Rorschachtest: Unterschied zwischen den Versionen

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Anwender behaupten zwar, die Auswertung durch Fachleute sei sicher und zuverlässig. Diese Einschätzung wird durch wissenschaftliche Untersuchungen nur unzureichend gestützt. Das Problem der mangelnden Reliabilität und Validität ist, wie auch bei anderen projektiven Verfahren, noch nicht gelöst, da die Vielzahl der Kombinationen und die dadurch individuell stets variierenden Deutungen der Testfaktoren nicht quantifizierbar sind.  
 
Anwender behaupten zwar, die Auswertung durch Fachleute sei sicher und zuverlässig. Diese Einschätzung wird durch wissenschaftliche Untersuchungen nur unzureichend gestützt. Das Problem der mangelnden Reliabilität und Validität ist, wie auch bei anderen projektiven Verfahren, noch nicht gelöst, da die Vielzahl der Kombinationen und die dadurch individuell stets variierenden Deutungen der Testfaktoren nicht quantifizierbar sind.  
  
Beim Vergleich der normativen Daten des nordamerikanischen Systems mit europäischen oder südamerikanischen Testpersonen haben sich teils Unterschiede bei wichtigen Variablen ergeben, während z. B. die durchschnittliche Anzahl der Antworten gleich ist. So gibt es bei Europäern häufiger Antworten, bei denen man eine Schizophrenie vermuten könnte, wenn man sie nach den nordamerikanischen Normen korreliert. Die Unterschiede bei der Deutung der Formen sind kulturell bedingt. Die Unterschiede bei der Qualität der Formen ist ausschließlich kulturell bedingt. So erkennen Franzosen auf Karte 8 ein Chamäleon, was normalerweise als ungewöhnliche Antwort gewertet wird, in Skandinavien werden für Tafel 2 Weihnachts-Elfen (nisser) genannt und Japaner erkennen auf Tafel 4 ein Musikinstrument.<ref>Irving B. Weiner: Principles of Rorschach interpretation. L. Erlbaum Associates, Mahwah, N. J. 2003, ISBN 9780805842326, S. 53.
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Beim Vergleich der normativen Daten des nordamerikanischen Systems mit europäischen oder südamerikanischen Testpersonen haben sich teils Unterschiede bei wichtigen Variablen ergeben, während z. B. die durchschnittliche Anzahl der Antworten gleich ist. So gibt es bei Europäern häufiger Antworten, bei denen man eine Schizophrenie vermuten könnte, wenn man sie nach den nordamerikanischen Normen korreliert. Die Unterschiede bei der Deutung der Formen sind kulturell bedingt und von den Vorkenntnissen der Versuchsperson abhängig. Die Unterschiede bei der Qualität der Formen ist ausschließlich kulturell bedingt. So erkennen Franzosen auf Karte 8 ein Chamäleon, was normalerweise als ungewöhnliche Antwort gewertet wird, in Skandinavien werden für Tafel 2 Weihnachts-Elfen (nisser) genannt und Japaner erkennen auf Tafel 4 ein Musikinstrument.<ref>Irving B. Weiner: Principles of Rorschach interpretation. L. Erlbaum Associates, Mahwah, N. J. 2003, ISBN 9780805842326, S. 53.
 
</ref> Möglicherweise könnten anatomisch vorgebildete Menschen in Tafel 8 oder 9 den Querschnitt eines Gehirns sehen.
 
</ref> Möglicherweise könnten anatomisch vorgebildete Menschen in Tafel 8 oder 9 den Querschnitt eines Gehirns sehen.
  

Version vom 2. November 2010, 11:29 Uhr

Der Rorschachtest (Tintenkleckstest, eigentlich: Rorschach-Formdeuteversuch) ist ein psychodiagnostisches Testverfahren, für das der Schweizer Hermann Rorschach (1884–1922) eine eigene Persönlichkeitstheorie entwickelte und das später mit den Theorien der Psychoanalyse verbunden wurde. Es gehört zu den sogenannten projektiven Tests und wird angewendet, um die gesamte Persönlichkeit des getesteten Menschen zu erfassen.

Geschichte

Um 1911 begann Hermann Rorschach seines auf der Deutung von symmetrischen Klecksbildern beruhenden, projektiven Verfahrens zu entwickeln. Rorschach meinte, dass sich vorhandene Erinnerungsbilder vom Probanden an aktuelle Empfindungen geknüpft werden, ausgelöst durch die Vorlage des unstrukturierten Bild eines Tintenkleckses. Rorschach schloss, dass sich aus den Deutungen Rückschlüsse auf Persönlichkeitsstruktur eines Menschen ziehen lassen. Der Rorschachtest wurde 1921 veröffentlicht. Rorschach kam nach Entwicklung seines Formdeuteverfahrens in Kontakt mit der Psychoanalyse Sigmund Freuds, und so wurden in der Folge die Deutungen der Tintenkleckse als Ausdruck des Unbewussten gewertet. In den 1930er und 1940er Jahren fand der Test in Europa und in den Vereinigten Staaten weite Verbreitung.

Der Rorschachtest ist heute ein weitverbreitetes psychologisches Verfahren, das besonders bei klinischen Fragestellungen angewandt wird. Die Methoden der Auswertung des Tests sind allederdings unterschiedlich und umstritten.

Das Urheberrecht an den Tafeln ist inzwischen abgelaufen, so dass diese inzwischen zahlreich veröffentlicht wurden. Psychologen befürchten, dass damit, dass die Tafeln nunmehr der Allgemeinheit zur Verfügung stehen, den Test gefährden könne.[1]

Methodik

Tafeln mit gängigen Antworten

Der Test, von dem es gibt zahlreiche Versionen und Varianten gibt, besteht meist aus 10 Tafeln mit symmetrischen schwarzen und bunten Tintenklecksen, die in einer bestimmten Reihenfolge gezeigt werden. Dabei wird gefragt, was der Person beim Betrachten des jeweiligen Bildes als erstes in den Sinn kommt, wobei es keine "richtigen" oder "falschen" Antworten gibt. Nach diesen ersten Reaktionen bekommt die Testperson die Karten einzeln in die Hand, um sie eingehender zu betrachten. Dann befragt der Psychologe sie, auf welchen Teil des Kleckses sich diese Reaktion bezieht, wie sich die Person diese Reaktion erklärt sowie weitere Aspekte der Deutung. Während die Testperson die Tintenkleckse untersucht, notiert der Psychologe alle Äußerungen, die Handhabung der Karte sowie die Reaktionszeiten.

Bei der Auswertung des tests wird vor allem Wert auf folgende Aspekte gelegt:

  • die Inhalte dessen, was auf den Tafeln wahrgenommen wird
  • welche Teile der Tafeln die Person deutet (Lokalisierung),
  • auf welche Aspekte (Form, Farbe, Schattierung, Bewegung, Zwischenfiguren) der Tafel sich die Antwort bezieht (Determinanten)
  • die Häufigkeit, mit der ähnlich/gleiche Antworten bei vielen Testpersonen vorkommen (Originalität, Banalität)
  • über die reinen Deutungen hinaus beobachtbaren Phänomene wie Antwort- und Reaktionszeiten usw.

Kritik

Der Rorschachtest ist aus verschiedenen Gründen umstritten; die Tintenklecksbilder sind a priori bedeutungslos, daher kann die Interpretation der Formdeuteversuche auch durch den Psychologen und seine subjektiven Eindrücke und Vorurteile beeinflusst werden. Die Reliabilität und Validität sind weitestgehend ungeklärt. Der Formdeuteversuch kann im besten Fall Hinweise auf Aspekte der Persönlichkeit geben, im schlechtesten Fall schlicht zu falschen Ergebnissen führen.

Anwender behaupten zwar, die Auswertung durch Fachleute sei sicher und zuverlässig. Diese Einschätzung wird durch wissenschaftliche Untersuchungen nur unzureichend gestützt. Das Problem der mangelnden Reliabilität und Validität ist, wie auch bei anderen projektiven Verfahren, noch nicht gelöst, da die Vielzahl der Kombinationen und die dadurch individuell stets variierenden Deutungen der Testfaktoren nicht quantifizierbar sind.

Beim Vergleich der normativen Daten des nordamerikanischen Systems mit europäischen oder südamerikanischen Testpersonen haben sich teils Unterschiede bei wichtigen Variablen ergeben, während z. B. die durchschnittliche Anzahl der Antworten gleich ist. So gibt es bei Europäern häufiger Antworten, bei denen man eine Schizophrenie vermuten könnte, wenn man sie nach den nordamerikanischen Normen korreliert. Die Unterschiede bei der Deutung der Formen sind kulturell bedingt und von den Vorkenntnissen der Versuchsperson abhängig. Die Unterschiede bei der Qualität der Formen ist ausschließlich kulturell bedingt. So erkennen Franzosen auf Karte 8 ein Chamäleon, was normalerweise als ungewöhnliche Antwort gewertet wird, in Skandinavien werden für Tafel 2 Weihnachts-Elfen (nisser) genannt und Japaner erkennen auf Tafel 4 ein Musikinstrument.[2] Möglicherweise könnten anatomisch vorgebildete Menschen in Tafel 8 oder 9 den Querschnitt eines Gehirns sehen.

Insgesamt ist es nicht zulässig, nur aufgrund des Rorschachtests Aussagen zu treffen oder gar ein ganzes Gutachten anzufertigen.

Quellenverzeichnis

  1. Wikipedia gefährdet den Rorschachtest
  2. Irving B. Weiner: Principles of Rorschach interpretation. L. Erlbaum Associates, Mahwah, N. J. 2003, ISBN 9780805842326, S. 53.