Redox-Signal-Moleküle

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ASEA-Gründer und Golfkumpel Verdis Norton und James Pack. Rechts das ASEA-Produkt mit Salzwasserlösung

Unter dem außerwissenschaftlichen Begriff Redox-Signal-Moleküle (RSM) werden unter verschiedenen Namen salzwasserhaltige Produkte vermarktet, die laut Anbieter nach Trinkkonsum stets positive gesundheitlich relevante Wirkungen ohne Nebenwirkungen entfalten sollen. Zu den behaupteten Wirkungen zählt der Anbieter beleglos einen angeblichen Rückgang in der Tendenz, bei Verletzungen so genannte "blaue Flecken" (Hämatome, Blutergüsse, Knutschfleck) zu bekommen. Für die Namensgebung der RSM-Produkte suchte sich der Anbieter die in der Chemie bekannten Redoxreaktionen heraus. Ursprung der RSM-Produkte sind die USA, wo der Hauptsitz des Vermarkters ASEA im US-Bundesstaat Utah zu finden ist. Die Produkte werden per Multilevelmarketing vertrieben.

Gründer der Firma ASEA LLC in Utah sind die Geschäftsmänner Verdis Norton und James Pack, die sich durch den Golfsport kennengelernt haben wollen. Für die eigentliche Erfindung der RSM scheinen jedoch ein Gary Samuelson ("Dr. Samuelson promovierte in atomarer/medizinischer Physik") sowie der amerikanische Arzt Daniel L. Robinson entscheidend gewesen zu sein. Beide gehören einem "wissenschaftlichen Beirat" der Firma ASEA an. Auf Robinson gehen einige Patente zurück, auf die sich ASEA beruft.

Aussagekräftige wissenschaftliche Belege für einen etwaigen Nutzen der RSM-Produkte liegen nicht vor; vom Anbieter finanzierte Auftragsstudien mit Tierversuchen sind nicht kontrolliert und erlauben deshalb keine Schlussfolgerungen für einen Konsum bei gesunden oder erkrankten Menschen. Die US-amerikanische Bloggerin Harriet Hall meinte 2012, dass der einzige Nutzen der ASEA-RSM-Produkte im "Unterhaltungswert" für den Leser der Werbebotschaften liege:

The only value of the product is the entertainment value that can be derived from reading the imaginative pseudoscientific explanations they have dreamed up to sell it.[1]

Vermarktung

Ein Liter RSM-Flüssigkeit kostet aktuell (Stand November 2012) 40,63 Euro plus Versandkosten. Die Kosten für den empfohlenen Konsum liegen zwischen 4,88 und 9,75 Euro pro Tag (ohne Versandkosten), pro Monat liegen die Kosten demnach zwischen 149 und 298 Euro. Völlig unklar ist der rechtliche Status der RSM-Produkte in Ländern wie der Bundesrepublik Deutschland. Die vom Anbieter behaupteten gesundheitlich relevanten Wirkungen lassen auf ein zugelassenes Arzneimittel schließen. Zugelassene Arzneimittel dürfen jedoch nicht mit den behaupteten unbewiesenen pharmakologischen Wirkungen beworben werden. Lediglich Fachkreise können sich entsprechend informieren lassen. Als Nahrungsergänzungsmittel oder als Lebensmittel wären mit Gesundheitswirkungen werbende Aussagen ebenfalls nicht erlaubt. Als Functional Food würde das Produkt in der Europäischen Union eine spezielle Erlaubnis benötigen.

Offensichtlich zu Zwecken des viralen Marketings entschied sich ASEA für eine ungewöhnliche Social-Media-Kampagne: Es wurde die Internetseite aseahoax.com erstellt, die als von ASEA-Kritikern betrieben erscheinen und offenbar Kritikern den "Wind aus den Segeln" nehmen oder Kunden auf eine falsche Fährte locken soll. Die von ASEA-Mitstreiter Daniel Robinson angemeldete Seite[2] enthält allerdings seit 2011 keine Inhalte.

Was sind Redox-Signal-Moleküle?

Angaben zu ASEA-Produkt mit "Redox-Signal-Molekülen" auf den Webshopseiten eines ASEA-MLMlers

Erstaunlich für die RSM-Produkte ist nicht nur die Bezugnahme auf den selbst erfundenen und wissenschaftlich nicht bekannten Begriff so genannter "Redox-Signal-Moleküle", die gesundheitlich relevante Wirkungen entfalten sollen, sondern auch die Tatsache, dass die jeweiligen Anbieter keinerlei Angaben zur genauen chemischen Zusammensetzung der Produkte machen. Dies ist nicht nur im Ursprungsland USA zu beobachten, sondern auch in der jeweiligen deutschsprachigen Werbung. Der Kunde hat somit keinerlei Möglichkeit, sich unabhängig über mögliche Folgen oder den möglichen Nutzen eines Konsums der RSM-Flüssigkeiten zu informieren. Immerhin sollen nach Vorstellungen des Anbieters täglich 0,12 bis 0,24 Liter der RSM-Flüssigkeit konsumiert werden. Der Anbieter ASEA zitiert auf seinen Internet-Webseiten zwar ausgesuchte und vom Hersteller in Auftrag gegebene Untersuchungen an Versuchstieren (Mäusen und Hunden), in diesen werden jedoch ebenfalls keine Angaben zu den Inhaltsstoffen gemacht. Im Internetshop deutschsprachiger ASEA-MLMler wird zum Produkt lediglich angegeben: Inhaltsstoffe: Wasser (H2O), Salz (NaCl).[3]

Auf der Webseite der Firma ASEA finden sich Angaben zur Herstellung der RSM-Produkte. Demnach werde die Flüssigkeit aus Wasser hergestellt, das aus der öffentlichen Wasserleitung in Utah stammt. Danach werde das Wasser herkömmlich gefiltert (Umkehrosmoseverfahren) und destilliert. Dem destillierten Wasser werde dann normales Kochsalz (Natriumchlorid) in unbekannter Konzentration beigemengt. Danach soll in einem patentierten Verfahren eine "Oxidation" stattfinden, der eine nicht näher erläuterte Reduktion des Salzgehalts folgen soll. Die Chloridionen (übliches gelöstes Kochsalz enthält stets Chlorid- und Natriumionen in der Lösung) sollen dabei in die 16 ungenannten "Redox-Signal-Moleküle" "integriert" werden und sich mit Wasserclustern umgeben, wie sich der Anbieter ausdrückt. Die Natriumionen des Kochsalzes sollen von diesen Vorgängen nicht berührt werden. In englischer Sprache wird der Vorgang folgendermaßen beschrieben:

ASEA is made in Utah from municipal water that is highly purified using both reverse osmosis and distillation. The pure water is then combined with pure salt and allowed to cure, before undergoing a patented process that oxidizes and reduces the saline solution into the final product. During processing most of the chloride ions are integrated into redox molecules. Sodium ions are not effected [sic] and help to maintain electrical neutrality. Hydrogen and oxygen also contribute to the formation of redox molecules, but most of the water forms a matrix of clusters around the active redox molecules and ions. This micro-clustering further contributes to the stability and electrical neutrality of the product. The final product is no longer a saline solution. It is not salt and water. It is a balanced buffet of redox molecules. The raw materials have been transformed into a new product. Ingredients: Some people ask why redox Molecules are not listed as an ingredient on each bottle of ASEA. By comparison, when we look at the ingredients on a loaf of bread, we find flour, water, eggs, sugar, oil, yeast, etc. Nowhere on the list does it say “bread”. The raw ingredients have been blended and heated and forever transformed. You can no longer locate the eggs or oil that we know went into the process. It’s the same with ASEA.

In einem Werbevideo behauptet die Firma ASEA, dass die "Redox-Signal-Moleküle" aus den Mitochondrien von Körperzellen stammen sollen.[4]

Patente

ASEA gibt folgende Patente an, die für die Redox-Signal-Molekül-Produkte relevant sein sollen. Eigentümer der Patente ist eine Firma Medical Discoveries Group, Inc. in West Valley, einem Vorort von Salt Lake City:

  • US 5,507,932: Apparatus for electrolyzing fluids. Erfinder: Daniel L. Robinson. Patent erteilt: 16. April 1996
  • US 5,674,537: Electrolyzed saline solution containing concentrated amounts of ozone and chlorine species. Erfinder: Robert E. Morrow. Patent erteilt: 7. Oktober 1997
  • US 6,007,686: System for elctrolyzing fluids for use as antimicrobial agents. Erfinder: William D. Welch, Daniel L. Robinson. Patent erteilt: 28. Dezember 1999
  • US 6,117,285: System for carrying out sterilization of equipment. Erfinder: William D. Welch, Daniel L. Robinson. Patent erteilt: 12. September 2000

Weblinks

Quellennachweise