Sekte

Aus Psiram
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Der Begriff Sekte (von lat. secta Richtung, von sequi folgen, engl. cult) hat zwei Bedeutungen:

1. Eine kleinere religiöse Gemeinschaft, die sich von einer größeren Gemeinschaft gelöst hat und meist von dieser abgelehnt wird. [1] In einem erweiterten Sinne gilt "Sekte" auch als Bezeichnung für eine philosophische oder politische Gruppierung, die durch ihre Lehre im Konflikt zu herrschenden Überzeugungen steht. In der modernen Religionswissenschaft wurde der Begriff Sekte durch Bezeichnungen wie "religiöse Sondergemeinschaft", "neureligiöse Gemeinschaft" oder "Neue religiöse Bewegung" ersetzt. Deutsche Großkirchen verwenden den Begriff jedoch weiter, etwa bei der Berufsbezeichnung "Sektenbeauftragte/r".

2. In Psychologie und Umgangssprache: eine Gruppe oder Organisation, die ausgeprägte sektenartige Muster oder Strukturen aufweist und daher als gefährlich oder problematisch angesehen wird. Solche Gruppierungen sind oft, aber nicht immer religiös oder pseudoreligiös. Die Übergänge zwischen einer "normalen" Gruppierung und einer Sekte sind hierbei fließend. Besonders destruktive Sekten werden gelegentlich als "Kulte" bezeichnet. Sekten bezeichnen sich üblicherweise selbst nicht als Sekte.

Dieser Artikel beschäftigt sich mit der zweiten Definition von "Sekte".

Der Begriff Sekte ist nach wie vor umstritten. Vielfach wird die Verwendung des Begriffes aus Gründen der persönlichen Toleranz abgelehnt. Demnach wird der Begriff Sekte als Abwertung verstanden. Andere lehnen ihn ab, weil er auf ein religiöses Weltbild hinzudeuten scheint. Demnach wird der Begriff Sekte als Aufwertung verstanden.[2]

Woran erkennt man eine Sekte?

Typische Bereiche, in denen sektenartige Strukturen auftreten

Sektenartige Muster und Strukturen können an spezielle Organisationen gebunden sein, sich aber auch in allgemeineren gesellschaftlichen Bewegungen herausbilden. Manche Sekten verstecken sich hinter Tarnorganisationen und bringen ihre Philosophie dadurch indirekt an die Kunden. Sekten und Gruppen mit sektenartigen Zügen sowie Tarnorganisationen finden sich vor allem, aber nicht nur bei und in:[3]

  • Religiösen oder spirituellen Gruppen und Organisationen
  • Strukturvertrieben
  • Drückerkolonnen
  • Psychogruppen
  • Heilergruppen und bestimmten psychotherapeutischen Angeboten
  • Seminar- und Kursanbietern
  • Nachhilfe-Anbietern
  • Betrieben
  • Radikalen und extremistischen politischen Gruppen
  • Selbsthilfe-Gruppen und -Organisationen
  • Okkulten, satanistischen und spiritistischen Bewegungen und Gruppen
  • Esoterischen Bewegungen und Gruppen
  • Sektenausstiegs-Beratungen und -Angeboten

Merkmale von Sekten

Sekten werden manchmal als Kulte bezeichnet. Der amerikanische Psychiater Robert Jay Lifton beschreibt in einer zu Beginn der 1980er Jahre verfassten Analyse fundamentalistisch-totalitärer Kultgruppen (cults) und ordnet diesen bestimmte Merkmale zu:

  • ein charismatischer Führer, als Objekt der Verehrung
  • ökonomische, sexuelle oder andere Ausbeutung der Gruppenmitglieder durch den oder die Anführer
  • Kontrolle aller Kommunikation in einer bestimmten Umgebung (Milieukontrolle), damit auch Isolation vom bisherigen sozialen Umfeld
  • Forderung nach einer "Reinheit": radikale Trennung zwischen Gut und Böse in der Umwelt und in sich selbst
  • eigene Sprachregelungen und proprietäre Wortwahl
  • Leugnung der Existenzberechtigung Anderer (dispensing of existence): Wer die Wahrheit nicht erkannt hat, gilt als verworfen und hat in letzter Konsequenz keine Existenzberechtigung.

Bekannte, getarnte und unbekannte Sekten

Einige Gruppen und Organisationen werden bei Sektenbeauftragten offiziell als Sekte oder problematische Gruppierung geführt. Viele dieser Sekten und sektenähnlichen Vereinigungen werden namentlich in einigen der Weblinks am Ende dieses Artikels beschrieben, außerdem finden sich bei den Weblinks am Ende dieses Artikels allgemeine, kurze Checklisten zur Erkennung von Sekten; eine sehr brauchbare Checkliste ist z. B. diese hier: [4]. Dass eine Gruppe oder Organisation bei Sektenberatungen nicht bekannt ist, liefert jedoch keinen Beweis dafür, dass sie harmlos bzw. frei von sektenartigen Zügen ist, aus mehreren Gründen:

  • Manche Organisationen sind zwar selbst keine Sekten, weisen aber einzelne Gruppen auf, bei denen sich sektenartige Züge eingebürgert haben.
  • Viele Gruppen und Organisationen bewegen sich in der Grauzone zwischen "normaler" Gruppe und Sekte, sie weisen zwar einige sektenartige Züge auf, gelten aber offiziell nicht als Sekte. Hierzu zählen sowohl Organisationen, deren einzelne Gruppen sich an verschiedenen Stellen im Spektrum von "normal" bis Sekte befinden, als auch Organisationen, die eine allmähliche Entwicklung hin zur Öffnung nach außen oder zur Radikalisierung durchmachen, wobei nicht jede Gruppe und jedes Mitglied die Entwicklung mitmacht.
  • Manche Sekten sind bekannt und haben einen schlechten Ruf. Einige von ihnen treten trotzdem offen unter ihrem Namen auf (z. B. Zeugen Jehovas). Andere verwenden jedoch Tarnnamen und -organisationen, oftmals wechseln diese immer wieder. Andere Sekten wiederum verfolgen eine Doppelstrategie und treten sowohl offen unter ihrem offiziellen Namen als auch verdeckt in Form von Tarnorganisationen auf (z. B. Scientology). Teilweise existieren spezielle Checklisten zu Tarnorganisationen.
  • Von manchen Sekten haben sich Splittergruppen abgespalten, die unter eigenen Namen auftreten (z. B. bei der Sant-Mat-Bewegung).
  • Manche Sekten weisen eine derart geringe Mitgliederzahl auf, dass sich zu ihnen keine oder nur sehr wenig Dokumentation finden lässt.
  • Manche problematische Gruppen und Organisationen gehören nicht direkt zu Sekten, stehen diesen allerdings nahe und kooperieren mit ihnen und/oder teilen mit ihnen eine ähnliche Philosophie.

Empfehlungen für das erste Treffen

Nicht jeder erkennt beim ersten Treffen bei einer Gruppe, ob es sich hier um eine sektenartige Gruppierung handelt. Bei manchen Sekten treten schon beim ersten Treffen die typischen Sekten-Merkmale klar zutage, die in den allgemeinen Sekten-Checklisten aufgeführt sind. Andere Sekten hingegen treten nach außen und neuen Interessenten gegenüber zunächst eher locker, harmlos und normal auf und zeigen ihr wahres Gesicht erst dann, wenn man tiefer in die Gruppierung verstrickt ist. Da es keine allgemeine "Sektenopfer-Persönlichkeit" gibt, ist im Grunde genommen niemand 100% davor gefeit, in eine Sekte zu rutschen, zumal erfolgreiche Sekten viel Erfahrung darin haben, Neulinge geschickt zu manipulieren. Bestimmte Situationen machen einen jedoch besonders anfällig für Sekten, siehe hier: [5].

Die folgenden Schutzmaßnahmen bei einem ersten Treffen bieten zwar keine Garantie, helfen jedoch bei eher verdeckt auftretenden Sekten dagegen, tiefer in die Sekte hineinzugeraten:

  • Seien Sie besonders vorsichtig, wenn Sie an dem speziellen Tag niedergeschlagen oder labil sind, und verschieben Sie ggf. Ihren ersten persönlichen Kontakt auf einen Tag, an dem Sie besser drauf sind.
  • Nehmen Sie eine psychisch stabile Vertrauensperson mit zum Treffen, für die das Angebot oder Thema der Gruppe absolut uninteressant ist. Bitten Sie diese Vertrauensperson, gezielt darauf zu achten, ob ihr am Treffen irgendetwas sektenartig oder "komisch" vorkommt. Lassen Sie die Person vor dem Treffen gründlich die Sekten-Checklisten sowie diese Liste hier durchlesen. Teilen Sie der Gruppe nicht mit, warum die Vertrauensperson dabei ist. Sprechen Sie nach dem Treffen offen mit der Vertrauensperson über ihren Eindruck, und nehmen Sie ihre Bedenken ernst, auch wenn Sie selbst einen völlig positiven Eindruck von der Gruppe hatten.
  • Geben Sie keine Kontaktdaten von sich preis (Nachname, Adresse, Telefonnummer usw.). Wenn Sie nach dem Treffen in Kontakt bleiben möchten, lassen Sie sich statt dessen lieber die Kontaktdaten eines Mitglieds geben. Einige Sekten belästigen nämlich sehr penetrant oder versuchen sogar, abgesprungene Interessenten zu schikanieren.
  • Falls Sie wohlhabend sind, lassen Sie das die Gruppe nicht merken. Ziehen Sie sich für das Treffen eher schlicht bis ärmlich an, lassen Sie Rolex und Goldschmuck zuhause. Falls Sie einen Beruf oder Freizeitbeschäftigungen haben, die auf ein gutes Einkommen schließen lassen, verschweigen Sie dies. Antworten Sie eher ausweichend und allgemein bei Fragen nach Ihrem Beruf.
  • Vertrauen Sie der Gruppe oder einzelnen Mitgliedern vorerst keine persönlichen Probleme an. Weigern Sie sich ggf., einen Persönlichkeitstest zu machen oder einen entsprechenden Fragebogen auszufüllen.
  • Gruppenspezifische Fachbegriffe wie z. B. bestimmte Meditationsformen, Erlösungsstufen usw., aber auch eine bestimmte Person oder ein bestimmter Text, die als sehr wichtig, unfehlbar, erleuchtet oder die Lösung für viele/alle Probleme betrachtet werden, sollten Sie sich merken, aufschreiben oder in Form von Broschüren, Flyern usw. mit nach Hause nehmen. Zuhause können Sie dann danach recherchieren; verlassen Sie sich dabei nicht auf Eigendarstellungen der Gruppe oder Organisation. Es ist nämlich sehr schwierig zu recherchieren, wenn einem bei einem Treffen etwas "seltsam vorkommt", man sich hinterher aber an keinen der Begriffe erinnern kann.
  • Achten Sie darauf, ob die Gruppe behauptet, etwas Wichtiges zu bieten, das keine andere Gruppe oder Organisation bieten kann.
  • Achten Sie darauf, ob kritische Fragen abgewürgt oder ausweichend beantwortet werden, und ob die Atmosphäre beim Treffen kritische Fragen verhindert oder erschwert.
  • Achten Sie darauf, ob die Mitglieder der Gruppe sich Ihnen gegenüber auffällig freundlich bis freundschaftlich verhalten ("love bombing").
  • Achten Sie darauf, ob die Gruppe Begriffe bewusst umdefiniert. Achten Sie auch darauf, ob die Gruppe Slogans und Sprüche derart verwendet, dass damit kritisches Nachfragen abgestoppt wird. Je stärker dies passiert, desto größer das Risiko, dass es sich um eine sektenartige Gruppierung handelt. Allerdings vermeiden einige Sekten Neulingen gegenüber bewusst, ihren speziellen Jargon zu verwenden.
  • Manche Sekten schenken einem zunächst etwas oder bieten es einem für eine sehr geringe Spende an, z. B. ein kostenloses Training, ein Abendessen, ein Kochbuch usw. Hierdurch soll sich der Interessent dankbar und verpflichtet fühlen, Zeit für die Gruppe aufzubringen oder sich sonstwie zu revanchieren. Lassen Sie sich nicht dazu drängen. Falls Sie sich revanchieren möchten, können Sie der Gruppe ja z. B. eine angemessene, anonyme Spende für die Kaffeekasse dalassen.
  • Achten Sie darauf, ob die Gruppe Ihnen einreden oder indirekt klarmachen möchte, dass Sie Ihrer eigenen Wahrnehmung und Einschätzung misstrauen oder Ihr Bauchgefühl beiseite schieben sollen. Machen Sie sich solche Hinweise nach dem Treffen bewusst und ignorieren sie diese, wenn Sie kritisch über das Treffen nachdenken.
  • Nehmen Sie ggf. Broschüren und Flyer mit nach Hause. Schauen Sie sich diese in den nächsten Tagen in aller Ruhe, zeigen sie sie kritischen Vertrauenspersonen und/oder nehmen Sie Kontakt zu einer Sektenberatungsstelle auf. Bedenken Sie dabei, dass es sich bei diesem Werbematerial um Selbstdarstellungen handelt.
  • Lassen Sie auf jeden Fall einige Tage vor der nächsten Kontaktaufnahme mit der Gruppe oder mit einem einzelnen Mitglied verstreichen, egal wie sehr Sie gedrängelt werden. Bei Sekten finden Sie oft eine sehr verführerische, mitreißende Stimmung, begeisterte Mitglieder oder ein neues Weltbild vor. Mit etwas zeitlichem Abstand wird es Ihnen leichter fallen, Ihre Eindrücke von dem Abend zu sortieren und das, was Ihnen dort aufgefallen ist, zu analysieren. Falls Sie unter Zeitdruck gebracht bzw. gedrängt werden, sich zeitlich stark einspannen zu lassen, also z. B. in kurzer Zeit auf viele weitere Veranstaltungen zu gehen, bei etwas mitzuhelfen oder ein baldiges Wochenend-Seminar zu besuchen, lassen Sie sich nicht darauf ein.

Wie funktioniert Gedankenkontrolle? (Mind Control, "Gehirnwäsche")

Denken und Persönlichkeit der Mitglieder werden in einer Sekte gezielt umgeformt. Dieser Prozess wird als Mind Control, Gedankenkontrolle, Bewusstseinskontrolle usw. bezeichnet. Umgangssprachlich wird hierfür auch der Begriff "Gehirnwäsche" verwendet, unter "Gehirnwäsche" (brain washing) ist jedoch eigentlich eine Extremform der Manipulation zu verstehen, nämlich Freiheitsberaubung von politischen oder militärischen Gegnern und deren Indoktrination, bis ihr Wille gebrochen ist.

Beim Mind Control soll zunächst das Selbstbewusstsein und der Wille des neuen Mitglieds geschwächt bis gebrochen und seine Kritikfähigkeit herabgesetzt. Daraufhin werden seine Persönlichkeit und sein Weltbild im Sinne der Sekte neu gestaltet. Sein Selbstbewusstsein wird dann entweder konsequent gering gehalten oder davon abhängig gemacht, wie stark er der Linie der Sekte folgt, wo er in der Sektenhierarchie steht, wie lange er schon Mitglied ist oder wieviele Neumitglieder er rekrutiert hat. Manchmal wird das Selbstbewusstsein sogar gleichzeitig (!) niedergedrückt und stark erhöht (Ich bin ein böser sündiger Mensch / ich bin ein ganz besonderer, erretteter Mensch). Oftmals wird dem Mitglied mehr oder weniger zugesichert, dass er zu einem der wenigen Erretteten oder zu einer Art Übermensch wird, dass dieser Prozess die Voraussetzung für seine Errettung ist und dass es hierzu keine Alternativen gibt. Oft haben Sekten eigene, positiv besetzte Begriffe und Redensarten für diesen Prozess der Umgestaltung der Persönlichkeit. Dies spiegelt sich auch in direkten oder indirekten Botschaften der Sekte wieder, z. B.

  • so wie du bist, bist du verkehrt/kaputt/schlecht/dem Untergang geweiht
  • dein Stolz, Widerstand oder Zweifel muss gebrochen bzw. überwunden werden
  • du verstehst den Sinn unseres Programms noch nicht, weil du (spirituell) noch nicht soweit bist
  • bei uns wirst du neu geboren/ein völlig neuer Mensch werden
  • du wirst dich völlig verändern

Damit die Methode funktioniert, werden die Mitglieder soweit wie möglich unter den Einfluss der Sekte gebracht und von der Außenwelt abgeschottet. In Sekten werden alle möglichen Formen der Propaganda und psychischen Beeinflussung genutzt, um das Denken und Handeln von Personen im Sinne der Sektenideologie zu manipulieren. Dazu wird die individuelle Freiheit, vor allem die freie Meinungsbildung systematisch ausgeschaltet. Als Methoden der Indoktrination sind erkennbar:

  • Isolierung und Verhinderung selbständiger Beziehungsaufnahmen, Informationsbeschaffung oder Aktivitäten;
  • Verteufelung bisheriger Überzeugungen und Hoffnungen, die für die bisherige ethische Grundhaltung maßgeblich waren;
  • gezielt eingesetzte gruppendynamische Prozesse wie: gelenkte Gruppendiskussion, Aufforderung zu Selbstbekenntnissen, einseitige Kritik und Selbstkritik, Belohnung und Bestrafung, Mobilisierung von Angst- und Schuldgefühlen;
  • systematische Destabilisierung der psychischen Kräfte durch körperliche Beeinträchtigungen (Fasten/Hungern, Schlafentzug, Zermürbung/Stress durch ununterbrochene Anspannung beispielsweise durch Dauerdiskussion oder Hinhalten in Ungewissheit)
  • Anwendung von Lerntechniken und Trainingsmethoden, die an „Programmierung" und Dressur erinnern;
  • Sprachmanipulation;
  • Stimulierung und Aufforderung zu euphorischer Annahme und Idealisierung der neuen Bewusstseinsinhalte und religiösen oder ideologischen Ziele;
  • besondere Belohnung eifriger Bemühungen im Sinne der indoktrinierten Vorgaben.

Im weiteren Artikel werden einzelne Merkmale der Gedankenkontrolle im Detail beschrieben.

Versprechungen

Versprechungen zur Gewinnung neuer Mitglieder

Eine Sekte verspricht, die Welt bzw. den Einzelnen erlösen zu können bzw. zu verändern oder einfach auf den richtigen Weg zu bringen. Diese entsprechende Veränderung sei nur innerhalb der Sekte oder durch Befolgung ihres Programms zu erreichen. Mit diesen Versprechungen gewinnt sie neue Mitglieder und hält die bisherigen bei der Stange. Die Werbetaktik reicht vom liebevollen Umwerben ("Love-Bombing") über engagierte Überzeugungsarbeit für großartige Weltverbesserungs- oder Rettungspläne bis hin zu einschüchternden Warnungen vor irdischen oder kosmischen Katastrophen oder ewiger Verdammnis. Versprochen werden Rundumlösungen im Sinne eines rettenden Rezepts. Es wird die Lösung für alle Fragen und persönlichen Probleme angeboten. Es geht darum, ein unglaubliches Ziel zu erreichen oder ein schreckliches Menschheitsdrama zu überleben. Dem Einzelnen wird oft versprochen, dass er als Mitglied dieser Sekte den Weltuntergang heil überstehen werde, sofern er sich den Regeln dieser Sekte unterwirft. Es werden Sehnsüchte angesprochen und andererseits Ängste mobilisiert, auf die dann mit passenden Versprechungen reagiert wird. Idealistisch klingende, utopische und wunderartige Lösungen werden aufgezeigt. Die Sekte behauptet, dass sie als einzige die totale Errettung bzw. Erlösung für eine absehbare Zukunft noch in diesem Leben oder nach dem Tod bieten kann.

Bekehrung zu einem vollständig anderem Leben

Die Gemeinschaft verspricht, dass mit ihrer Hilfe jeder ein anderer, vollkommener Mensch werden kann. Die Gruppe scheint etwas anzubieten, was sonst noch nirgends zu finden war. Dies kann die Erlösung oder Errettung der Welt, die Schaffung einer humanen Gesellschaft, der Sieg über Elend, Unterdrückung, Krankheit und Verzweiflung, der Sieg über das Böse oder den angeblichen Hauptfeind sein, oder es geht ganz irdisch um den traumhaften persönlichen, beruflichen und geschäftlichen Erfolg.

Als Voraussetzung dafür, dass sich das Leben des Mitglieds wie versprochen grundsätzlich neu gestaltet, wird allerdings eine totale Umkehr oder Bekehrung (Konversion) gefordert. Die von der Sekte vorgeschriebene neue Lebensweise ist angeblich für die Erfüllung ihrer großartigen Versprechungen unverzichtbar. Um den entscheidenden "Durchbruch" zur "eigentlichen" Persönlichkeit zu erreichen, müssen durch wesentliche Verhaltens- und Einstellungsänderungen angebliche Blockaden im Gehirn oder gegenüber den anderen Menschen oder gar im Zusammenhang mit einem "transpersonalen" geistigen Universum beseitigt werden.

Das Versprechen der Gruppierung, dass sich das Leben des Neulings und seine Persönlichkeit in einem umfassenden Sinn zum Positiven hin verändern soll, wird von dem gemeinsamen Glauben daran in der Gemeinschaft getragen. Die Anhänger lassen sich von der Euphorie der anderen Mitglieder anstecken. Außenstehenden stellt sich dieses von Hoffnung getragene neue Leben als "euphorische Phase" dar. In dieser begeisterten Stimmung will das neue Mitglied nicht über seine Perspektiven reden und sich schon gar nicht den kritischen Fragen von Außenstehenden stellen. Das Engagement für die Gemeinschaft fordert den Neuling als ganzen Menschen. Er will sich im Sinne der Gemeinschaft ändern bzw. weiter entwickeln und damit seinem Leben vermeintlich einen wirklichen Sinn geben, glücklicher und heil werden, eine höhere Moral als die "Durchschnittsmenschen" erreichen oder auch Teil haben an der endgültigen gesellschaftlichen oder gar kosmischen, universalen und endzeitlichen (Er-)Lösung.

Schaffung von Elitebewusstsein

Die Gemeinschaft wirbt damit, dass ausschließlich sie für die Erfüllung der Wünsche der Geworbenen garantieren kann. Nur durch sie könne ein Suchender ein erfolgreicher Mensch werden oder das erstrebte Heil erlangen. Kein anderer Anbieter sei dazu wirklich in der Lage. In weniger extremen Fällen akzeptiert eine Gemeinschaft allerdings auch die Konkurrenz anderer Anbieter mit ähnlichem oder identischem Programm bzw. Philosophie.

Der in der Gemeinschaft gepflegte, betont freundschaftliche und liebevolle Umgang wird als klarer Beweis dafür gesehen, dass hier so etwas wie die "rettende" oder "wahre Familie" gefunden werden könne. Gerade wer in einer persönlichen Krise steckt, wird anfällig sein für die angebotene, intensive zwischenmenschliche Wärme. Entsprechend kann sich der, der sich in der Gruppe "fallen lässt", leicht davon überzeugen, dass er die Gemeinschaft braucht. Dieser Umgang ist oftmals nur oberflächlicher Natur.

Auch erste — vielleicht nur zufällige oder eingebildete - spirituelle Erlebnisse, gesundheitliche Besserungen, geistige Erkenntnisse oder spontane Harmonie- beziehungsweise "Befreitheits"-Gefühle werden als Beweis gedeutet für die Erklärung der Gemeinschaft, dass gerade diese Gemeinschaft den Schlüssel für das ersehnte Weiterkommen besitze.

Einfache Erklärungen

Die meisten Sekten nutzen die persönliche Suche vieler Menschen nach Orientierung und Werten. Die von traditionellen Religionen, der Wissenschaft oder anderen gegebenen Antworten wirken für viele zu widersprüchlich, kompliziert und unbefriedigend oder gar unmenschlich. Dagegen üben einfache Erklärungen, die eine sehr eindeutige Trennung zwischen Richtig und Falsch oder Gut und Böse zu Grunde legen und komplizierte Zusammenhänge negieren, eine große Anziehungskraft aus. Problematische Gruppen und Anbieter wissen um diesen Orientierungsbedarf und stimmen ihr Angebot gezielt darauf ab: Es werden einfache, leicht nachvollziehbare Erklärungen gegeben und Wege beschrieben, wie man genau das, was man möchte, angeblich auf ganz sichere Weise erreichen kann.

Ansprechen des Neugierverhaltens des Menschen

Viele Sekten sprechen das natürliche Neugierverhalten der meisten Menschen an. Bereits durch die Versprechungen der Anwerber, dass man durch die Gruppe, ihre Lehre und ihre Methoden ungeahnte und erstrebenswerte persönliche und gesellschaftliche Ziele erreichen kann, geht von der Gruppierung eine besondere Anziehungskraft aus. Verstärkt wird diese oftmals durch geheimnisvolle Aussagen über außergewöhnliche Erfahrungen, die man nur in dieser Gruppe machen kann und welche auch nicht rational oder wissenschaftlich erklärbar sind.

Begibt sich eine interessierte Person zum ersten Mal zu einer Veranstaltung einer Sekte, wird dort alles versucht, diese für eine Mitgliedschaft zu gewinnen. In vielen Gruppierungen gibt es aus diesem Grund ganz bestimmte Regeln, wie mit "Neuen" umgegangen werden muss, um sie an die Gruppe zu binden. Oft finden ganz bestimmte Veranstaltungen nur für Interessierte statt. Häufig tritt dabei die Führungspersönlichkeit oder ein Führungsmitglied der Gruppe auf, die eine besondere Ausstrahlung hat und die Überzeugung vermittelt, über geheimnisvolles Wissen zu verfügen, erleuchtet oder auserwählt zu sein. Kritische Gedanken bezüglich der Gruppe, ihrer Ideologie oder gar gegenüber ihrer Führungspersönlichkeit existieren nicht. Diese Harmonie innerhalb der Gruppe trägt ebenfalls zur Anziehungskraft der Gruppe bei.

Sehr anziehend wirken auf viele Interessierte auch die außergewöhnlichen Methoden und Erlebnisse, die oft schon beim ersten Besuch einer Gruppenveranstaltung vorgetragen werden. Das können z.B. "Wunderheilungen", Berichte über ungeahnte Fähigkeiten der Führungspersönlichkeit, ungewöhnliche Meditationen, extatische Gruppenerlebnisse oder ähnliches sein. Zur Anziehungskraft der Gruppe trägt in vielen Fällen auch das Elitebewusstsein der Gruppe bei.

Manche Gruppen halten bestimmte Informationen oder Wissen zurück bzw. stellen sie Interessenten und neuen Mitgliedern nur häppchenweise zur Verfügung. Bitten um weitere Informationen werden verweigert, etwa mit dem Hinweis, man "sei noch nicht soweit", um es zu verstehen. Einige Sekten haben dazu sogar klare "Erleuchtungsstufen" entwickelt, in denen man aufsteigen kann. Auch dies spricht die natürliche Neugierde an, sowie den Wunsch nach Aufstieg in der Hierarchie der Gruppe.

Gruppenstruktur

Vorspielung einer freundlichen Gruppenatmosphäre

Viele Sekten machen sich das Bedürfnis einer Person nach Verständnis, Zuwendung und Nähe zu Nutze, wenn sie neue Mitglieder oder Anhänger werben. Die Gruppenmitglieder werden daher darin geschult, auf eine persönlich ansprechende Weise mit potentiellen Interessenten umzugehen. Nicht selten werden gezielt gegengeschlechtliche Werber eingesetzt, um vermutete Beziehungswünsche bzw. Partnersuche als emotionalen Zugang zu nutzen. Bis die wirklichen Motive der Gruppe deutlich werden, sind die „Neuen" jedoch oft schon so in die Gruppenstruktur verwoben, dass sie mehr Aufwand zum Ausstieg benötigen als in der Anfangsphase.

Die anfängliche ständige Begleitung durch mindestens ein Gruppenmitglied verfolgt das Ziel, dass Interessenten nicht die Möglichkeit erhalten sollen, sich kritisch mit anderen (neuen) Anhängern auseinander zu setzen oder mit Personen zu sprechen, die der Gruppierung skeptisch gegenüberstehen. Andere Meinungen sind in konfliktträchtigen Gruppierungen grundsätzlich nicht erwünscht und stellen vor allem in der Anwerbungsphase ein Risiko für den Anwerberfolg dar. Angeworbene sollen erst gar nicht auf die Idee kommen, dass eine gezielte Strategie hinter dem überaus wohlwollenden und freundschaftlichen Verhalten stecken könnte.

Starker Gruppenzusammenhalt

Außenstehenden soll der Eindruck vermittelt werden, dass es innerhalb der Gruppe die perfekte Harmonie und einen starken Zusammenhalt gibt. Dieser enge Gruppenzusammenhalt wird durch die besondere Ideologie der Gruppe, durch spezielle, oft sehr rigide Regeln innerhalb der Gruppe und durch die Distanz zur Außenwelt erreicht. Die in den Gruppen oftmals vermittelte Ideologie des nahen Endes oder einer sonstigen Bedrohung der weltlichen Existenz erzeugt Angst, aber die Gruppe bietet angeblich Wege, um dieser Bedrohung zu entkommen. Somit wird ebenfalls eine engere Bindung an die Gruppe erreicht.

Zunehmend enge Beziehungen innerhalb der Gruppe führen gleichzeitig zu einer ausgeprägten Abhängigkeit von der Gruppe. Dagegen wird der Kontakt zu anderen Menschen, die nicht Mitglied der Gruppe sind meist bewusst deutlich reduziert oder gar ganz abgebrochen, vor allem, wenn kritische Äußerungen zu befürchten sind. Mitglieder werden außerdem zeitlich stark eingespannt, um für die Gruppe zu arbeiten oder zu werben, so dass für Kontakte nach außen zunehmends weniger Zeit übrigbleibt.

Innerhalb einiger Gruppierungen werden gezielt Wohngemeinschaften gebildet, um möglichst nur noch mit Mitgliedern der Gruppe zusammen zu sein. Wird auch noch die berufliche Tätigkeit zu Gunsten der Gruppe aufgegeben oder zu einem Betrieb verlagert, der zur Gruppe gehört oder ihr nahesteht, verbringt man seine Zeit rund um die Uhr nur noch mit Gruppenangehörigen. Denkanstöße von Außen kommen auf diese Weise nicht mehr an die Einzelnen heran.

Durch das enge Zusammenleben sind aber auch die gegenseitigen Kontrollmöglichkeiten besonders hoch. Kleinste Regelverstöße können von den anderen Gruppenmitgliedern bemerkt und sanktioniert werden. Manche Gemeinschaften nutzen dies im Sinne eines ausgeklügelten Spitzel- und Führungssystems.

Besondere Sprache

Innerhalb vieler Sekten ist es üblich, neue Sprachelemente einzuführen, gänzlich neue Begriffe (Neologismen) zu schaffen, bestimmte Begriffe mit ungewöhnlichem Bedeutungsgehalt zu belegen oder bekannte Begriffe positiver oder negativer zu belegen als in der allgemeinen Sprache, oftmals auf ein undifferenziertes Schwarz-Weiß-Denken hin. Ein weiteres Merkmal für sektentypische Sprachverwendung sind Slogans und Sprüche, mit denen kritisches Denken gestoppt werden soll oder die widersprüchlich oder völlig unlogisch sind ("Wir sind spirituell, nicht religiös" / "Denk nicht nach, denn dein Denken ist es, was dich in Not gebracht hat", "Du hast die freie Wahl. Wenn du dich falsch entscheidest, bist du verloren" usw.).

Diese Vorgehensweise dient dazu, die Besonderheit der Gruppe herauszustellen und die Abgrenzung gegenüber Nichtmitgliedern besonders zu unterstreichen. Auf diese Weise wird der Gruppenzusammenhalt erhöht. Außerdem wird dadurch die Gedankenkontrolle und Manipulation der Mitglieder erheblich vereinfacht und ihr kritisches Denken unterbunden.

Zusätzlich erschwert die besondere Sprache die Auseinandersetzung Außenstehender oder Kritiker mit der Lehre der Gruppe. Weiterhin soll diese Sprache auch die Besonderheit und Exklusivität der Gruppe und jedes einzelnen Mitgliedes der Gruppe unterstreichen. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Manipulation der Sprache findet sich bei der Sekte Scientology, die sogar eigene "Scientologisch-Deutsch"-Wörterbücher herausbringt.

Manche, vor allem fernöstlich geprägte Gruppierungen geben vollwertigen Mitgliedern zur Unterstreichung ihrer neuen Identität einen neuen Namen mit spiritueller Bedeutung.

Elitebewusstsein

In nahezu jeder Sekte wird den Gruppenmitgliedern vermittelt, etwas Besonderes zu sein. Die Mitgliedschaft zur Sekte bedeutet Errettung, Erlösung, Erleuchtung oder ein besonderes Wissen bzw. die Kenntnis der Wahrheit schlechthin. Nichtmitglieder oder Kritiker sind im Gegensatz dazu unwissend, verblendet oder von bösen Mächten besessen. Den Gruppenmitgliedern wird die Gewissheit vermittelt, nur sie können die Welt oder die Menschheit vor dem nahen Untergang retten oder in ein neues Zeitalter führen.

Methoden

Kenntnis der richtigen Methoden

Die Gruppierung bzw. deren Anführer behaupten oft, durch göttliche Eingebung, eigene Studien oder Selbsterfahrung die einzig richtigen Methoden zu kennen und anzuwenden, die jedem auf seinem Weg weiterhelfen werden, ihn zur Erlösung führen werden, Krankheiten heilen können oder zu besonderen Fähigkeiten verhelfen können. Oftmals wird auch behauptet, wissenschaftliche Belege für deren Wirksamkeit zu haben, was einer fundierten Überprüfung jedoch meist nicht standhält. Weitaus häufiger wird allerdings schon im Vorfeld argumentiert, dass solche Phänomene durch die herkömmliche Wissenschaft nicht erklärbar sind und auch niemals sein werden, weil sie ihren Ursprung auf einer anderen (spirituellen) Ebene haben.

Besonders häufig werden die Rahmenbedingungen des Zusammenlebens, der Treffen oder der Seminare so gestaltet, dass die Mitglieder sehr wenig Freizeit haben. Hinzu kommen oft bestimmte Rituale, die zur körperlichen Erschöpfung führen oder auf andere Art eine Schwächung der Kritikfähigkeit bewirken.

Körperliche und psychische Erschöpfungszustände in Verbindung mit starken Gruppenerlebnissen können ungewöhnliche körperliche und psychische Empfindungen auslösen. Häufig wird von sensorischen Empfindungen berichtet, wie etwa dem Sehen von Lichtpunkten oder dem Hören hoher Töne. Von der Gruppe werden solche Erlebnisse in ihrem Sinne z.B. als göttliche Botschaft, ein spirituelles Zeichen oder als erstes Anzeichen der Heilung einer Erkrankung gedeutet.

Zeitliche Bindung

Von vielen Gruppen wird eine vollständige Hinwendung zur Gruppe verlangt. Begründet wird dies oft damit, dass nur dann eine Heilung, Erlösung oder die Erreichung persönlicher Ziele erreicht werden kann, wenn eine Abgrenzung von schädlichen Einflüssen von außen erfolgt. Daher soll das Mitglied möglichst viel Zeit in der Sekte verbringen. Dies führt in manchen Fällen dazu, dass die berufliche Tätigkeit aufgegeben werden soll, um sich stattdessen ganz den Aufgaben der Organisation zu widmen. Damit begibt sich der Einzelne zusätzlich in eine wirtschaftliche Abhängigkeit, die ihn langfristig an die Gruppe bindet und einen Ausstieg noch schwieriger macht.

Kontaktabbruch zu möglichen Kritikern

Der absolute Wahrheitsanspruch einer Sekte führt automatisch zu der Überzeugung, dass alle anderen nicht über die „Wahrheit" verfügen. Sämtliche kritische Äußerungen gegenüber der Gruppe können folglich nicht richtig sein und werden als Beweis für die Unwissenheit oder sogar Bösartigkeit der Kritiker gedeutet. Um den Einfluss von Kritikern auf die Gruppenmitglieder möglichst gering zu halten, wird oft ein Kontaktabbruch verlangt. Das Ziel dieser Maßnahme ist die Abschirmung der Mitglieder vom freien Informationsaustausch und somit die engere Bindung an die Sekte.

Regeln und Rituale

In der Sekte gelten besondere Regeln, die streng einzuhalten sind. Beispiele sind: Nahrungstabus (z.B. Veganismus) oder Vermeidung von Arztbesuchen bei Krankheiten. Leitungspersonen kontrollieren lebenswichtige Entscheidungen im Sinne der Lehre oder bestimmen sogar die Partner füreinander. Die Kindererziehung muss strengen Regeln folgen oder wird von anderen Mitgliedern übernommen. Selbst intime Dinge, wie die Sexualität, sind reglementiert. Es gilt die typische Regel, möglichst wenig Kontakt nach außen zu haben. Auffällig ist, dass die Regeln nicht wirklich begründet werden. Dafür werden sie aber um so stärker durch besondere rituelle Zeremonien, symbolische Handlungen und andere religiöse oder quasi-religiöse Gebräuche untermauert. Es gibt besondere Aufnahmerituale (Taufzeremonie, Initiation u.ä.), Reinigungsriten (Exorzismus, Sühne- und Bußübungen, Waschungen u.ä.), Zeremonien zur Betonung eines sakralen Hintergrundes, zentraler Lehrinhalte und Regeln (z.B. Einmaligkeit einer besonderen Offenbarung und Verkündung entsprechender Gebote und Verbote), Feiern zur Verehrung von Gottheiten, des Gurus oder einer allumfassenden Idee usw.

Führungspersönlichkeit

Die Sekte wird von einem selbsternannten, meist charismatischen Führer, Guru, Meister, Medium oder Therapeuten geleitet, der übermenschliche Fähigkeiten zu haben vorgibt und von dem alles - zumindest in der Gruppe — abhängt. Die Autorität des Gurus ist endgültig, allumfassend und nicht zu hinterfragen.

Ist der Guru bereits verstorben, wird er, seine Lehre und seine Organisation idealisiert, glorifiziert und verehrt. Seine Schriften gelten dann als heilig, müssen von den Mitgliedern gelesen oder gelernt werden und gelten als Grundlage der „Lehre“. (z.B. die Schriften von Rudolf Steiner (Anthroposophie) und L. Ron Hubbard (Scientology)).

Umgang mit Kritik und Kritikern

Wer an der „Offenbarung", Wahrheit, Lehre einer Sekte zweifelt oder Kritik übt, muss bekämpft, ausgegrenzt oder abgewertet werden. Externe Kritiker gelten als Instrumente der bösen Welt oder feindlichen Macht, die unerleuchtet, unwissend und dem alten System verfallen sind. Sie werden zum Feind erklärt (bei Scientology als supressive Person bezeichnet), verteufelt, diffamiert oder in gerichtlichen Verfahren angegangen. Andererseits werden für die Sekte nachteilige Gerichtsentscheidungen angefochten, im Sinn der Organisation konträr ausgelegt oder notfalls totgeschwiegen.

Die Organisationsstrukturen von Sekten zielen auf Kritikabwehr. Die Strukturen sind deshalb nicht transparent sondern funktionieren verdeckt. Je nach Rang in der Gruppenhierarchie besteht ein Informationsgefälle.

Ausstieg

Viele Sektenmitglieder steigen nach einigen Wochen bis Jahrzehnten aus einer Sekte aus. Oft geht diesem Entschluss eine Phase des Zweifelns voraus. Die Gründe für den Ausstieg können vielfältig sein: der Druck, den die Sekte auf das Mitglied ausgeübt hat, ist unerträglich geworden, ihre Doppelmoral wurde für das Mitglied zu offensichtlich, die Versprechungen der Gruppe sind nicht eingetroffen usw.

Der Ausstieg aus einer Sekte gestaltet sich oftmals aus verschiedenen Gründen schwierig. Freundschaften und Familienmitglieder müssen aufgegeben werden. Hinzu kommen Scham und Schuldgefühle, Isolation, Angst vor den Drohungen der Sekte usw.[6]

Auch die Zeit nach dem Ausstieg ist schwierig. Die klaren Strukturen und Orientierung, die durch die Sekte gegeben wurden, sind weggefallen. Die finanzielle Situation ist häufig verheerend. Die Arbeitsstelle ist weggefallen, falls sie sich im Sektenumfeld befand. Neue Kontakte müssen erst aufgebaut werden, die Verhaltensregeln, Sondersprache usw. der Sekte funktionieren im Alltag oft nicht. Die durch die Sekte künstlich herbeigerufenen Persönlichkeitsänderungen und Denkautomatismen lassen sich zwar im Laufe der Zeit mehr oder weniger wieder rückgängig machen, in der Übergangsphase sind Aussteiger jedoch oftmals labil und riskieren, in die nächste Sekte zu geraten, besonders wenn sektenartige Strukturen für sie lange Zeit zur Normalität gehörten. Gerade im Bereich der Sektenausstiegs-Angebote finden sich immer wieder Fälle, wo Sekten oder sektenähnliche Gruppen Aussteiger anwerben.


Umgang der Sekte mit Aussteigern und Ex-Mitgliedern

Aussteiger werden in der Regel von der Gruppe gemieden, mit Rückgewinnungsversuchen belästigt, schikaniert oder sogar verfolgt. Mitglieder, die zu Aussteigern noch Kontakte haben, werden dafür bestraft oder zur Rechenschaft gezogen, selbst wenn die Aussteiger Familienangehörige oder Partner sind. Dies verstärkt den Druck auf Mitglieder, die auch Familienangehörige in der Sekte haben, bei der Sekte zu bleiben.

Weblinks

Definition von "Sekte":

Sekten-Checklisten:

Informationen zu vielen einzelnen Sekten finden sich in diesen Webseiten:

Informationen für Aussteiger und Angehörige:

Quellennachweise