G-Com

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Jubelartikel zu G-Com auf einer mobilfunkkritischen Truther-Webseite 2019
Bilder des Experiments 2001 in Bad Tölz (Bild: Esmog-Augsburg)

G-Com (auch Biotelefon oder Gravitations-Telefon) ist die Bezeichnung für ein typisches Betrugsprodukt in Anlehnung an das pseudowissenschaftliche Global Scaling nach Hartmut Müller. Eine behauptete G-Com - Technologie soll es möglich machen über so genannte "stehende Gravitationswellen" über grosse Entfernungen drahtlos telefonieren zu können, ohne gleichzeitig elektromagnetische Felder zu nutzen. Auch sei die Technik dazu geeignet Daten drahtlos zu übermitteln, und zwar auf eine abhörsichere Weise. An der Erfindung sei auch Microsoft beteiligt gewesen, wurde in der Werbung wahrheitswidrig behauptet.

Das G-Com wurde nie unabhängig geprüft. Produkte nach dem behaupteten Funktionsprinzip sind nie erhältlich gewesen. Die Erfindung entpuppte sich als eine Art "Masche" zum Auffinden gutgläubiger Anleger. Auch viele Jahre später, und nach Verurteilung von Hartmut Müller, lassen sich im Internet immer noch Jubelartikel und Werbung zum G-Com finden. Viele Blogs und Internetprojekte hatten jahrelang Werbung für Global Scaling und auch G-Com gemacht. Für Begeisterung sorgte Müller mit seinem G-Com in der Szene der Kritiker und Ablehner des Mobilfunks.[1] In der Presse[2] und von FINANZtest wurde vor G-Com und den vermarktenden Unternehmen und Personen gewarnt. Dennoch verloren mehrere gutgläubige Anleger ihr Geld.

Vorgestellt wurde das physikalisch unmögliche G-Com am 27. Oktober 2001 anlässlich der IT-Medientage im Landratsamt in Bad Tölz von Hartmut Müller. Er wurde dabei vom Ehlers Verlag im nahen Wolfratshausen unterstützt. Der Ehlers Verlag gibt das pseudowissenschaftliche Esoterikblatt Raum und Zeit heraus, welches massgeblich an der Verbreitung des Global Scaling und von G-Com beteiligt war. Es gab eine enge Zusammenarbeit zwischen Ehlers Verlag und Hartmut Müller und seinem Institut für Raum-Energie-Forschung i.m. Leonard Euler. Zeitweilig wurde Raum und Zeit von Hartmut Müller selbst herausgegeben, der 2011 wegen Anlagebetrug im Zusammenhang mit seiner Global-Scaling-Masche angeklagt war. Kurz vor der Verurteilung im Februar 2012 tauchte er unter. Er wurde vom Landgericht Dresden zu 4 Jahren und 5 Monaten Freiheitsentzug verurteilt und im Oktober 2012 in Brasilien festgenommen.

Behauptet wurde dass es dabei am 27. Oktober 2001 zu einem Telefongespräch von St. Petersburg (Russland) nach Bad Tölz gekommen sei. Diese wurde als "weltweit erste Sprachübertragung von St. Petersburg nach Bad Tölz über stehende Gravitationswellen" bezeichnet.

Behauptetes Prinzip

Nach Angaben aus der Werbung Anfang der 2000er Jahre sollte bei G-Com ein "einfaches physikalisches Prinzip" zur Anwendung kommen. Zur Anwendung kämen physikalisch unbekannte und auch unmögliche "global-scaling-identische Schwingungssysteme deren Eigenfrequenz in Knotenpunktnähe im logarithmischen Raum" liegen sollten. Zur Verbindung käme es über eine ominöse "Resonanzkopplung im logarithmischen Raum". Eine dabei erwähnte (aber nicht näher beschriebene) "Resonanzfrequenz" würde sprachmoduliert werden. Es war aber auch davon abweichend die Rede von physikalisch ebenfalls unbekannten "Stehenden Vakuumwellen", die ungehindert jedes Medium durchdringen könnten. Daher sei die G-Com Technologie auch nicht abschirmbar und eigne sich für Unterwasserkommunikation bzw. als Rettungssignalgeber für Tauchboote, Bergleute, aber auch für potenzielle Lawinenopfer. Zur Anwendung kämen in der Telekommunikation unbekannte "gravielektrische Energiewandler" (G-Elemente). Diese seien als Kettensilikate (Forsterit-Nanokristallen) zu verstehen mit speziellen piezoelektrischen Keramiken.

Nach dem Bad Tölzer Experiment 2001 ging es im Januar 2002 weiter mit einer angeblichen mehrtägigen Testübertragung eines "G-Com"-Gesprächs von Deutschland nach Australien. Am Dänischen Institut für Ökologische Technik DIFØT erfolgte am 19. März 2002 angeblich eine wireless Quanten-Teleportation von Kopenhagen nach Erfurt. 2004 behauptete Müller auch drahtlos über ein elektrosmogfreies "kosmisches Hintergrundfeld" telefonieren zu können. Im Februar 2004 veranstaltete Müller dazu eine öffentliche Vorführung, die aber nicht übezeugend wirkte. Zwei nebeneinander plazierte Notebooks zeigten auf ihren Bildschirmen zwar gleiche Zahlenfolgen, aber es blieb unklar ob dies an einer möglichen G-Com Verbindung lag.[3]

Vermarktung

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Warnung vor der GSDI in test - Finanztest im Jahr 2004
Zeitungsbericht über den Abschluss des GSDI-Prozesses[4]

G-Com (und andere fragwürdige Produkte) wurden von einer (nord-)zypriotischen Firma GSDI Cyprus Ltd. vermarktet. Zwar konnte man aus unbekannten Gründen keine G-Com Technik erwerbe, aber es wurden Anlegern unrealistisch hohe Renditen versprochen. Die GSDI Cyprus Ltd. aus Nord-Zypern[5] bot finanzielle Anlagen an, die sich auf utopische Global-Scaling-Behauptungen um die behauptete G-Com-Technik bezogen. Behauptet wurde auch, dass die Wundertechnologie zusammen mit Microsoft entwickelt worden sei und es wurde eine nicht existente Microsoft-Neuheitenpool-Kennnummer 67775 genannt. Anleger sollten dabei so genannte Patentrenditen von 18% pro Jahr (90% in 5 Jahren) erhalten, bei gleichzeitiger Anlagesicherheit. Zitat: "18,0% p.a. festverbriefte Rendite auf Investitionseinlagen. Der Einstieg ist schon ab 1000,- € über eine Laufzeit von 2 bis zu 5 Jahren möglich! Die GSDI Cyprus Ltd. Investitionseinlagen sind durch den zypriotischen Bankeneinlagensicherungsfonds gegen Verlust des Einlagekapitals abgesichert. Die Sicherheit dieser Investitionseinlage basiert auf den 100% igen Aktienbesitz einer Bank an der Gesellschaft." Als Eigentümer der GSDI Ltd. wurde eine Yesilada Bank genannt, die jedoch erklärte, dass die GSDI lediglich Kunde sei. Anmelderin der Domain gsdi-cyprus.com ist eine "Internet Media Arbeitsgemeinschaft" in Leipzig.[6] Gegründet wurde die GSDI Ltd von Hartmut Müller mit einem unbekannt gebliebenen russischen Partner, in Zusammenhang mit der Yesilada-Bank. Gelder von der GSDI sollen in Richtung Österreich abgeflossen sein. In Deutschland bewarb die Leiziger SVI GmbH gemeinsam mit einer Wirtschaftskanzlei C. Richardt die windige GSDI-Anlage; mindestens 2.750 Anlagevorgänge mit einem Volumen von mindestens 9 Millionen Euro sollen stattgefunden haben.[7] Geschäftsführer der SVI war Gerhard Steinbach. Die Zeitschrift Stiftung Warentest (Finanz-Test) warnte bereits im Januar 2004 auf verschiedenen Webseiten dringend vor dieser Anlage[8][9][10], ebenso Gomopa.[11] Inzwischen ist GSDI insolvent, und die Staatsanwaltschaft Leipzig ermittelt.[12][13] Die Webseite, die für die Anlegerwerbung genutzt wurde[14], ist inzwischen nicht mehr erreichbar. Auch die Webseite der ProtoSafe, die Global-Scaling-Anwendungen anbot, ist nicht mehr zu erreichen.

Das "Global-Scaling-Institut" versuchte später, jegliche Verantwortung für die GSDI-Aktivitäten zurückzuweisen. In einem "Rundbrief an betroffene Anleger" wurd angegeben, man habe nicht gewusst, wie viel Geld GSDI erhalten habe: "Seit mehr als einem Jahr wurde uns jegliche Möglichkeit und jegliche Versuche, mehr über die technischen Details von ProtoSafe oder Secureball zu erfahren, seitens der GSDI unterbunden. Hätten wir gewusst, dass schon seitens der Gläubiger enorm viel Geld investiert wurde, hätten wir uns auf jeden Fall in die Sache eingemischt um die Menschen zu warnen." Den Anlegern empfahl man nun, Gelder in eine "gemeinnützige Global Scaling Stiftung" einzuzahlen, um damit GS-Projekte zu fördern.

Werbend gehaltene Jubelartikel finden sich nicht nur in der Esoterikzeitschrift Raum un Zeit, sondern beispielsweise auch bei Wissenschaft3000 und Nexus.

Werbeartikel

  • Hans-Joachim Ehlers, Wolfratshausen, Historischer Einstieg in die G-Com®-Technologie – Weltweit erste öffentliche Demonstration einer Telekommunikation ohne Elektrosmog, raum&zeit Ausgabe 115/2002
  • Frank Arne Obst, Dietzhölztal: Global Scaling: Würth-Maschine nutzt G-Welle, raum&zeit Ausgabe 124/2003
  • Das Biotelefon – telefonieren ohne Elektrosmog – das Gravitationstelefon, Wissenschaft3000 22.11.2012
  • Hartmut Müller: Der quantenphysikalische Informationspool, Nexus

Weblinks

Quellennachweise