Telegonie

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Telegonie (von gr. τηλε (téle) „fern“ und γόνος (gónos) „Nachkommen“) bezeichnet eine überholte und durch heutige Erkenntnisse aus der Biologie widerlegte Hypothese zur Vererbung bei Menschen bzw. allgemein bei Säugetieren. Kurz gefasst besagt die Lehre, dass Merkmale von Nachkommen durch die erste Schwangerschaft oder Trächtigkeit beeinflusst werden. Insbesondere behauptet die Lehre eine fortdauernde Weitervererbung von Eigenschaften des ersten Mannes, mit dem eine Frau Geschlechtsverkehr hatte, auch in folgenden Schwangerschaften mit anderen Vätern.

Die Lehre geht auf Ansichten von Aristoteles zurück und war bis ins 19. Jahrhundert hinein populär. Die Bezeichnung Telegonie geht August Weismann zurück. Eine Beziehung existiert zum Lamarckismus. Spätestens seit der Wiederentdeckung der Mendelschen Gesetze (nach Gregor Mendel) um 1900 gilt die Hypothese der Telegonie als obsolet und hat heute nur noch eine historische Bedeutung. In der Tierzucht (z.B. Pferdezucht) hält sich der Glaube an sie in pseudowissenschaftlicher Weise trotzdem zum Teil bis heute.

Erwähnung fand die Telegonie in der Bibel, in antiken Sagen, bei Shakespeare oder auch Goethe.

Neuere Forschung ab 2014 zeigt lediglich Hinweise für eine Gültigkeit der Telegonie bei Fliegen der Gattung Telostylinus angusticollis.[1] Dass die entsprechenden Beobachtungen an Fliegen auch auf den Menschen übertragbar sind, ist bislang nicht bewiesen (Stand: November 2018).

Die hier thematisierte Telegonie ist nicht mit der Epigenetik zu verwechseln.

Telegonie und Rassismus

Die Telegonie wurde auch von Anhängern rassistischer Ideologien und von nationalsozialistischen Ideologen herangezogen. Der sogenannte "Kontagionismus" des 19. und des Beginns des 20. Jahrhunderts nutzte die erfolgreiche Erforschung von Infektionskrankheiten ("Ansteckungslehre") metaphorisch als "rassische Ansteckung". Die NS-Rassenpolitik behauptete, sexuelle Kontakte mit als „fremdrassig“ definierten Personen führten zu einer langfristigen moralisch wie auch biologisch verstandenen „Verunreinigung“ des eigenen Körpers oder der „Volksgemeinschaft“. Dieses ideologische Motiv findet sich in der Begründungslogik der Nürnberger Rassegesetze von 1935 wieder, die zwar keine expliziten genetischen Fachbegriffe verwenden, aber strukturell auf einem völkisch-biologistischen Kontagionismus aufbauen. So wurde argumentiert, dass eine Frau, die eine sexuelle Beziehung zu einem "Nichtarier" unterhielt, in ihrem Leben nie einen "Arier" würde gebären können. Diese Idee findet sich nicht nur in den NS-"Blutschutz-Gesetzen" von 1935 als "Rassenschande", sondern floss auch in die sogenannten "Jim-Crow-Laws" in den USA ein, die die Seggregation mit einem gesetzlichen Rahmen versahen.

Telegonie-Epos

"Telegonie"" ist auch der Name eines verschollenen antik-griechischen Epos, das zum trojanischen Sagenkreis gerechnet wird und die Homersche Odyssee fortsetzt. Dieser Epos hat jedoch nichts mit der hier thematisierten Telegonie aus dem Beginn der Biologie und Vererbungslehre zu tun.

Literatur

  • Franz K. Stanze: Telegonie-Fernzeugung: Macht und Magie der Imagination. Böhlau Verlag, Wien 2008
  • Bynum, Bill (2002): Telegony. The Lancet vol. 359 no. 9313, 1256
  • H.C. Bumpus (1899): Facts and Theories of Telegony. In: The American Naturalist 33:917-922

Weblinks

Weblinks (Blogss)

Quellennachweise