gemessen[5].

Placebo-Effekte in Tiermedizin vs. Humanmedizin

In der Tiermedizin werden Studien mit Kontrollgruppen viel seltener durchgeführt als bei Menschen, da die finanziellen Mittel für die Entwicklung von Tierarzneimitteln viel geringer sind als in der Humanmedizin. Dabei spielt der Placebo-Effekt, bzw. der Placebo by Proxy-Effekt sowohl in der Human- als auch in der Tiermedizin eine häufig unterschätzte Rolle.

Da für Tiere viel weniger strengere Kontrollen hinsichtlich wissenschaftlichem Wirknachweis notwendig sind, verwundert es nicht, dass eine Vielzahl von Therapien für Tiere existieren, die basierend auf den Informationen der Hersteller nur über den Placebo by Proxy Effekt wirken können. Dies sind u.a

Weiterführende Quellen

https://www.quarks.de/umwelt/tierwelt/darum-gibt-es-den-placebo-effekt-bei-tieren/