Phytoöstrogene

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Phytoöstrogene sind sekundäre Pflanzenstoffe. Zu dieser Substanzgruppe gehören unter anderem Isoflavone und Lignane. Sie sind keine Östrogene im chemischen Sinne, sondern besitzen lediglich strukturelle Ähnlichkeit mit diesen.

Schon in den 1920ern gelang Chemikern erstmals der Nachweis von Phytoöstrogenen. In den folgenden Jahren wurden mehrere dieser Stoffe in verschiedensten Pflanzen wie z. B. Palmenkernen, Rhabarberwurzeln und Rotklee nachgewiesen. Das Thema Phytohormone oder auch Phytoöstrogen steht immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit. Diskutiert werden muss sowohl in Bezug auf eine gesundheitsfördernde Wirkung als auch der Hintergrund potenzieller Risiken.

Durch ihre östrogen-ähnliche Wirkung können sie die Entstehung von Krebserkrankungen bei Frauen beeinflussen und sind Gegenstand vieler Untersuchungen.

Vorkommen

Besonders reichhaltig an Phytoöstrogenen sind Sojabohnen und daraus hergestellte Produkte. Weitere Quellen für Phytoöstrogene sind Hülsenfrüchte, Getreidekleie und Getreide.

Wirkungen

Die gesundheitliche Bedeutung von Phytoöstrogenen wird seit langem kontrovers diskutiert. Zum einen sagt man ihnen positive Effekte auf die Gesundheit nach, daneben existieren auch Hinweise auf negative Eigenschaften bei zu hohen Mengen in der Nahrung. Durch die Wirkung der Östrogene unterscheiden sie sich wesentlich von den Mechanismen, die mit anderen Krebserkrankungen in Verbindung gebracht werden. Neben den hormonassoziierten Aspekten gibt es noch eine Reihe anderer Signaleffekte, die bei der Teilung von Krebszellen beteiligt sind, aber eben nicht zwingend und immer mit Östrogen in Zusammenhang stehen.

Phytoöstrogenen wird eine Vielzahl an weiteren Wirkungen zugeschrieben, die aber noch nicht in Gänze bewiesen sind: Vorbeugung und Abschwächung von Hitzewellen; Vorbeugung von Osteoporose; Vorbeugung von Arteriosklerose und damit vorbeugend gegen Herzinfarkt und Schlaganfall; Senkung des Brustkrebsrisikos; Senkung des Krebsrisikos insgesamt durch das Abfangen von freien Radikalen.[1]

Diese zugeschriebenen Wirkungen werden teilweise kontrovers diskutiert. Frauen in den Wechseljahren, die an Brust- oder Gebärmutterkrebs erkrankt sind, wird davon abgeraten, Sojapräparate einzunehmen und sich auch nicht über längere Zeit sojareich zu ernähren.

Auch der Deutsche Orthopäden- und Unfallchirugenverband e.V. zweifelt an der Wirkung von Phytoöstrogenen.[2]

Antioxidative Eigenschaften

Es liegen Befunde aus In-Vitro-Versuchen mit Isoflavonen vor, die zeigen, dass die Aktivität von antioxidativen Enzymen durch die Anwesenheit von z.B. Genistein verstärkt wird.

Nahrungsergänzungsmittel

Gerade für Frauen in den Wechseljahren (klimakterische Beschwerden) werden Präparate angeboten, die diese Beschwerden lindern sollen. Dabei wird auch reichlich mit anekdotischer Evidenz gearbeitet, so unter anderem:

"Die Schönheitsgöttin Aphrodite, Symbol der Fruchtbarkeit und ewigen Jugend wird meistens mit einem Granatapfel in der Hand gezeigt. Schon im Altertum galt der Granatapfel als Aphrodisiakum. Heute ist seine Liebeslust fördernde Wirkung wissenschaftlich belegt und auch, dass er neben Vitamin C, B5 und Kalium vor allem pflanzliche Östrogene enthält. In arabischen Ländern verzehrt man diese Frucht bis heute samt Kernen, um jung zu bleiben - auch für uns ein Tipp bei Wechseljahrsbeschwerden: täglich 2 bis 3 Granatäpfel für schöne Haut, Haare und Nägel, gute Stimmung und Lust auf die Liebe. Ebenso hat man entdeckt, dass Basilikum Eisprung und Libido anregt."[3] [4] [5]

Inwieweit sich daraus ein Wirkmechanismus für Pyhtoöstrogene ableiten lässt, bleibt unklar.

In einer ausführlichen Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung wurde berichtet, dass z.B. isolierte Isoflavone nicht ohne Risiko sind. Daher wird davon abgeraten, solche Nahrungsergänzungsmittel einzunehmen.

"Dabei zeigte sich, dass die angenommenen positiven Wirkungen von isolierten Isoflavonen auf Wechseljahresbeschwerden nach derzeitigem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse als nicht ausreichend gesichert anzusehen sind."[6]

Auch gibt es mittlerweile für die Ernährung mit Sojaprodukten einige Einschränkungen. So sollten Säuglinge keine Sojamilch erhalten, da in dieser Phase der Entwicklung die hormonelle Wirkung in Geschlechtsorganen, Leber oder Gehirn zu schweren Schäden führen kann.

Nahrungsergänzung als Hormonersatz?

"Bei einer Befragung deutscher Frauen dieser Altersgruppe durch das Deutsche Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke äußerten achtzig Prozent die Ansicht, dass sie sich vorstellen könnten, pflanzliche Stoffe mit hormoneller Wirkung, sogenannte Phytoöstrogene, gegen Wechseljahrsbeschwerden einzunehmen."

Dies stellt ein Bericht der FAZ aus dem Jahre 2009 fest.[7] Da immer weniger Frauen in die Wechseljahre kommen, blüht seit langem der Markt für Präparate mit Pflanzenextrakten. Allerdings zeigen Studien, dass deren Wirksamkeit und Risiken sehr unterschiedlich einzuschätzen sind. Der Glauben, dass die Hormonersatztherapie all diese Wohltaten erbringt, erweist sich jedoch zunehmend als fragwürdig,

"Über den Nutzen pflanzlicher Präparate bei Wechseljahrsbeschwerden berichten jetzt auch unabhängige britische Experten im "Drug and Therapeutics Bulletin" (Bd. 47, S. 2), einer Zeitschrift, die unter dem Dach des renommierten "British Medical Journal" erscheint. Sie kommen zu dem Schluss, dass viele Produkte das in sie gesetzte Vertrauen nicht verdienen."

Schon in den 1960ern befasste man sich mit den Auswirkungen von Östrogenen auf Wechselwirkungen bei Frauen, wie z.B. Hitzewallungen oder Schlafstörungen und begann, diese mit Präparaten zu behandeln. Bald stellte sich heraus, dass die einseitige Form der Behandlung mit einer Erhöhung des Risikos für die Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut, sogenannten Korpuskarzinomen, einherging. Es wurde versucht dies abzufangen, in dem man Kombinationstherapien einsetzte (Östrogen und Gestagen). Allerdings zeigten in der Folge Studien, dass die Einnahme von Hormonpräparaten mit einer Erhöhung des Risikos für Brustkrebs assoziiert ist.

Auch weitere umfangreiche klinische Untersuchungen in den USA haben gezeigt, dass Hormone, die gegen Beschwerden in den Wechseljahren verordnet werden, ernstzunehmende Nebenwirkungen haben. Die in den USA durchgeführte Untersuchung des WHI (Women's Health Initiative) zeigte, dass die häufig empfohlene und in den vergangenen 20 Jahren populär gewordene Hormonersatztherapie nicht ohne Risiko ist und heute nur noch bei strenger Indikationsstellung und befristet eingesetzt werden sollte (siehe Studienlage).

Seit der Rücknahme der Empfehlung zur Hormonersatztherapie durch die American Heart Association geht man auch hier wieder kritischer mit den Isoflavon-Ergebnissen um. Es wird vor unkontrollierter Selbstmedikation gewarnt.[8] Als Alternative zu einer konventionellen Hormonersatztherapie sind Phytoöstrogene nicht zu empfehlen.[9]

Studienlage

Je umfangreicher die Untersuchungen zu den Phytoöstrogenen werden, desto häufiger finden sich auch kritische Aspekte. In hochdosierter Form isoliert als Nahrungsergänzungsmittel eingenommen entfalten Soja-Isoflavone eine andere Wirkung als die mit der normalen Nahrung aufgenommenen Soja-Isoflavone. Sie können die Funktion der Schilddrüse beeinträchtigen und zu einer Unterfunktion führen.

Die Datenlage bei Brustkrebs ist widersprüchlich. Der Zusammenhang zwischen dem Östrogenstatus und dem Auftreten von Krebserkrankungen wurde vielfach untersucht.[10]

Die deutsche Ärztezeitung schreibt: "Deutlich kleiner als die Palette von Produkten für Frauen nach der Menopause ist das Angebot an fundierten medizinisch-wissenschaftlichen Wirknachweisen"[11] und bewertet die Situation insgesamt kritisch: "Dabei verzeichneten die Forscher durchaus Effekte, wenn sich deren Ausmaß auch in Grenzen hielt".

Ebenfalls ist in der Ärztezeitung noch ein Artikel zu finden, der sich mit Studien über Phytoöstrogenen und dem Einfluss auf Brustkrebs beschäftigt: "Soja erhöht Phytoöstrogenspiegel".

"In einem Kommentar zur Studie weist jedoch der Onkologe Dr. Craig Jordan von der Georgetown University in Washington darauf hin, dass Östrogenwirkungen recht komplex sind: Bei Frauen vor der Menopause scheinen die Hormone eher das Zell- und Tumorwachstum zu fördern, einige Jahre nach der Menopause verschiebt sich das Gleichgewicht jedoch hin zur Apoptose."[12]

Für einen wesentlichen Parameter zur Ermittlung des Risikos für Brustkrebs, die Gewebedichte, wurde in den 1990ern Methoden entwickelt, die es ermöglichen, computergestützt Einteilungen vorzunehmen. Über den Zusammenhang zwischen Isoflavonen/Phytoöstrogenen und der Gewebedichte liegt eine Übersichtsarbeit aus dem Jahre 2012 vor.[13]. Eindeutige und signifikante Ergebnisse konnten nicht ermittelt werden.

Zur Frage, ob der Verzehr von Phytoöstrogenen negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit hat, gibt es eine sehr gute Arbeit von der Universität Genf. Dort befasste man sich mit der Frage, ob der Verzehr von Soja bei Neugeborenen sich auf die spätere Fähigkeit zur Fortpflanzung auswirkt. Eindeutig festgestellt werden konnte dies mangels ausreichender Daten nicht. Man stellte aber Veränderungen in den Vaginalephiteln und des Brustgewebes fest.[14]. In einer weiteren Studie mit fast 20.000 Frauen stellte man bei Frauen, die in ihrer Kindheit verstärkt Soja-Produkte konsumierten, ein erhöhtes Risiko von Uteruskrebs fest.[15]

Auch die Beeinflussung der männlichen Fortpflanzungsfähigkeit war schon Gegenstand von Untersuchungen. Tierexperimente mit Ratten ließen darauf schließen, dass Auswirkungen bestehen. Humanstudien liegen nur wenige vor. In einer Untersuchung mit 99 Männern sah man eine nachteilige Wirkung auf die Konzentration an Spermien,[16] in einer weiteren Studie sah man aber sogar Verbesserungen.

Bei der Untersuchung über die Auswirkungen von Phytoöstrogen-Präparaten als Hormonersatz des WHI (Women's Health Initiative) mit 160.000 postmenopausalen Frauen über 5 Jahre wurde ein Anstieg von 26% bei Brustkrebserkrankungen festgestellt.[17] Bei einer Studie aus England wurde sogar im Schnitt ein Anstieg um 66 % festgestellt; je nach Art des Präparates gab es Schwankungen zwischen 30 und 100%.[18]

Weblinks

Quellenverzeichnis

  1. http://www.medizinfo.de/annasusanna/wechseljahre/phytooestrogene.shtml
  2. http://www.dov-online.de/verband/presse_detail.php?id=622
  3. http://www.kraeuterweisheiten.de/phytooestrogene.html
  4. https://www.medpex.de/wechseljahre/rotklee-kapseln-500-mg-p715986?q=Rotkleekapseln%2BAvitale&pn=1&fs=92.97&fp=1&fop=1&ai=3500&siteid=108767
  5. http://www.das-gesundheitsportal.com/sites/rotkleekapseln.html
  6. http://www.bfr.bund.de/cm/343/isolierte_isoflavone_sind_nicht_ohne_risiko.pdf
  7. http://www.faz.net/aktuell/wissen/natur/wechseljahre-fragwuerdiger-hormonersatz-aus-pflanzen-1755516.html
  8. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2003/daz-10-2003/uid-9301
  9. Knasmüller, Krebs und Ernährung, Risiken und Prävenntion, Thieme Verlag 2014; S.375
  10. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2003/daz-10-2003/uid-9301
  11. http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/hormonstoerungen/menopause/article/917397/hitzewallungen-welchen-effekt-phytooestrogene.html
  12. http://www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/krebs/mamma-karzinom/article/869255/ernaehrung-vorsicht-soja-brustkrebs.html
  13. Maskarinec G, Heak S, Morimoto Yet al. The realtion of urinary oestrogen metabolites with mammographic densities im prememopausal women. Cancer Epidemol 2012; 36: e310-316
  14. Ceddroth CR, Zimmermann C, Nef S Soy. phytoöstrogens and their impact on reproductive health. Mol Cell Epidemol 2012; 355:192-200
  15. D'Aloisio AA, Baird DD, DeRoo LA, Sandler DP. Assoziation of intrauterine and early-life exposures with diagnosis of uterine leiomyomata by 35 years of age in the Sister Study. Environ Health Perspect 2010; 118:375-384
  16. Chavarro JE, Toth TL et al. Soy food and isoflavone intake in relation to semen quality parameters among men from infertilit yclinic. Human Reprod 2008; 23 2584-2590
  17. Chlebowsky RT, Anderson GL, Changing Concepts: Menopausal hormone therapy and breast cancer. J. Natl Cancer Inst 2012; 104:517-527
  18. Beral V. Breast Cancer and hormone replacement therapy in the million Women Study. Lancet 2003; 362: 419-427