Radionikgerät MK12 von Bruce Copen
Reflexophone nach Abrams

Radionik (englisch: radionics[1]) ist ein besonders in den USA populäres pseudomedizinisches Verfahren. Es besteht aus einer so genannten energetischen radionischen Diagnostik und der anschließenden radionischen Therapie. Das Verfahren hat Ähnlichkeiten mit dem Geistheilen und beeinflusste später entstandene Verfahren wie die Elektroakupunktur nach Voll und die Bioresonanz stark. Manchmal wird für die Radionik auch der Begriff "elektronische Homöopathie" verwendet. Charakteristisch für die Radionik sind scheinbar komplizierte elektronische Geräte, die tatsächlich aber keine elektrische Funktion haben. Ein wissenschaftlicher Nachweis einer medizinischen Eignung ist nicht bekannt.

Überblick

Die Radionik geht, wie ähnliche Systeme der Komplementärmedizin (siehe z.B. Bioresonanz, Geistheilen, Reiki), von der Existenz einer Aura um den menschlichen Körper aus, die je nach Quelle als "Energiekörper", "Bioenergie", Chakra, "Schwingungen" oder "Information" bezeichnet wird. Diese Aura sei bei Kranken gestört. Krankheit entstehe zunächst auf einer "energetischen" Ebene und könne so schon nachgewiesen werden, bevor sie Symptome hervorrufe. Üblich in der Radionik ist eine Diagnostik anhand von Proben des Patienten. Der Therapeut legt eine Speichelprobe, Haare, einen Fingerabdruck oder auch nur ein Foto oder eine Unterschrift des Patienten in die Radionik-Apparatur und ermittelt dann "verstimmte" Informationen. Das soll auch in Abwesenheit des Patienten und selbst Jahre später funktionieren. Eine Radionik-Apparatur zeigt aber nichts direkt an, sondern die Diagnose erfolgt in Verbindung mit Methoden der Radiästhesie, z.B. Pendeln. Zur Heilung können von der Apparatur korrigierende "Informationen" erzeugt werden, die dem Patienten über eine "Antenne" zugeführt werden. Verbreiteter ist es aber, die korrigierenden Informationen auf Trägersubstanzen wie Wasser oder Milchzucker-Globuli zu übertragen, die der Patient dann einnehmen muss. Eine einfache Variante von Radionik-Geräten, die dazu dient, "Informationen" von einer Substanz auf eine andere zu übetragen, ist unter dem Namen Remedy Maker bekannt geworden.

Die Radionik wurde von dem Pathologen und Erfinder Albert Abrams (1863-1924) in den USA entwickelt und ist im Zusammenhang mit dem von ihm postulierten ERA ("Electronic Reaction of Abrams") zu sehen. Der Begriff Radionik entstand durch die Annahme, dass Radiowellen Träger von Heilinformationen seien, und etablierte sich erst in den 1940er Jahren nach dem Tode von Abrams. Zu Beginn der Radionik ging man noch davon aus, es mit elektrischen Signalen zu tun zu haben, jedoch wurde bald festgestellt, dass die Geräte auch "funktionierten", wenn sie gar nicht eingeschaltet waren. Heute sind die meisten Radioniker der Ansicht, dass Radionik aufgrund einer "Energie des Geistes" o.ä. funktioniert. Einige Anhänger glauben deshalb, man könne auch mit Radionik-Geräten arbeiten, die bloß aus Pappe bestehen oder auf Papier abgebildet sind, wenngleich dies schwieriger als mit "echten" Drehknöpfen sei. Doch auch die anderen Radioniker nutzen pseudowissenschaftliche Erklärungen.

Aufbau von Radionik-Geräten

 
Selbstbauvorschlag eines Radionikgerätes mit dreistelliger Rateneinheit aus Potentiometern und zwei "Kristallen"[2]
 
Ausschnitt aus einer Liste mit Behandlungsraten[3]
 
Schaltbild eines frühen Radionik-Gerätes[4]

Obwohl die Geräte mit ihren vielen Knöpfen und Schaltern den Anschein komplizierter elektronischer Apparaturen erwecken, haben sie keinerlei elektrische Funktion. Displays und Computerinterfaces, wie sie bei neueren Geräten vorhanden sind, ändern daran nichts. Auch die jüngst hinzugekommenen Rauschgeneratoren und "Tesla-Spulen" (Beispiel: Quantec) dienen nur einer geheimnisvoll anmutenden Optik. Andere Geräte enthalten esoterische Komponenten wie Prismen, Kristalle, Edelsteine oder Orgonit.

Ein kassisches Radionik-Gerät besteht aus drei Teilen: Erstens einer Messzelle oder Testfläche aus Metall ("witness plate"), welche die Probe des Patienten (Haare, Fingernägel, Blut, Gewebe, Speichel usw.) aufnimmt. Daran angeschlossen ist eine Einheit, an der "Raten" eingestellt werden, die in der Radionik eine wichtige Rolle spielen. Darauf folgt die Ausgangseinheit mit "Antennen"anschluss oder "Pendelplatte" oder "Reibeplatte" ("stick plate"). Das Gerät zeigt kein Ergebnis einer Diagnose an, sondern der Anwender bestimmt diese selbst, meist durch Pendeln über der Pendelplatte oder durch Benutzung einer Einhand-Rute.

Die Rateneinheit ist bei klassischen Geräten oft mit einer großen Zahl von Drehknöpfen ausgestattet. Raten sind in der Radionik numerische Symbole für Krankheiten, Körperteile, Medikamente und vieles mehr. Für ein Gerät von Bruce Copen mit 15-stelliger Rateneinheit wird z.B. für Krebs eine Einstellung von 0-0-0-0-0-0-0-0-0-0-0-0-0-5-0 genannt.[5] Für die Einstellung der Raten existieren spezielle Verzeichnisse, die meist mit dem Gerät geliefert werden. Ferner gibt es "Ratenbücher" im Handel. Unterschieden wird zwischen Diagnose- und Behandlungsraten. Wird mit einer Rateneinstellung eine bestimmte Erkrankung erkannt, muss zur Behandlung am Gerät die "komplementäre Rate" eingestellt werden. Üblich ist folgende Methode: Ist beispielsweise die Erkennungsrate für Leukämie 3-0-7-1-3-7, muss zur Therapie die komplementäre Rate 7-10-3-9-7-3 eingestellt werden, d.h. jede Ziffer der Erkennungsrate muss von 10 subtrahiert werden.[6]

Die Einheit besteht meistens aus – schaltungstechnisch unsinnig – in Reihe geschalteten Potentiometern. In frühen Konstruktionen wurden Drehkondensatoren statt Potentiometer verwendet.[4] Auch Stufenschalter werden eingesetzt, die aber nicht notwendigerweise angeschlossen sind.[7] Üblicherweise sind weitere Drehköpfe vorhanden, an denen man homöopathische Potenzen und anderes einstellen kann. Es kursieren auch Bauanleitungen.[2] Da der Aufbau in willkürlicher Weise variiert werden kann und auf Regeln der Elektrotechnik keine Rücksicht genommen werden muss, ist der Selbstbau von Radionik-Apparaten problemlos möglich.

Für Diagnose und Therapie gibt es mittlerweile auch PC-Software. Jeder Computer kann damit nach Ansicht von Radionik-Vertretern Krankheiten anhand des pathologischen Zustandes der morphogenetischen Strahlung ohne weitere Hardware-Komponenten erkennen. Widersinnige Diagnosen wie etwa Gebärmutterkrebs bei einem männlichen Patienten werden mit einer "karmischen Belastung" des Patienten aus einem früheren Leben begründet.

Erklärungsversuche

Das Konzept der Radionik steht im Widerspruch zum wissenschaftlich etablierten Wissen über Krankheitsentstehung. Innerhalb der Radionik sind zwei Positionen zu erkennen: Einige Befürworter bestehten auf wissenschaftlichen Erklärungen, wobei dieser Anspruch aber nicht eingelöst werden kann, sondern ihre theoretischen Abhandlungen sind bestenfalls pseudowissenschaftlich zu nennen. Man beruft sich u.a. auf Rupert Sheldrake und dessen Hypothesen über morphische Felder und behauptet eine ganzheitliche Vereinheitlichung von Biologie, Quantenphysik, Chaostheorie etc. Auch die üblichen Modebegriffe von Esoterikern und Pseudomedizinern wie Global Scaling, Skalarwellen und Tachyonen müssen für Erklärungsversuche herhalten und eine Erklärung, was es mit den übertragenen "Informationen" genau auf sich hat, fehlt. Ein Radionikgerätehersteller verweist auf Forschungen, welche die Princeton University seit 1998 unter dem Namen Global Consciousness Project (GCP) durchführt. Dies ist wissenschaftlich nicht anerkannt.

Ein anderer Teil der Anhänger bevorzugt esoterische Erklärungsmodelle, spricht von einer Wirkung spiritueller Energien und "höherer Instanzen" und betrachtet die Radionik als eine Form des Geistheilens. Die Apparate seien nur eine Art symbolische Unterstützung für den Therapeuten.

Stellenwert der Methode

Geräte und Fernheilungen werden auch im Internet angeboten, vor allem in den USA. In Deutschland ist Radionik nur wenig verbreitet. Sie wird bei jeder beliebigen Erkrankung eingesetzt, insbesondere gegen Krebs, Rheuma und Herzerkrankungen. Darunter fallen auch Krankheitsbilder, die in der evidenzbasierten Medizin unbekannt sind und im Widerspruch zu grundlegenden Erkenntnissen über die menschliche Physiologie stehen (vgl. "Wasserallergie").

Eine historische Bedeutung der Radionik liegt darin, dass sie die Urform vieler später entstandener pseudomedizinischer Verfahren ist. Stark beeinflusst hat sie die Elektroakupunktur nach Voll und die Bioresonanz, aber auch bei neueren Erfindungen wie der Holopathie oder Metabolic-Typing-Geräten finden sich Elemente der ersten Radionik-Apparaturen aus den 1920er Jahren.

Radionik außerhalb der Medizin

Viele Anbieter empfehlen den Einsatz der Radionik auch in Bereichen wie Unternehmensberatung, Sport, Pädagogik, Landwirtschaft und Fischzucht. Zum Teil wurden für diese Anwendungen sogar Patente erteilt. Aus den USA stammen einige nicht nachprüfbare Berichte über eine erfolgreiche Schädlingsbekämpfung mit radionischen Mitteln. Die Behandlung soll aus der Ferne anhand von Luftaufnahmen befallener Getreidefelder erfolgt sein.

Einige Produkte und Hersteller

  • Remedy Maker, eine besonders einfach zu bedienende Klasse von Radionik-Geräten; diverse Hersteller
  • Bioresonanz-3000 (trotz des Namens eher ein Radionik- als ein Bioresonanz-Gerät)
  • Bruce Copen
  • Cybertrone
  • Fresh Health Bio Energetic Imprinter
  • Kybertron der Firma Wyneken & Jubin, 79801 Hohentengen‎
  • Metascan und Etatron
  • Oberon-Metatron-Diagnostik bzw. Metatron
  • Physiotron Cell Communicator der EFP Elektronik GmbH aus A-4470 Enns
  • Quantec
  • Sculptor des Erfinders und Wunderheilers Oleg Lohnes
  • Timewaver

Literatur und Weblinks

Quellen

  1. Radionics ist auch der Name eines US-amerikanischen Herstellers von Geräten der Radiochirurgie (eine Form der Strahlentherapie zur Behandlung von Tumoren, bei der ein kleines Gewebevolumen im Körper mit sehr hoher Dosis bestrahlt und dadurch zerstört wird). Diese Firma hat mit der hier gemeinten Radionik nichts zu tun.
  2. 2,0 2,1 Sorynzar: Radionics Schematic – Simple 3 Dial. March 10th, 2010
  3. http://www.royalrife.com/rates.pdf
  4. 4,0 4,1 GB 235,926: Apparatus for Detecting and Investigating Emanations. Accepted: June 21, 1925. Inventor: William Ernest Boyd
  5. Hans-Otfried Dittmer: Elektronische Homöopathie. Books on Demand GmbH, Norderstedt 2008
  6. http://www.radionik-newsletter.info/archiv/faq-2009.08.php
  7. GB 515,866: Method of and Means for obtaining Photographic Images of Living and other Objects. Accepted: Dec. 15, 1939. Inventor: Ruth Drown