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'''Afa-Algen''' (''Aphanizomenon flos-aquae'') sind Bakterien der Abteilung [http://de.wikipedia.org/wiki/Cyanobakterien Cyanobakterien] und werden fälschlicherweise auch als Blaualgen bezeichnet. AFA-Algen werden seit einigen Jahren als [[Nahrungsergänzungsmittel]] (NEM) angeboten und unter anderem auch als Heilmittel gegen [[Ritalinkritik|ADHS]], aber auch [[Unkonventionelle Krebstherapien|Krebs]] und allen üblichen [[Zivilisationskrankheit]]en vermarktet. Nahrungsergänzungsmittel sind rechtlich jedoch Lebensmittel und unterliegen daher in Deutschland der [[Nahrungsergänzungsmittelverordnung]] (NemV) und im EU-Recht der Richtlinie 2002/46/EG sowie dem [[LFGB]] (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch). Laut LFGB sind gesundheitsbezogene Werbung und werbeähnliche Äußerungen untersagt und können kostenpflichtig abgemahnt werden.  
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'''Afa-Algen''' (''Aphanizomenon flos-aquae'') sind Bakterien der Abteilung [http://de.wikipedia.org/wiki/Cyanobakterien Cyanobakterien] und werden fälschlicherweise auch als Blaualgen bezeichnet. AFA-Algen werden seit einigen Jahren als [[Nahrungsergänzungsmittel]] (NEM) angeboten und unter anderem als Heilmittel gegen [[Ritalinkritik|ADHS]], aber auch [[Unkonventionelle Krebstherapien|Krebs]] und allen üblichen [[Zivilisationskrankheit]]en vermarktet. Nahrungsergänzungsmittel sind rechtlich jedoch Lebensmittel und unterliegen daher in Deutschland der [[Nahrungsergänzungsmittelverordnung]] (NemV) und im EU-Recht der Richtlinie 2002/46/EG sowie dem [[LFGB]] (Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch). Laut LFGB sind gesundheitsbezogene Werbung und werbeähnliche Äußerungen untersagt und können kostenpflichtig abgemahnt werden.  
    
==Systematik==
 
==Systematik==
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==Beworbene Einsatzgebiete==
 
==Beworbene Einsatzgebiete==
AFA-Algen werden von unterschiedlichen Firmen als Nahrungsergänzungsmittel angepriesen. In den USA werden die Mittel u.a. von der Fa. Bluegreen (von der auch deutsche Firmen ihre Produkte beziehen) als Mittel zur Behandlung von Krebs, HIV, Immunschwächeerkrankungen anderer Art, ADHS, Hypercholesterinämie (zu hoher Cholesterinspiegel) und zur Stärkung des allgemeinen Wohlbefindens beworben. Für diese Aussagen liegen jedoch keine glaubwürdigen Wirksamkeitsnachweise vor. In Deutschland ist kein Cyanobakterien-haltiges Präparat als Arzneimittel zur Behandlung von Krankheiten zugelassen.
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AFA-Algen werden von unterschiedlichen Firmen als Nahrungsergänzungsmittel angepriesen. In den USA werden die Mittel u.a. von der Fa. Bluegreen (von der auch deutsche Firmen ihre Produkte beziehen) als Mittel zur Behandlung von Krebs, HIV, Immunschwächeerkrankungen anderer Art, ADHS, Hypercholesterinämie (zu hoher Cholesterinspiegel) und zur Stärkung des allgemeinen Wohlbefindens beworben. Für diese Aussagen liegen jedoch keine glaubwürdigen Wirksamkeitsnachweise vor. In Deutschland ist kein cyanobakterienhaltiges Präparat als Arzneimittel zur Behandlung von Krankheiten zugelassen.
    
==Toxinbelastung==
 
==Toxinbelastung==
 
[[image:afa1.jpg|Anabaena|thumb]]
 
[[image:afa1.jpg|Anabaena|thumb]]
Das Hauptproblem der AFA-Produkte ist die Beimengung von Cyanobakteriengiften, besonders die Microcystine. Microzystine sind ein starkes Lebergift, welches eine ähnliche Wirkung hat wie das Gift in Knollenblätterpilzen. Mikrozystine sind krebserregend können auch giftig für das Hirn und für die Nieren sein.<ref>http://www.uni-konstanz.de/news/mittshow.php?nr=12&jj=2008</ref> In der Online-Giftpflanzendatenbank des Instituts für Veterinärpharmakologie und -toxikologie der Uni Zürich ist Aphanizomenon flos-aquae mit dem Vermerk "stark giftig" zu finden.<ref>http://www.scinexx.de/dossier-detail-224-9.html</ref>
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Das Hauptproblem der AFA-Produkte ist die Beimengung von Cyanobakteriengiften, besonders die Mikrozystine. Mikrozystine sind ein starkes Lebergift, welches eine ähnliche Wirkung hat wie das Gift in Knollenblätterpilzen. Mikrozystine sind krebserregend und können auch giftig für das Hirn und für die Nieren sein.<ref>http://www.uni-konstanz.de/news/mittshow.php?nr=12&jj=2008</ref> In der Online-Giftpflanzendatenbank des Instituts für Veterinärpharmakologie und -toxikologie der Uni Zürich ist Aphanizomenon flos-aquae mit dem Vermerk "stark giftig" zu finden.<ref>http://www.scinexx.de/dossier-detail-224-9.html</ref>
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Ferner produzieren einige Stämme von ''Aphanizomenon flos-aquae'' Anatoxine. Das sind Gifte, die entweder direkt eine permanente Stimulation der Acetylcholinrezeptoren in den Nervenzellen bewirken oder das Enzym Acetylcholinesterase hemmen und so in ihrer Wirkung vergleichbar sind mit Nervengasen wie Sarin und Tabun. Einige in Deutschland gefundene Stämme von ''Aphanizomenon flos-aquae'' produzieren die Gifte Cylindrospermopsin und Saxitoxin. Diese Gifte können beim Trinken kontaminierten Wassers oder beim Schwimmen in verseuchten Gewässern für Tiere lebensbedrohlich sein.<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%BCne_Spanalge#Giftigkeit</ref>
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Ferner produzieren einige Stämme von ''Aphanizomenon flos-aquae'' Anatoxine. Das sind Gifte, die entweder direkt eine permanente Stimulation der Acetylcholinrezeptoren in den Nervenzellen bewirken oder das Enzym Acetylcholinesterase hemmen und so in ihrer Wirkung mit Nervengasen wie Sarin und Tabun vergleichbar sind. Einige in Deutschland gefundene Stämme von ''Aphanizomenon flos-aquae'' produzieren die Gifte Cylindrospermopsin und Saxitoxin. Diese Gifte können beim Trinken kontaminierten Wassers oder beim Schwimmen in verseuchten Gewässern für Tiere lebensbedrohlich sein.<ref>http://de.wikipedia.org/wiki/Gr%C3%BCne_Spanalge#Giftigkeit</ref>
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In aktuellen Publikationen, in denen die verschiedene Gattungen der blaugrünen Cyanobakterien ''Anabaena'', ''Aphanizomenon'', ''Calothrix'', ''Cylindrospermum'', ''Nostoc'', ''Microcystis'', ''Planktothrix'', ''Oscillatoria'' und ''Synechococcus genera'' untersucht wurden, fanden sich immer wieder Arten, die Gifte der Klasse der Microcystine und der Anatoxine produzierten.<ref name='Lyra'>Lyra C, Suomalainen S, Gugger M, Vezi C, Sundman P, Paulin L, Sivonen K: Molecular characterization of planktic cyanobacteria of Anabaena, Aphanizomenon, Microcystis and Planktothrix genera. Int J System Evolut Microbiol 51: 513-526, 2001</ref> Auch ist bekannt, dass einige Arten der blaugrünen Cyanobakterien das Nervengift Saxitoxin produzieren können. Untersuchungen der Universität Konstanz (2008) von handelsüblichen AFA-Algenpräparaten haben gezeigt, dass der Summen-Richtwert für das Toxin Microzystin zum Teil bis zum Achtfachen überschritten wurde.<ref>http://www.uni-konstanz.de/news/mittshow.php?nr=12&jj=2008</ref>
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In aktuellen Publikationen, in denen die verschiedene Gattungen der blaugrünen Cyanobakterien ''Anabaena'', ''Aphanizomenon'', ''Calothrix'', ''Cylindrospermum'', ''Nostoc'', ''Microcystis'', ''Planktothrix'', ''Oscillatoria'' und ''Synechococcus genera'' untersucht wurden, fanden sich immer wieder Arten, die Gifte der Klasse der Mikrozystine und der Anatoxine produzierten.<ref name='Lyra'>Lyra C, Suomalainen S, Gugger M, Vezi C, Sundman P, Paulin L, Sivonen K: Molecular characterization of planktic cyanobacteria of Anabaena, Aphanizomenon, Microcystis and Planktothrix genera. Int J System Evolut Microbiol 51: 513-526, 2001</ref> Auch ist bekannt, dass einige Arten der blaugrünen Cyanobakterien das Nervengift Saxitoxin produzieren können. Untersuchungen der Universität Konstanz (2008) von handelsüblichen AFA-Algenpräparaten haben gezeigt, dass der Summen-Richtwert für das Toxin Mikrozystin zum Teil bis zum Achtfachen überschritten wurde.<ref>http://www.uni-konstanz.de/news/mittshow.php?nr=12&jj=2008</ref>
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Wissenschaftler sind sich des Toxinproblems in Algen bewusst. Ray schrieb schon 1991, dass einige AFA-Stämme hochwirksame Nervengifte produzieren könnten, diese Gifte aber in Nahrungsmitteln aus Algen des Upper Klamath Sees in Oregon nicht gefunden worden seien.<ref>Ray RA: Microalgae as food and supplement. Crit Rev Food Sci Nutr 30: 555-573, 1991</ref> Seine Ansicht wird von einer Arbeit von Schaeffer et al. (1999) unterstützt, die in Algen eine Beimengung durch eine Microcystin-produzierende Alge (Microcystis&nbsp;spp.) nachwiesen. Demzufolge sei diese Beimischung an dem Toxineintrag schuld.<ref name='Schaefer'>Schaeffer DJ, Maplas PB, Barton LL: Risk assessment of microcystins in dietary Aphanizomenon flos-aquae. Ecotoxicol Envinron Saf 44: 73-80, 1999</ref>  
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Wissenschaftler sind sich des Toxinproblems in Algen bewusst. Ray schrieb schon 1991, dass einige AFA-Stämme hochwirksame Nervengifte produzieren könnten, diese Gifte aber in Nahrungsmitteln aus Algen des Upper Klamath Sees in Oregon nicht gefunden worden seien.<ref>Ray RA: Microalgae as food and supplement. Crit Rev Food Sci Nutr 30: 555-573, 1991</ref> Seine Ansicht wird von einer Arbeit von Schaeffer et al. (1999) unterstützt, die in Algen eine Beimengung durch eine Mikrozystin-produzierende Alge (Microcystis&nbsp;spp.) nachwiesen. Demzufolge sei diese Beimischung an dem Toxineintrag schuld.<ref name='Schaefer'>Schaeffer DJ, Maplas PB, Barton LL: Risk assessment of microcystins in dietary Aphanizomenon flos-aquae. Ecotoxicol Envinron Saf 44: 73-80, 1999</ref>  
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Inzwischen gibt es eine Veröffentlichung, die sich mit Microcystinbelastungen von AFA-Nahrungsergänzungsmitteln befasst, die aus dem Upper Klamath See gewonnen werden. Gilroy et al. (2000) analysierten Microcystinkonzentrationen in vier verschiedenen AFA-Produkten über vier Jahre hinweg (1996-1999) und alle Produkte enthielten Microcystine in unterschiedlicher Menge.<ref>Gilroy DJ, Kauffman KW, Hall RA, Huang X, Hu FS: Assessing potential health risks from microcystin toxins in blue-green algae dietary supplements. Environment Healtch Perspect 108: 435-439, 2000</ref>   
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Inzwischen gibt es eine Veröffentlichung, die sich mit Mikrozystinbelastungen von AFA-Nahrungsergänzungsmitteln befasst, die aus dem Upper Klamath See gewonnen werden. Gilroy et al. (2000) analysierten Mikrozystinkonzentrationen in vier verschiedenen AFA-Produkten über vier Jahre hinweg (1996-1999) und alle Produkte enthielten Mikrozystine in unterschiedlicher Menge.<ref>Gilroy DJ, Kauffman KW, Hall RA, Huang X, Hu FS: Assessing potential health risks from microcystin toxins in blue-green algae dietary supplements. Environment Healtch Perspect 108: 435-439, 2000</ref>   
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Anbieter von AFA-Produkten weisen jedoch die Microcystinbelastung generell weit von sich. Sie stellen sich auf den Standpunkt, dass ''Aphanizomenon flos aquae'' keine Microcystine produziere und führen Studien an, in denen dergleichen nachgewiesen worden sei. Das wirkt befremdlich, denn selbst der sich für Algenprodukte einsetzende US-amerikanische Professor Wayne Carmichael schrieb noch am 30.&nbsp;Januar 2002 auf seiner Homepage unter Bezugnahme auf einen Artikel im Scientific American:  
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Anbieter von AFA-Produkten weisen jedoch die Mikrozystinbelastung generell weit von sich. Sie stellen sich auf den Standpunkt, dass ''Aphanizomenon flos aquae'' keine Mikrozystine produziere und führen Studien an, in denen dergleichen nachgewiesen worden sei. Das wirkt befremdlich, denn selbst der sich für Algenprodukte einsetzende US-amerikanische Professor Wayne Carmichael schrieb noch am 30.&nbsp;Januar 2002 auf seiner Homepage unter Bezugnahme auf einen Artikel im Scientific American:  
    
:''[...] Anabaena, Oscillatoria, Lyngbya, and Aphanizomenon produce neurotoxic anatoxins and/or saxitoxins. Anatoxin-a and Anatoxin-a(s) seem unique to cyanobacteria, while saxitoxin also arise in certain marine algae. Anatoxin-a is a potent nicotinic agonist that mimics acetylcholine and is used as a research tool in neurobiology. Anatoxin-a(s) is a structurally new organophosphate that inhibits acetylcholinesterase. Saxitoxin prevents acetylcholine from being released from neurons by blocking the inward flow of sodium ions across the axonal membrane channels, disrupting the communication between neurons and muscle cells [...]''
 
:''[...] Anabaena, Oscillatoria, Lyngbya, and Aphanizomenon produce neurotoxic anatoxins and/or saxitoxins. Anatoxin-a and Anatoxin-a(s) seem unique to cyanobacteria, while saxitoxin also arise in certain marine algae. Anatoxin-a is a potent nicotinic agonist that mimics acetylcholine and is used as a research tool in neurobiology. Anatoxin-a(s) is a structurally new organophosphate that inhibits acetylcholinesterase. Saxitoxin prevents acetylcholine from being released from neurons by blocking the inward flow of sodium ions across the axonal membrane channels, disrupting the communication between neurons and muscle cells [...]''
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Wirft man den Blick in die Fachliteratur, gibt es offenbar einige Stämme von ''Aphanizomenon flos aquae'', die keinerlei Microcystine produzieren. Lyra et al. (2001) nennen hier Aphanizomenon&nbsp;sp. 202, A.&nbsp;sp. TR183 (AJ133155), A.&nbsp;sp. PCC 7905, A.&nbsp;sp. PH-271, A.&nbsp;flos aquae NIES&nbsp;81 und Aphanizomenon gracilie PH-219.<ref name='Lyra'></ref> Allerdings sind diese ''Aphanizomenon''-Bakterien genetisch ausgesprochen eng verwandt mit den Anabaena-Bakterien, die selbst durchaus Neurotoxine erzeugen.
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Wirft man einen Blick in die Fachliteratur, gibt es offenbar einige Stämme von ''Aphanizomenon flos aquae'', die keinerlei Mikrozystine produzieren. Lyra et al. (2001) nennen hier Aphanizomenon&nbsp;sp. 202, A.&nbsp;sp. TR183 (AJ133155), A.&nbsp;sp. PCC 7905, A.&nbsp;sp. PH-271, A.&nbsp;flos aquae NIES&nbsp;81 und Aphanizomenon gracilie PH-219.<ref name='Lyra'></ref> Allerdings sind diese ''Aphanizomenon''-Bakterien genetisch ausgesprochen eng verwandt mit den Anabaena-Bakterien, die selbst durchaus Neurotoxine erzeugen.
    
==Studienlage zur Wirksamkeit==
 
==Studienlage zur Wirksamkeit==
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In der Studie von Manoukain et al. (1998) wurde beobachtet, dass die Gabe von 1,5&nbsp;g AFA-Algen bei fünf gesunden Freiwilligen eine signifikante Verringerung der natürlichen Killerzellen (NK) innerhalb von 2&nbsp;Stunden nach der Einnahme bewirkte. Die Menge an NK-Zellen sank um 63%.<ref name='Manu'></ref>  
 
In der Studie von Manoukain et al. (1998) wurde beobachtet, dass die Gabe von 1,5&nbsp;g AFA-Algen bei fünf gesunden Freiwilligen eine signifikante Verringerung der natürlichen Killerzellen (NK) innerhalb von 2&nbsp;Stunden nach der Einnahme bewirkte. Die Menge an NK-Zellen sank um 63%.<ref name='Manu'></ref>  
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Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass die Algentoxine u.a. direkt die Zellstrukturen von weißen Blutkörperchen angreifen und die Aufnahme von Nahrungsenergie (z.B. Glukose) durch die Zellwand hemmen können. Wahrscheinlich resultiert die Reduktion der NK-Zellen auf einer direkten Giftwirkung der in den AFA-Algen vorhandenen Microcystine oder des Saxitoxins, das in geringeren Mengen Auswirkungen auf Blutzellen hat.
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Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass die Algentoxine u.a. direkt die Zellstrukturen von weißen Blutkörperchen angreifen und die Aufnahme von Nahrungsenergie (z.B. Glukose) durch die Zellwand hemmen können. Wahrscheinlich resultiert die Reduktion der NK-Zellen aus einer direkten Giftwirkung der in den AFA-Algen vorhandenen Microcystine oder des Saxitoxins, das in geringeren Mengen Auswirkungen auf Blutzellen hat.
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In einer zweiten Studie  von Jensen et al. (2000)<ref>Jensen GS, Ginsberg DI, Huerta P, Citton M, Drapeau C: Consumption of Aphanizomenon flos-aquae has rapid effects on the circulation and function of immune cells in humans. A novel approach to nutritional mobilization of the immune system. Journal of the American Nutraceutical Association, 2(3), 50-58, 2000</ref> nahmen 21&nbsp;gesunde Probanden über sechs Wochen täglich 1,5&nbsp;g AFA-Algen ein. Im Vergleich zur Placebogruppe kam es unter der AFA-Algen-einnahme zu einem deutlichen Anstieg bestimmter weißer Blutkörperchen. Dieser Effekt wurde von den Autoren als Stimulation des Immunsystems interpretiert, die eine Verbesserung der Abwehrsituation anzeige. Dieser Schluss ist unplausibel, denn wenn man eine Substanz verzehrt, die Zellgifte enthält, welche im Organismus, z.B. in der Leber, zu einem verstärkten Zelluntergang (Auslösung der Apoptose) führt, erklärt sich der Anstieg der Abwehrzellen wesentlich offensichtlicher. Stirbt im Organismus Zellgewebe ab, weil es beschädigt wurde, dann ändert sich die Oberflächenstruktur der betroffenen Zellen. Diese werden dadurch für das Abwehrsystem als "zur Entsorgung freigegeben" gekennzeichnet, daraufhin von weißen Blutkörperchen angegriffen und verzehrt. Je mehr solche betroffenen Zellen sterben, desto höher ist der Bedarf an den sie verzehrenden weißen Blutkörperchen. Die Erhöhung bestimmter weißer Blutkörperchen ist also die Folge einer durch Algengifte verursachten, niedrigschwelligen Entzündungsreaktion u.a. von Leberzellen. Jensen et al. (2000) machte keinerlei Angaben über den Zustand der Leber oder der Nieren der Probanden.
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In einer zweiten Studie  von Jensen et al. (2000)<ref>Jensen GS, Ginsberg DI, Huerta P, Citton M, Drapeau C: Consumption of Aphanizomenon flos-aquae has rapid effects on the circulation and function of immune cells in humans. A novel approach to nutritional mobilization of the immune system. Journal of the American Nutraceutical Association, 2(3), 50-58, 2000</ref> nahmen 21&nbsp;gesunde Probanden über sechs Wochen täglich 1,5&nbsp;g AFA-Algen ein. Im Vergleich zur Placebogruppe kam es unter der AFA-Algen-Einnahme zu einem deutlichen Anstieg bestimmter weißer Blutkörperchen. Dieser Effekt wurde von den Autoren als Stimulation des Immunsystems interpretiert, die eine Verbesserung der Abwehrsituation anzeige. Dieser Schluss ist unplausibel, denn wenn man eine Substanz verzehrt, die Zellgifte enthält, welche im Organismus, z.B. in der Leber, zu einem verstärkten Zelluntergang (Auslösung der Apoptose) führt, erklärt sich der Anstieg der Abwehrzellen wesentlich offensichtlicher. Stirbt im Organismus Zellgewebe ab, weil es beschädigt wurde, ändert sich die Oberflächenstruktur der betroffenen Zellen. Diese werden dadurch für das Abwehrsystem als "zur Entsorgung freigegeben" gekennzeichnet, daraufhin von weißen Blutkörperchen angegriffen und verzehrt. Je mehr solche betroffenen Zellen sterben, desto höher ist der Bedarf an den sie verzehrenden weißen Blutkörperchen. Die Erhöhung bestimmter weißer Blutkörperchen ist also die Folge einer durch Algengifte verursachten, niedrigschwelligen Entzündungsreaktion u.a. von Leberzellen. Jensen et al. (2000) machte keinerlei Angaben über den Zustand der Leber oder der Nieren der Probanden.
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Kushak et al. (2000)<ref name='Kushak'></ref> veröffentlichten eine Studie, die an Ratten zeigen sollte, dass der Konsum von AFA-Algen den Blutfettspiegel regulieren könne. Sie gaben den Tieren unterschiedliche, mit ungesättigten Fettsäuren angereicherte Diäten. Daneben reicherten sie die Diät z.T. mit 10-15% AFA-Algensubstanz an. Im Vergleich zu der Kontrollgruppe, die keinen AFA-Zusatz erhielt, wiesen die beiden AFA-Untersuchungsgruppen eine deutliche Senkung des Gesamtcholesterin- und Triglyzeridspiegels im Serum auf. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass AFA-Algen einen cholesterinsenkenden Effekt hätten und empfahlen, diese Wirkung im Lebensmittelsektor auszunutzen. Auch dieses Resultat lässt sich mit der Giftwirkung von Algentoxinen erklären: Die Leber ist das Zielorgan für Microcystine, die sich dort anreichern. Dies ist auch bei Ratten nachgewiesenermaßen der Fall. Die Leber ist aber gleichzeitig der Produktions- und Umschlagsort für Blutfette. Da Microcystine auch in niedriger Dosierung auf Leberzellen von Ratten schädigend wirken, sinkt mit steigender AFA-Menge die Syntheseleistung der Leberzellen, weil sich eine zunehmende toxinbedingte Organentzündung in einer verschlechterten Syntheseleistung niederschlägt. Allerdings hatten die Autoren weder über Leberwerte, die auf die Organfunktion hätten schließen lassen, noch über histologische Leberuntersuchungen der mit AFA-Algen gefütterten Tiere berichtet, um eventuelle negative Auswirkungen der Algentoxine auf die Leberzellfunktion zu bewerten.  
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Kushak et al. (2000)<ref name='Kushak'></ref> veröffentlichten eine Studie, die an Ratten zeigen sollte, dass der Konsum von AFA-Algen den Blutfettspiegel regulieren könne. Sie gaben den Tieren unterschiedliche, mit ungesättigten Fettsäuren angereicherte Diäten. Daneben reicherten sie die Diät z.T. mit 10-15% AFA-Algensubstanz an. Im Vergleich zu der Kontrollgruppe, die keinen AFA-Zusatz erhielt, wiesen die beiden AFA-Untersuchungsgruppen eine deutliche Senkung des Gesamtcholesterin- und Triglyzeridspiegels im Serum auf. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass AFA-Algen einen cholesterinsenkenden Effekt hätten und empfahlen, diese Wirkung im Lebensmittelsektor auszunutzen. Auch dieses Resultat lässt sich mit der Giftwirkung von Algentoxinen erklären: Die Leber ist das Zielorgan für Mikrozystine, die sich dort anreichern. Dies ist auch bei Ratten nachgewiesenermaßen der Fall. Die Leber ist aber gleichzeitig der Produktions- und Umschlagsort für Blutfette. Da Mikrozystine auch in niedriger Dosierung auf Leberzellen von Ratten schädigend wirken, sinkt mit steigender AFA-Menge die Syntheseleistung der Leberzellen, weil sich eine zunehmende toxinbedingte Organentzündung in einer verschlechterten Syntheseleistung niederschlägt. Allerdings hatten die Autoren weder über Leberwerte, die auf die Organfunktion hätten schließen lassen, noch über histologische Leberuntersuchungen der mit AFA-Algen gefütterten Tiere berichtet, um eventuelle negative Auswirkungen der Algentoxine auf die Leberzellfunktion zu bewerten.  
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Diese drei Studien sind folglich kein Beleg für eine positive Wirkung von AFA-Algen auf Immunsystem oder fettstoffwechsel, zumal keiner der Autoren in seinen Berichten genaue Angaben über die Microcystin-, Anatoxin- und Saxitoxingehalte der verwendeten AFA-Produkte machte und der Zustand der Leber nach der Einnahme der AFA-Algen nicht untersucht wurde. Bei jeder Studie war ein Vertreter von Bluegreen, dem größten US-amerikanischen AFA-Algenproduzenten, Mitautor.  
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Diese drei Studien sind folglich kein Beleg für eine positive Wirkung von AFA-Algen auf Immunsystem oder fettstoffwechsel, zumal keiner der Autoren in seinen Berichten genaue Angaben über die Mikrozystin-, Anatoxin- und Saxitoxingehalte der verwendeten AFA-Produkte machte und der Zustand der Leber nach der Einnahme der AFA-Algen nicht untersucht wurde. Bei jeder Studie war ein Vertreter von Bluegreen, dem größten US-amerikanischen AFA-Algenproduzenten, Mitautor.  
    
Es gibt zur Therapie hyperaktiver Kinder bisher keine einzige seriöse Studie, die bewiesen hätte, dass AFA-Algen einen therapeutischen Vorteil erbringen können. Im internationalen medizinischen Fachschrifttum gibt es keine einzige AFA-Studie, auch in Doktorarbeiten oder Habilitationsschriften deutscher Universitäten ist keine einzige Untersuchung mit diesem Nahrungsergänzungsmittel zu finden.
 
Es gibt zur Therapie hyperaktiver Kinder bisher keine einzige seriöse Studie, die bewiesen hätte, dass AFA-Algen einen therapeutischen Vorteil erbringen können. Im internationalen medizinischen Fachschrifttum gibt es keine einzige AFA-Studie, auch in Doktorarbeiten oder Habilitationsschriften deutscher Universitäten ist keine einzige Untersuchung mit diesem Nahrungsergänzungsmittel zu finden.
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Besonders angepriesen werden AFA-Algen als Alternative zu Methylphenidat (Ritalin(R)) bei Kindern mit ADHS. Für derartige medizinische Wirkungen von AFA-Algen-Produkten gibt keinerlei wissenschaftliche Belege.  
 
Besonders angepriesen werden AFA-Algen als Alternative zu Methylphenidat (Ritalin(R)) bei Kindern mit ADHS. Für derartige medizinische Wirkungen von AFA-Algen-Produkten gibt keinerlei wissenschaftliche Belege.  
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Beispielsweise bewirbt die Diplom-Politologin und [[Heilpraktiker]]in [[Barbara Simonsohn]] (2001) AFA-Algen intensiv als "''Grünes Manna aus der Urzeit für die Probleme der heutigen Zeit''" und stellt in ihrem Buch AFA-Algen als Ersatz für Ritalin vor.<ref>Simonsohn B: Hyperaktivität - warum Ritalin keine Lösung ist. W. Goldmann Verlag, München, 2001</ref> Sie berichtet anekdotisch über Einzelfälle, die als angebliche Wirksamkeitsbelege dargestellt werden:  
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Beispielsweise bewirbt die Diplom-Politologin und [[Heilpraktiker]]in [[Barbara Simonsohn]] (2001) AFA-Algen intensiv als "''Grünes Manna aus der Urzeit für die Probleme der heutigen Zeit''" und stellt in ihrem Buch AFA-Algen als Ersatz für Ritalin vor.<ref>Simonsohn B: Hyperaktivität - warum Ritalin keine Lösung ist. W. Goldmann Verlag, München, 2001</ref> Sie berichtet anekdotisch über Einzelfälle, die als angebliche Wirksamkeitsbelege dargestellt werden:  
    
:''Julian, 13, war sprunghaft, ungewöhnlich rastlos, unkonzentriert und ermüdete schnell. Sein Verhalten war dominant, undiplomatisch und oft verständnislos. Julian ist seit AFA-Algen-Einnahme weniger impulsiv, er findet nach einem Wutanfall leichter zurück zum Normalzustand, kann besser nachgeben und ist lustiger und fröhlicher.''  
 
:''Julian, 13, war sprunghaft, ungewöhnlich rastlos, unkonzentriert und ermüdete schnell. Sein Verhalten war dominant, undiplomatisch und oft verständnislos. Julian ist seit AFA-Algen-Einnahme weniger impulsiv, er findet nach einem Wutanfall leichter zurück zum Normalzustand, kann besser nachgeben und ist lustiger und fröhlicher.''  
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Ein solcher Einzelfallbericht lässt eine seriöse [http://de.wikipedia.org/wiki/Diagnostic_and_Statistical_Manual_of_Mental_Disorders DSM-IV]-basierte Beurteilung der Hyperaktivität des Kindes keineswegs zu. Simonsohn hat nur einen winzigen Ausschnitt der tatsächlichen Symptomatik eines hyperaktiven Kindes beschrieben. Da die anderen Fallbeschreibungen in ihrem Buch von ähnlicher Güte sind, kann man weder von einer seriösen ADHS-Diagnose noch von einer Besserung der Symptome sprechen.
 
Ein solcher Einzelfallbericht lässt eine seriöse [http://de.wikipedia.org/wiki/Diagnostic_and_Statistical_Manual_of_Mental_Disorders DSM-IV]-basierte Beurteilung der Hyperaktivität des Kindes keineswegs zu. Simonsohn hat nur einen winzigen Ausschnitt der tatsächlichen Symptomatik eines hyperaktiven Kindes beschrieben. Da die anderen Fallbeschreibungen in ihrem Buch von ähnlicher Güte sind, kann man weder von einer seriösen ADHS-Diagnose noch von einer Besserung der Symptome sprechen.
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Da sie als Werbeinstrument für Algenhersteller dient, sind ihre Publikationen als direkte Schleichwerbung für AFA-Algen anzusehen, an denen sie gut verdient. Sie selbst gibt in ihrem Buch offen zu, von mindestens drei deutschen Anbietern mit AFA-Pillen im Marktwert von 7.500&nbsp;Euro ausgestattet worden zu sein, um Kinder von 44&nbsp;Familien zu behandeln. Die Heilpraktikerin empfahl den Kindern eine Dosis von 1,5&nbsp;g/d; die Beobachtung soll 10&nbsp;Wochen gedauert haben.  
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Da sie als Werbeinstrument für Algenhersteller dienen, sind ihre Publikationen als direkte Schleichwerbung für AFA-Algen anzusehen, an denen sie gut verdient. Sie selbst gibt in ihrem Buch offen zu, von mindestens drei deutschen Anbietern mit AFA-Pillen im Marktwert von 7.500&nbsp;Euro ausgestattet worden zu sein, um Kinder von 44&nbsp;Familien zu behandeln. Die Heilpraktikerin empfahl den Kindern eine Dosis von 1,5&nbsp;g/d; die Beobachtung soll 10&nbsp;Wochen gedauert haben.  
    
In Zeitschriften der [[Ganzheitsmedizin]] findet sich eine Publikation von Simonsohn aus dem Jahr 2000. Hier berichtete sie über verschiedene Studien, die angeblich die Wirksamkeit von AFA-Algen bewiesen haben sollen. In der so genannten ''The kid.com Study'', die von einem AFA-Anbieter durchgeführt worden sein soll, sollen Symptomverbesserungen bei Kindern erreicht worden sein. Was genau diagnostiziert wurde und welches Resultat sich vor und nach der Studie exakt dargeboten hat, gibt die Autorin nicht wieder. Sie gibt nur Folgendes bei den Kindern an: Signifikante Verbesserungen in ihrer Fähigkeit, zu fokussieren, Anweisungen zu folgen und sich zu konzentrieren, eine Abnahme von streitsüchtigem, forderndem und kämpferischem Benehmen, weniger Symptome von Angst und Depression, Verbesserung des sozialen Verhaltens, weniger Zeichen von emotionalem und verhaltensmäßigem Abgelenktsein, weniger Wutanfälle und Erziehungsprobleme, weniger Verhaltensauffälligkeiten, die man als merkwürdig klassifizieren könnte sowie weniger körperliche Symptome wie Kopfschmerzen und Magenschmerzen, für die kein offensichtlicher Grund vorliegt.
 
In Zeitschriften der [[Ganzheitsmedizin]] findet sich eine Publikation von Simonsohn aus dem Jahr 2000. Hier berichtete sie über verschiedene Studien, die angeblich die Wirksamkeit von AFA-Algen bewiesen haben sollen. In der so genannten ''The kid.com Study'', die von einem AFA-Anbieter durchgeführt worden sein soll, sollen Symptomverbesserungen bei Kindern erreicht worden sein. Was genau diagnostiziert wurde und welches Resultat sich vor und nach der Studie exakt dargeboten hat, gibt die Autorin nicht wieder. Sie gibt nur Folgendes bei den Kindern an: Signifikante Verbesserungen in ihrer Fähigkeit, zu fokussieren, Anweisungen zu folgen und sich zu konzentrieren, eine Abnahme von streitsüchtigem, forderndem und kämpferischem Benehmen, weniger Symptome von Angst und Depression, Verbesserung des sozialen Verhaltens, weniger Zeichen von emotionalem und verhaltensmäßigem Abgelenktsein, weniger Wutanfälle und Erziehungsprobleme, weniger Verhaltensauffälligkeiten, die man als merkwürdig klassifizieren könnte sowie weniger körperliche Symptome wie Kopfschmerzen und Magenschmerzen, für die kein offensichtlicher Grund vorliegt.
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Wenn man diese Untersuchungsmerkmale mit den DSM-IV Diagnosekriterien für ADHS vergleicht, kommt man auf gerade einmal zwei ADHS-Merkmale. Das lässt den Verdacht aufkommen, dass es sich bei den Kindern in der Kid.com-Studie gar nicht um Kinder mit ADHS gehandelt hat.  
 
Wenn man diese Untersuchungsmerkmale mit den DSM-IV Diagnosekriterien für ADHS vergleicht, kommt man auf gerade einmal zwei ADHS-Merkmale. Das lässt den Verdacht aufkommen, dass es sich bei den Kindern in der Kid.com-Studie gar nicht um Kinder mit ADHS gehandelt hat.  
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Ähnlich sieht es bei einer zweiten Studie aus, die Simonsohn 2000 referiert.<ref>Simonsohn B: Aufmerksamkeitsstörungen und Hyperaktivität - ein Problem unserer Zeit. Erfahrungsheilkunde, Nr. 8, 516-527, 2000</ref> Es handelt sich um den ''The Children & Algae Report'', bei dem die beteiligten Eltern die Produkte eines AFA-Algenanbieters sogar selbst zahlen mussten. Die Bewertung der Kinder erfolgte mit einem Aschenbach-Bewertungsschema, welches u.a. Aufmerksamkeit, Aggression, soziale Probleme, Ängstlichkeit/Depression, Straffälligkeit, Denkprobleme, Zurückgezogenheit und eine Bewertung namens somatisch beurteilen soll. Dieses pseudowissenschaftliche Bewertungsschema ist in der seriösen ADHS-Diagnostik vollständig unbekannt.
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Ähnlich sieht es bei einer zweiten Studie aus, die Simonsohn 2000 referiert<ref>Simonsohn B: Aufmerksamkeitsstörungen und Hyperaktivität - ein Problem unserer Zeit. Erfahrungsheilkunde, Nr. 8, 516-527, 2000</ref>. Es handelt sich um den ''The Children & Algae Report'', bei dem die beteiligten Eltern die Produkte eines AFA-Algenanbieters sogar selbst zahlen mussten. Die Bewertung der Kinder erfolgte mit einem Aschenbach-Bewertungsschema, welches u.a. Aufmerksamkeit, Aggression, soziale Probleme, Ängstlichkeit/Depression, Straffälligkeit, Denkprobleme, Zurückgezogenheit und eine Bewertung namens somatisch beurteilen soll. Dieses pseudowissenschaftliche Bewertungsschema ist in der seriösen ADHS-Diagnostik vollständig unbekannt.
    
In keiner der von Befürwortern durchgeführten Studien ist eine glaubwürdige, realitätsbezogene Selektion des untersuchten Kollektivs nach etablierten Diagnosemethoden erfolgt. Offenbar wurden die üblichen DSM-Kriterien für ADHS nicht als Bewertungs- und Einstufungsgrundlage angewendet. Allein diese methodischen Unzulänglichkeiten machen die bisherigen Befürworterstudien unglaubwürdig. Der Umstand, dass in keiner Studie mitgeteilt wird, ob nach Toxinen in den AFA-Algen gesucht worden war oder ob zumindest Leber- und Nierenparameter zur Absicherung von negativen Auswirkungen dieser Gifte laborchemisch bestimmt worden sind, zeigt, dass in diesen Studien offenbar nicht mit großer wissenschaftlicher Genauigkeit vorgegangen wurde.
 
In keiner der von Befürwortern durchgeführten Studien ist eine glaubwürdige, realitätsbezogene Selektion des untersuchten Kollektivs nach etablierten Diagnosemethoden erfolgt. Offenbar wurden die üblichen DSM-Kriterien für ADHS nicht als Bewertungs- und Einstufungsgrundlage angewendet. Allein diese methodischen Unzulänglichkeiten machen die bisherigen Befürworterstudien unglaubwürdig. Der Umstand, dass in keiner Studie mitgeteilt wird, ob nach Toxinen in den AFA-Algen gesucht worden war oder ob zumindest Leber- und Nierenparameter zur Absicherung von negativen Auswirkungen dieser Gifte laborchemisch bestimmt worden sind, zeigt, dass in diesen Studien offenbar nicht mit großer wissenschaftlicher Genauigkeit vorgegangen wurde.
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Eine weitere Quelle, der so genannte ''The Nicaragua Report'', die von der US-Algenfirma Bluegreen gesponsort wurde, ist in Wahrheit eine spanischsprachige Doktorarbeit aus Nicaragua. In der seriösen wissenschaftlichen Szene wäre diese bedeutungslos, aber für den unwissenden Verbraucher sind solche Studien exzellentes Marketingmaterial. In einem 14&nbsp;Seiten dünnen DIN&nbsp;A5-Heftchen wird auf populärwissenschaftliche Weise beschrieben, wie AFA-Algen in einer Schule, in der zu Studienbeginn mehr als 80% der 6&nbsp;bis&nbsp;11-jährigen Kinder unterernährt waren, der Ernährungsstatus, die Schulnoten und das Verhalten der Kinder positiv beeinflusst worden sein sollen. Angeblich sei innerhalb eines halben Jahres die Fehlernährungsrate von 86% auf 21% gefallen. Auch hier wurde weder über Toxinbestimmungen der AFA-Algen noch einschlägige Leber- und Nierenwerte berichtet. Dass vorher mangelernährte Kinder mit wenigen Gramm proteinhaltiger, aber vitamin- und mineralstoffarmer AFA-Algen Normalgewicht erreichen sollen, ist unglaubwürdig.
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Eine weitere Quelle, der so genannte ''The Nicaragua Report'', die von der US-Algenfirma Bluegreen gesponsort wurde, ist in Wahrheit eine spanischsprachige Doktorarbeit aus Nicaragua. In der seriösen wissenschaftlichen Szene wäre diese bedeutungslos, aber für den unwissenden Verbraucher sind solche Studien exzellentes Marketingmaterial. In einem 14&nbsp;Seiten dünnen DIN&nbsp;A5-Heftchen wird auf populärwissenschaftliche Weise beschrieben, wie AFA-Algen in einer Schule, in der zu Studienbeginn mehr als 80% der 6&nbsp;bis&nbsp;11-jährigen Kinder unterernährt waren, den Ernährungsstatus, die Schulnoten und das Verhalten der Kinder positiv beeinflusst haben sollen. Angeblich sei innerhalb eines halben Jahres die Fehlernährungsrate von 86% auf 21% gefallen. Auch hier wurde weder über Toxinbestimmungen der AFA-Algen noch einschlägige Leber- und Nierenwerte berichtet. Dass vorher mangelernährte Kinder mit wenigen Gramm proteinhaltiger, aber vitamin- und mineralstoffarmer AFA-Algen Normalgewicht erreichen sollen, ist unglaubwürdig.
    
==Marketingskampagnen für AFA-Algen==
 
==Marketingskampagnen für AFA-Algen==
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