Ziegelphysiker

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Baurebellen unter sich. Von links: Ziegelphysiker und Architekt Claus Meier, Scharlatanerieanbieter Wilhelm Mohorn (Aquapol) und Bausachverständiger Rolf Köneke. (Bild:innovations-report.de[1])

Ziegelphysiker ist eine scherzhafte Bezeichnung für Personen, die eine eigene Aussenseiter-Ansicht zur Physik der Wärmedämmung vertreten und die heutige Praxis der Wärmedämmung sowie die Eignung des material- und anwendungsbezogenen Wärmedurchgangskoeffizienten U ("U-Wert", früher: "k-Wert") in Frage stellen oder ablehnen[2].

Allgemeines

Aus Ziegelphysiker-Sicht hätten Massnahmen zur Wärmedämmung hohe Kosten zur Folge, die durch Einsparung von Heizkosten nicht auszugleichen wären. Des weiteren wird von dieser Gruppe vor möglichen weiteren Folgen der Wärmedämmung gewarnt, etwa der möglichen Schimmelpilzbildung. Vorteile sehen "Ziegelphysiker" in einer "Temperaturamplitudendämpfung" und zeitlichen Phasenverschiebung der Temperatur bei einseitiger Temperaturänderung bei Verwendung massiver Baustoffe.

Teilweise ist in diesem Zusammenhang auch von "Baurebellen" die Rede, da sich in der Vergangenheit eine engagiert ausgetragene Auseinandersetzung zwischen den Lagern der etablierten Bauphysik (so genannte Dämmphysiker) und den Ziegelphysikern entwickelte.

Nach Ansicht der "Ziegelphysiker" werde in der Bauphysik der „solare Gewinn“ durch Sonneneinstrahlung bei Verwendung massiver Baustoffe wie Ziegel nicht ausreichend berücksichtigt. Aus diesem Kreis wurde ein alternativer "effektiver Wärmedurchgangskoeffizient" Ueff erfunden. Ein wissenschaftliche Nachweis für die Richtigkeit der diesbezüglichen Behauptungen und zur Eignung des Ueff ist sowohl experimentell als auch theoretisch nicht erbracht worden.

In Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass mit unterschiedliche Dämmstoffe, mit "leichten" wie "schweren", bei gleichem U-Wert der solare Energiegewinn gleich bleibt, und somit massive wärmedämmende Baustoffe keinen Vorteil bringen.[3]

Bei gleicher Oberflächen nehmen unterschiedliche Baustoffe die gleiche Energie aus Sonneneinstrahlung auf. Leichte Materialien wie Holz erwärmen sich jedoch schneller und erreichen an der Oberfläche und in der Tiefe höhere Temperaturen, strahlen diese wegen der höheren Temperatur aber auch intensiver wieder ab als massive wärmedämmende Materialien. Eine derartiger massereicherer Baustoff strahlt auf Grund der niedrigeren Temperatur weniger Energie ab und erreicht weniger hohe Temperaturen. Allerdings bleibt die aufgenommene Wärme näher unter der Oberfläche konzentriert, da mehr gespeichert wird. Nach Ende der Einstrahlung wird relativ viel gespeicherte Wärme nach außen abgegeben, da der Weg von der warmen Zone nach innen viel länger ist.

Hintergrund des teilweise absurden Streits, der auch Anzeigen wegen Beledigung nach sich zog[4], sind offenbar handfeste wirtschaftliche Interessen von Anbietern entsprechender Materialien angesichts von Verordnungen zur Energieeinsparung (EnergieEnergieeinsparverordnung EnEV, Energiepaß) sowie der Auseinandersetzung zwischen Anhängern und Gegnern der Hypothese des durch menschliche Aktivität mitverursachten Klimawandels.

Der harte Kern der Ziegelphysiker

Den "harten Kern" der Ziegelphysiker bilden die Architekten Claus Meier aus Nürnberg[5], Konrad Fischer aus aus Hochstadt a. M[6], Rauch und Paul Bossert. Auch wird aus dem Ziegelphysiker-Kreis gelegentlich der Meteorologe Wolfgang Thüne zitiert. Teilweise ist die Gemeinde der Ziegelphysiker mit den Anhängern der Klimalüge identisch.

Wärmedurchgangskoeffizient U

Der Wärmedurchgangskoeffizient U (Wärmedämmwert) ist ein Maß für den Wärmestromdurchgang durch eine ein- oder mehrlagige Materialschicht, wenn auf beiden Seiten verschiedene Temperaturen anliegen. Der Koeffizient gibt die Leistung an, die durch eine Fläche von 1 m² fließt, wenn sich die beidseitig anliegenden Lufttemperaturen stationär um 1 Grad K unterscheiden. Seine SI-Maßeinheit ist W/(m²·K) (Watt pro Quadratmeter und Kelvin).

Der Wert wird im Wesentlichen durch die Wärmeleitfähigkeit und Dicke der verwendeten Materialien bestimmt, aber auch durch die Wärmestrahlung und Konvektion an den Oberflächen. Um den Wert bestimmen zu können, müssen stationäre Temperaturen vorliegen, da die Wärmespeicherfähigkeit der Materialien bei Temperaturänderungen das Messergebnis verfälschen können.

Einvernahme durch Scharlatanerieanbieter Aquapol

Wie einem im Internet einsehbaren Artikel des "innovations-report" zu entnehmen ist[7], wurden explizit Vertreter der "Ziegelphysik"-Baurebellen[8] im Juni 2002 von der österreichischen Firma Aquapol zu eine Werbe-Baufachtagung zum Firmensitz der "Mauertrockenlegungsfirma" Aquapol GmbH geladen. Die Firma Aquapol des Scientologen Wilhelm Mohorn vertreibt international Scharlatanerieprodukte für 4000-10000 Euro, die feuchte Mauern durch ein esoterisch zu nennendes und wissenschaftlich unbekanntes Prinzip einer "Molekülumpolung" und unter Nutzung eines wissenschaftlich unbekannten "dynamischen Erdkraftfeldes" (gravomagnetische Energie) ohne Energieverbrauch und ohne Horizontalsperre oder andre etablierte Maßnahmen trocknen sollen.

Literatur und Artikel

  • Der U-Wert: nur stationär oder auch instationär? bauzeitung 56(2002) H. 3, S. 56 - 60

Weblinks

Quellennachweise