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Man kann verschiedene Strömungen des Kreationismus unterscheiden. Dies sind vor allem:
 
Man kann verschiedene Strömungen des Kreationismus unterscheiden. Dies sind vor allem:
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*'''Kurzzeit-Kreationismus''' (auch: [[Junge Erde|Junge-Erde]]-Kreationismus): Anhänger vertreten bei wörtlicher Auslegung des biblischen Buchs Genesis die Ansicht, dass die Erde vor höchstens 10.000 Jahren von Gott erschaffen wurde. Wissenschaftliche Datierungsmethoden werden von Kurzzeit-Kreationisten als fehlerhaft verworfen.
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*'''Kurzzeit-Kreationismus''' (auch: [[Junge Erde|Junge-Erde]]-Kreationismus): Anhänger vertreten bei wörtlicher Auslegung des biblischen Buchs Genesis die Ansicht, dass die Erde vor höchstens 10.000&nbsp;Jahren von Gott erschaffen wurde. Wissenschaftliche Datierungsmethoden werden von Kurzzeit-Kreationisten als fehlerhaft verworfen.<ref>Streng wissenschaftlich betrachtet ist die Behauptung zwar nicht zu wiederlegen, dass ein Schöpfer die Welt erst vor 6000 Jahren geschaffen hat, mitsamt allen Belegen, die ein viel höheres Alter nahelegen. Sie ist nur äußerst unplausibel.</ref>
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*'''Langzeit-Kreationismus''' (auch: Alte-Erde-Kreationismus): Man akzeptiert grundsätzlich das hohe Alter der Erde. Es werden unterschiedliche Schöpfungsmodelle vertreten, z.B. dass zwischen den Schöpfungstagen lange Zeiträume gelegen hätten oder dass es sich bei jedem der sieben Schöpfungstage um ein Äon der Erdgeschichte handelt. Wenn man diese Äonen mit hinreichender Dauer definiert, lassen sich der naturwissenschaftliche und der kreationistische Zeitrahmen harmonisieren. Die Ergebnisse der Astrophysik und der Geologie, darunter auch die Fossilfunde, lassen sich mit einigen Zusatzannahmen halbwegs erklären. Der Streit mit der Naturwissenschaft konzentriert sich dann auf die Darwinsche Selektionstheorie, also das Zufallsprinzip der natürlichen Auslese. An dessen Stelle setzt der Langzeit-Kreationismus eine Folge von göttlichen Schöpfungsakten ein. Darin ähnelt er den [[Katastrophismus|Katastrophen-Theorien]]<ref>http://ag-evolutionsbiologie.de/app/download/3169520602/ezw16.pdf</ref>.
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*'''Langzeit-Kreationismus''' (auch: Alte-Erde-Kreationismus): Man akzeptiert grundsätzlich das hohe Alter der Erde. Es werden unterschiedliche Schöpfungsmodelle vertreten, z.B. dass zwischen den Schöpfungstagen lange Zeiträume gelegen hätten oder dass es sich bei jedem der sieben Schöpfungstage um ein Äon der Erdgeschichte handelt. Wenn man diese Äonen mit hinreichender Dauer definiert, lassen sich der naturwissenschaftliche und der kreationistische Zeitrahmen harmonisieren. Die Ergebnisse der Astrophysik und der Geologie, darunter auch die Fossilfunde, lassen sich mit einigen Zusatzannahmen halbwegs erklären. Der Streit mit der Naturwissenschaft konzentriert sich dann auf die Darwinsche Selektionstheorie, also das Zufallsprinzip der natürlichen Auslese. An dessen Stelle setzt der Langzeit-Kreationismus eine Folge von göttlichen Schöpfungsakten ein. Darin ähnelt er den [[Katastrophismus|Katastrophen-Theorien]].<ref>http://ag-evolutionsbiologie.de/app/download/3169520602/ezw16.pdf</ref>
    
*'''"Wissenschaftlicher Kreationismus"''': Dessen Vertreter behaupten, dass Kreationismus eine Wissenschaft ist und eine Alternative zur Evolution darstellt. Sie gehen in der Regel davon aus, dass Gott die Erde in jüngerer Zeit erschaffen hat, und sehen diese Auffassung durch empirische Belege gestützt. So deuten sie beispielsweise Fossilien als Zeugnisse einer globalen Sintflut, wie sie im Buch Genesis geschildert wird.
 
*'''"Wissenschaftlicher Kreationismus"''': Dessen Vertreter behaupten, dass Kreationismus eine Wissenschaft ist und eine Alternative zur Evolution darstellt. Sie gehen in der Regel davon aus, dass Gott die Erde in jüngerer Zeit erschaffen hat, und sehen diese Auffassung durch empirische Belege gestützt. So deuten sie beispielsweise Fossilien als Zeugnisse einer globalen Sintflut, wie sie im Buch Genesis geschildert wird.
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==Argumente des Kreationismus gegen die Evolutionstheorie==
 
==Argumente des Kreationismus gegen die Evolutionstheorie==
 
[[image:Jesus-dinosaur.jpg|300px|thumb]]
 
[[image:Jesus-dinosaur.jpg|300px|thumb]]
*''Nichtreduzierbare Komplexität'' (Irreduzible Komplexität): Unter irreduzibel komplex kann ein System verstanden werden, das aus verschiedenen, fein aufeinander abgestimmten Teilen besteht, die zu der grundlegenden Funktion beitragen, wobei die Entfernung irgendeines dieser Teile dazu führt, dass das System nicht mehr funktioniert.<ref>Behe, M.J. (1996): Darwin's Black Box: The Biochemical Challenge to Evolution. Free Press, New York</ref> Der Begriff Irreduzible Komplexität geht auf den US-Amerikaner [[Michael Behe]] zurück.
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*''Nichtreduzierbare Komplexität'' (Irreduzible Komplexität): Unter irreduzibel komplex kann ein System verstanden werden, das aus verschiedenen, fein aufeinander abgestimmten Teilen besteht, die alle zum Funktionieren des Ganzen beitragen, so dass die Entfernung jedes einzelnen dieser Teile zum Systemausfall führt.<ref>Behe, M.J. (1996): Darwin's Black Box: The Biochemical Challenge to Evolution. Free Press, New York</ref> Der Begriff Irreduzible Komplexität geht auf den US-Amerikaner [[Michael Behe]] zurück.
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:Hinter dieser Argumentation steckt die Behauptung, dass bei Lebewesen komplexe Strukturen auftreten, die nicht schrittweise entstanden sein können. Das klassische Beispiel ist die Bakteriengeißel. Solche Strukturen sind aus Einzelkomponenten zusammengesetzt, die aber nur als Gesamtheit funktionieren können. Schon der Wegfall einer Komponente zerstört die Funktion der Struktur. Daher sei auch nicht vorstellbar, wie sich eine derartige Struktur im Laufe der Evolution schrittweise entwickeln könne: Für die isolierten Komponenten gebe es keinen Selektionsvorteil, die fertige Struktur müsse daher angeblich in einem Sprung entstanden sein. Nach Auffassung von ID-Anhängern widerlegen diese Strukturen den „direkten Darwin'schen Weg", wonach diese Strukturen sukzessive in kleinen, aber jeweils von der Selektion begünstigten Schritten entstehen müssen.
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:Hinter dieser Argumentation verbirgt sich die Behauptung, dass Lebewesen komplexe Strukturen aufweisen, die nicht schrittweise entstanden sein können. Das klassische Beispiel ist die Bakteriengeißel, die aus Einzelkomponenten besteht und nur als Gesamtheit funktioniere. Nach Auffassung von ID-Anhängern widerlege dies den „direkten Darwin'schen Weg", wonach solche Strukturen sukzessive in kleinen, jeweils von der Selektion begünstigten Schritten entstehen. Für die isolierten Komponenten gebe es keinen Selektionsvorteil, die fertige Struktur müsse daher angeblich in einem Sprung entstanden sein.  
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:Allerdings wird damit nicht beachtet, ob komplexe Strukturen nicht auch auf indirektem Wege entstanden sein könnten. Auch wenn die derzeitige Struktur nichtreduzierbar komplex ist, bedeutet das noch lange nicht, dass nicht ein weniger weit entwickelter Vorläufer vorhanden war. Diese Vorläuferstrukturen wurden dann durch Mutation und entsprechenden Selektionsdruck zu den beobachtbaren nichtreduzierbar komplexen Strukturen. Darüber hinaus können die Einzelkomponenten auch auf eine ganz andere Funktion hin selektiert worden sein. Ein klassisches Beispiel sind die Federn der Vögel. Diese Strukturen entstanden vermutlich nicht als Anpassung an das Fliegen, sondern als Wärmeisolierung. Diese Argumentation war schon seit Darwins Zeiten als Funktionswechsel bekannt. Man kann sich daher leicht vorstellen, wie Systeme, die im Nachhinein irreduzibel komplex sind, durchaus aus Einzelkomponenten zusammengesetzt wurden, die jeweils zu einem anderen Zweck in kleinen, jeweils selektionsbegünstigten Schritten entstanden sind. Bisher ist sogar die Frage offen, ob es überhaupt solche nichtreduzierbar komplexe Systeme gibt.<ref>http://www.gwup.org/zeitschrift/skeptiker-archiv/785-intelligent-design-eine-alternative-zur-naturalistischen-wissenschaft</ref>
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:Dabei wird übersehen, dass komplexe Strukturen auf indirektem Wege entstehen können. Auch wenn die derzeitige Struktur nichtreduzierbar komplex ist, bedeutet das noch lange nicht, dass nicht ein weniger weit entwickelter Vorläufer vorhanden war. Diese Vorläuferstrukturen wurden dann durch Mutation und entsprechenden Selektionsdruck zu den beobachtbaren nichtreduzierbar komplexen Strukturen. Darüber hinaus können die Einzelkomponenten auch auf eine ganz andere Funktion hin selektiert worden sein. Ein klassisches Beispiel sind die Federn der Vögel. Diese Strukturen entstanden vermutlich nicht als Anpassung an das Fliegen, sondern zur Wärmeisolierung. Diese Argumentation war schon seit Darwins Zeiten als Funktionswechsel bekannt. Tatsächlich gilt sogar die Frage als offen, ob es überhaupt nichtreduzierbar komplexe Systeme gibt.<ref>http://www.gwup.org/zeitschrift/skeptiker-archiv/785-intelligent-design-eine-alternative-zur-naturalistischen-wissenschaft</ref>
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*Das ''Unwahrscheinlichkeitsargument'': Die Entstehung komplexer Strukturen aus purem Zufall wäre ebenso unwahrscheinlich wie ein Wirbelsturm, der auf einem Schrottplatz ein Auto zusammensetzt. Dem ist entgegen zu halten, dass komplexe Strukturen nicht durch puren Zufall aus dem Nichts entstehen, sondern durch Selektion und Vermehrung aus einfacheren Vorläufern (graduelle Entwicklung). Alle auf diese Weise neu entstandenen Strukturen müssen sich in der Folgezeit bewähren (Selektion), wobei sich die erfolgreichen stärker vermehren als die fehlerhaften und sich innerhalb der Population anreichern. Dann kommt "der nächste Sturm" und damit weitere Änderungen, die auf den vorhergehenden Änderungen aufbauen. Andererseits ist durch die Präadaptation (Ausbildung von neuartigen Merkmalen, bevor der Selektionsdruck einsetzt) der Zufall bereits stark eingeschränkt, weil sie die Entwicklungsrichtung bereits vorgibt. Deshalb ist die Annahme reinen Zufalls verkehrt, beispielsweise entsteht aus einem Flügel nicht einfach wieder eine Pfote.<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4adaptation</ref>
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*Das ''Unwahrscheinlichkeitsargument'': Die Entstehung komplexer Strukturen aus purem Zufall wäre ebenso unwahrscheinlich wie ein Wirbelsturm, der auf einem Schrottplatz ein Auto zusammensetzt. Dem ist entgegen zu halten, dass komplexe Strukturen nicht durch puren Zufall aus dem Nichts entstehen, sondern durch Selektion und Vermehrung aus einfacheren Vorläufern (graduelle Entwicklung). Alle auf diese Weise neu entstandenen Strukturen müssen sich in der Folgezeit bewähren (Selektion), wobei sich die erfolgreichen stärker vermehren als die fehlerhaften und innerhalb der Population anreichern. Dann kommt "der nächste Sturm" und damit weitere Änderungen, die auf den vorhergehenden Änderungen aufbauen. Andererseits ist durch die Präadaptation (Ausbildung von neuartigen Merkmalen, bevor der Selektionsdruck einsetzt) der Zufall bereits stark eingeschränkt, weil diese die Entwicklungsrichtung bereits vorgibt. Die Annahme reinen Zufalls ist daher grundsätzlich verkehrt; beispielsweise entsteht aus einem Flügel nicht einfach wieder eine Pfote.<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4adaptation</ref>
    
*Die ''Entstehung des Lebens'' aus unbelebter Materie könne von der Evolutionstheorie nicht erklärt werden. Dies ist ein reines Propaganda-Argument, denn der Ursprung des Lebens ist überhaupt nicht Gegenstand der Evolutionstheorie.
 
*Die ''Entstehung des Lebens'' aus unbelebter Materie könne von der Evolutionstheorie nicht erklärt werden. Dies ist ein reines Propaganda-Argument, denn der Ursprung des Lebens ist überhaupt nicht Gegenstand der Evolutionstheorie.
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*Von Vertretern des Kreationismus werden [[Pseudowissenschaft|pseudowissenschaftliche Argumente]] zur Stützung ihrer Hypothesen hervorgebracht, z.B. die der [[Junge Erde|Jungen Erde]] und des [[Grundtypmodell]]s. Beide sind aber mit den Erkenntnissen der modernen Geo- bzw. Biowissenschaften nicht kompatibel.
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*Von Vertretern des Kreationismus werden [[Pseudowissenschaft|pseudowissenschaftliche Argumente]] zur Stützung ihrer Hypothesen hervorgebracht, z.B. die der [[Junge Erde|Jungen Erde]] und des [[Grundtypmodell]]s. Beide sind aber mit den Erkenntnissen der modernen Geo- bzw. Biowissenschaften unvereinbar.
    
==Kreationismus und Repression der Darwinschen Evolutionstheorie in der Türkei==
 
==Kreationismus und Repression der Darwinschen Evolutionstheorie in der Türkei==
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Unter Muslimen liegt der Anteil der Evolutionsleugner deutlich höher als bei Christen. So streiten 76 Prozent der türkischen und 59 Prozent der deutschen Lehramtsstudenten muslimischen Glaubens die Aussage ab, dass sich der Mensch aus affenartigen Vorfahren entwickelt hat.<br>
 
Unter Muslimen liegt der Anteil der Evolutionsleugner deutlich höher als bei Christen. So streiten 76 Prozent der türkischen und 59 Prozent der deutschen Lehramtsstudenten muslimischen Glaubens die Aussage ab, dass sich der Mensch aus affenartigen Vorfahren entwickelt hat.<br>
Einem türkischen Lehrer aus Ankara wurde zum Verhängnis im Unterricht auf die Darwinsche Evolutionstheorie eingegangen zu sein. Nachdem die Schulbehörde über die Mutter eines Schülers davon erfuhr, bekam der Lehrer einen Verweis.<ref>http://www.welt.de/wissenschaft/article12335487/Darwin-bringt-tuerkischen-Lehrer-in-Schwierigkeiten.html</ref><ref>http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,741528,00.html</ref>
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Ein Lehrer aus Ankara erhielt einen Verweis, als er im Unterricht auf die Darwinsche Evolutionstheorie einging und die Schulbehörde von der Mutter eines Schülers davon erfuhr.<ref>http://www.welt.de/wissenschaft/article12335487/Darwin-bringt-tuerkischen-Lehrer-in-Schwierigkeiten.html</ref><ref>http://www.spiegel.de/schulspiegel/wissen/0,1518,741528,00.html</ref>
    
==Vertreter==
 
==Vertreter==
 
Vertreter kreationistischer Anschauungen im deutschsprachigen Raum sind beispielsweise:
 
Vertreter kreationistischer Anschauungen im deutschsprachigen Raum sind beispielsweise:
 
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*[[Günter Bechly]]
 
*[[Werner Gitt]]
 
*[[Werner Gitt]]
 
*[[Reinhard Junker]]
 
*[[Reinhard Junker]]
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*[http://bcseweb.blogspot.com/p/creation-watch.html Kreation-Watch] (engl.)
 
*[http://bcseweb.blogspot.com/p/creation-watch.html Kreation-Watch] (engl.)
 
*http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/staatshilfe-fuer-noahs-arche/
 
*http://www.taz.de/1/leben/alltag/artikel/1/staatshilfe-fuer-noahs-arche/
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*https://www.laborjournal.de/editorials/2751.php
    
==Quellen==
 
==Quellen==
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[[category:Kreationismus]]
 
[[category:Kreationismus]]
 
[[category:Pseudowissenschaft]]
 
[[category:Pseudowissenschaft]]
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[[category:Religion]]
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