Änderungen

67 Bytes hinzugefügt ,  09:00, 11. Jun. 2009
Zeile 24: Zeile 24:  
Melatonin wurde etwa ab den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts durch eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern und populärwissenschaftlichen Buchautoren auf schwacher Datenbasis und im Rahmen von Hypothesen eine Reihe von Wunderwirkungen unterstellt, die von der amerikanischen Nahrungsergänzungsmittelindustrie sofort aufgegriffen wurden um Melatonin in Tablettenform anzubieten. Anfangs war Melatonin aus Rindern im Angebot, aus Sicherheitsgründen sind aber mittlerweile nur synthetisch hergestellte Melatoninpräparate im Handel.
 
Melatonin wurde etwa ab den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts durch eine kleine Gruppe von Wissenschaftlern und populärwissenschaftlichen Buchautoren auf schwacher Datenbasis und im Rahmen von Hypothesen eine Reihe von Wunderwirkungen unterstellt, die von der amerikanischen Nahrungsergänzungsmittelindustrie sofort aufgegriffen wurden um Melatonin in Tablettenform anzubieten. Anfangs war Melatonin aus Rindern im Angebot, aus Sicherheitsgründen sind aber mittlerweile nur synthetisch hergestellte Melatoninpräparate im Handel.
   −
Die Urheber der Melatonin-Hype der neunziger Jahre, die heute noch in abgeschwächter Form zu beobachten ist, waren eigentlich drei Melatoninforscher aus Texas und der Schweiz: in den USA (San Antonio) veröffentlichte der Forscher Russell J. Reiter ein populärwissenschaftliches Buch zu Melatonin, in dem er auf die antioxidativen Wirkungen von Melatonin hinwies und über mögliche ''zellschützende'' und ''lebenszeitverlängernde'' Effekte von Melatonin spekulierte. Sein Buch wurde in kurzer Zeit zu einem Bestseller und das Thema wurde von einer Vielzahl von Laienautoren dies- und jeseits des Atlantik aufgegriffen und in immer aufbauschenderen Worten wiederholt. In der Schweiz machten die Forscher Maestroni und Walter Pierpaoli (im internen Jargon ''die Schweizer'') durch ähnliche Bestseller-Werke auf sich aufmerksam. Sie führten zudem Experimente an Versuchsratten durch, die zeigen sollten, daß Melatonin ein Hormon sei, daß das Altern steuere. In den Studien von Maestroni und Pierpaoli an Ratten wurden jedoch später schwerwiegende technische Mängel entdeckt, die verwendeten Inzucht-Ratten hatten einen Gendefekt, der zu einer nicht normalen Melatoninsekretion führte. Ausgangspunkt der Überlegungen zu einem möglichen lebenszeitverlängernden Effelt von Melatonin waren oder sind einerseits mögliche zellschützende Wirkungen von Melatonin, auf Basisi der Hypothese daß Alternveränderungen im Körper durch oxidativen Stress (als eine der sogenannten Abnutzungstheorien des Alters) hervorgerufen würden, und Melatonin als Antioxidanz hier eingreifen könne. Andererseits wurde unterstellt, daß die bekannten abnehmenden Melatoninspiegel im Alter vom Körper als eine Art Signal zum Umschwenken auf einen Alterungsprozess zu verstehen seien.
+
Die Urheber der Melatonin-Hype der neunziger Jahre, die heute noch in abgeschwächter Form zu beobachten ist, waren eigentlich drei Melatoninforscher aus Texas und der Schweiz: in den USA (San Antonio) veröffentlichte der Forscher Russell J. Reiter ein populärwissenschaftliches Buch zu Melatonin, in dem er auf die antioxidativen Wirkungen von Melatonin hinwies und über mögliche ''zellschützende'' und ''lebenszeitverlängernde'' Effekte von Melatonin spekulierte. Sein Buch wurde in kurzer Zeit zu einem Bestseller und das Thema wurde von einer Vielzahl von Laienautoren dies- und jeseits des Atlantik aufgegriffen und in immer aufbauschenderen Worten wiederholt. In der Schweiz machten die Forscher Maestroni und Walter Pierpaoli (im internen Jargon ''die Schweizer'') durch ähnliche Bestseller-Werke auf sich aufmerksam. Sie führten zudem Experimente an Versuchsratten durch, die zeigen sollten, daß Melatonin ein Hormon sei, daß das Altern steuere. In den Studien von Maestroni und Pierpaoli an Ratten wurden jedoch später schwerwiegende technische Mängel entdeckt, die verwendeten Inzucht-Ratten hatten einen Gendefekt, der zu einer nicht normalen Melatoninsekretion führte. Ausgangspunkt der Überlegungen zu einem möglichen lebenszeitverlängernden Effelt von Melatonin waren oder sind einerseits mögliche zellschützende Wirkungen von Melatonin, auf Basisi der Hypothese daß Alternveränderungen im Körper durch oxidativen Stress (als eine der sogenannten Abnutzungstheorien des Alters) hervorgerufen würden, und Melatonin als Antioxidanz hier eingreifen könne. Andererseits wurde unterstellt, daß die bekannten abnehmenden Melatoninspiegel im Alter vom Körper als eine Art Signal zum Umschwenken auf einen Alterungsprozess zu verstehen seien und die zusätzliche Einnahme von Melatonin hier eingreifen könne.
    
Der wissenschaftliche Nachweis, dass Melatonin tatsächlich das Altern verzögert, fehlt bislang, ebenso Langzeitstudien zu möglichen Nebenwirkungen. Melatonin müsste, um präventiv wirksam zu sein, in relativ hoher Dosierung eingenommen werden, was eine Störung circadianer Rhythmen zur Folge hätte, wenn dieses nicht regelmäßig jeden Tag zu einer bestimmten Zeit eingenommen würde. Die Behandlung müsste streng genommen bereits in der Kindheit einsetzen, was sich wegen der störenden Einflüsse des Melatonins auf die kindliche sexuelle Entwicklung verbietet.
 
Der wissenschaftliche Nachweis, dass Melatonin tatsächlich das Altern verzögert, fehlt bislang, ebenso Langzeitstudien zu möglichen Nebenwirkungen. Melatonin müsste, um präventiv wirksam zu sein, in relativ hoher Dosierung eingenommen werden, was eine Störung circadianer Rhythmen zur Folge hätte, wenn dieses nicht regelmäßig jeden Tag zu einer bestimmten Zeit eingenommen würde. Die Behandlung müsste streng genommen bereits in der Kindheit einsetzen, was sich wegen der störenden Einflüsse des Melatonins auf die kindliche sexuelle Entwicklung verbietet.
23.054

Bearbeitungen