Functional Food
Functional Food (auch Nutraceutical - von nutrition = Ernährung und pharmaceutical= Pharmazeutikum), auf deutsch funktionelle Lebensmittel, sind Nahrungsmittel, die mit zusätzlichen Inhaltsstoffen angereichert werden, die laut Werbeaussage einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben sollen. Diese Versprechen (Health Claims) sind jedoch in den meisten Fällen nicht belegt. Zugesetzt werden vor allem Vitamine, Mineralstoffe, Bakterienkulturen und ungesättigte Fettsäuren. Eine gesetzliche Definition für diese Produkte gibt es bislang in Europa nicht.
Im Gegensatz zu Nahrungsergänzungsmitteln, die in Form von Extrakten, Kapseln oder anderen Zubereitungen verkauft werden, handelt es sich bei Functional Food um echte Lebensmittel im engeren Sinn.
Definition
Zu Functional Food zählen alle Lebensmittel oder Lebensmittelformen, die eines oder mehrere der folgenden Kriterien erfüllen:
- Lebensmittel, die über die einfache Bedarfsdeckung hinaus einen gesundheitlichen Zusatznutzen liefern sollen
- Produkte, denen gezielt Substanzen aus konventionellen Lebensmitteln zugesetzt werden, mit dem Ziel, physiologische Vorgänge im Körper positiv zu beeinflussen
- Lebensmittel, die mit der Botschaft vermarktet werden, einen gesundheitsfördernden Effekt zu haben
- Produkte, die konventionellen Lebensmitteln ähneln und darüber hinaus Vorgänge im Körper positiv beeinflussen oder das Risiko chronischer Erkrankungen verringern sollen.
Auch herkömmliche Lebensmittel können demnach zur Kategorie Functional Food gehören, solange sie über Inhaltsstoffe verfügen, die einen gesundheitsfördernden Zusatznutzen für die Gesundheit bieten. Der positive Zusatznutzen muss dabei zweifelsfrei durch wissenschaftliche Studien belegt sein. Nahrungsergänzungsmittel wie zum Beispiel Vitaminpräparate in Form von Tabletten oder Dragees zählen nicht zu Functional Food.[1]
Beispiele
Die bekanntesten Functional Food-Produkte sind Jogurts mit Bakterienkulturen, die mit dem Zusatz probiotisch verkauft werden. Fruchtsäfte werden zum Beispiel mit den Vitaminen A, C und E angereichert, Brot mit Omega-3-Fettsäuren und Jod, Margarine mit pflanzlichen Sterinen. Die gesundheitsfördernde Wirkung der meisten Zusätze ist bislang nur durch Laborversuche oder in der Theorie belegt, wissenschaftliche Studien dazu stehen bis dato in den meisten Fällen aus. Umstritten ist auch die Frage, ob es beispielsweise bei Vitaminen überhaupt eine Unterversorgung bei großen Teilen der Bevölkerung gibt, so dass eine Ergänzung sinnvoll ist. Ein weiteres Beispiel sind Produkte der Marke Evolus auf der Basis fermentierter Milch, für die in klinischen Studien eine leichte blutdrucksenkende Wirkung gezeigt wurde.[2]
In Japan und in den USA werden auch Functional Food-Produkte angeboten, die entweder die Denkleistung („Brain Food“) erhöhen oder schöner machen sollen („Beauty Food“).
Die häufigsten Zusätze in Functional Food sind:
- Probiotika: Milchprodukten werden häufig probiotische Milchsäurebakterien zugesetzt, die die natürliche Darmflora verbessern sollen.
- Präbiotika: Präbiotika sind unverdauliche Kohlenhydrate, zum Beispiel Inulin. Sie sollen im Dickdarm die Vermehrung der probiotischen Bakterien fördern.
- Omega-3-Fettsäuren: Omega-3-Fettsäuren gehören zu den mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die vor allem in Fischöl enthalten sind. Sie können vom Körper nicht selbst hergestellt werden, sondern müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Diese Fettsäuren sollen vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen schützen und den Cholesterinspiegel senken.
- Sekundäre Pflanzenstoffe: Zu den so genannten sekundären Pflanzenstoffen zählen u.a. Carotinoide, Polyphenole und Phytosterole. Ihnen wird unter anderem eine antioxidative Wirkung und die Bekämpfung freier Radikale, die Förderung der Immunabwehr und die Senkung des Cholesterinspiegels zugeschrieben.
- Vitamine: Die Vitamine C und E gelten als Antioxidantien und können in geringer Konzentration wirkungsvoll zur Prävention sein, auch wenn die Evidenzlage nicht eindeutig ist. Überdosierungen haben jedoch schädliche Folgen. Vitamin B12 kann bei Vegetariern notwendig sein.
- Folsäure: Folsäure hat einen positiven Effekt auf das Herz-Kreislaufsystem; ein Mangel in der Schwangerschaft kann zu Fehlbildungen (spina bifida) des Embryos führen.
- Ballaststoffe: Ballaststoffe werden nicht durch die körpereigenen Enzyme aufgespalten und haben eine positive Wirkung auf die Verdauung.
- Mineralstoffe: Zu den Mineralstoffen zählen Jod, Magnesium, Eisen und Calcium. Jod soll Erkrankungen der Schilddrüse vorbeugen, Calcium vor Osteoporose schützen.
- Sorbit (6-wertiger Zuckeralkohol) zu Verminderung des Kariesrisikos
- Jodiertes Speisesalz zur Vermeidung einer Schilddrüseunterfunktion (Hypothyreose)
- Koffein, Glucuronlacton und Inosit zur Steigerung der körperlichen und mentalen Leistungsfähigkeit
Kritik
- Der gesundheitliche Nutzen vieler Zusätze ist bislang nicht nachgewiesen, es liegen keine wissenschaftlichen Studien vor.
- Die Dosierung von zugesetzten Mineralstoffen und Vitaminen lässt sich vom Verbraucher kaum kontrollieren; bei fettlöslichen Vitaminen könnte es zu einer gesundheitsschädlichen Überdosierung durch den Verzehr mehrerer Functional Food-Produkte kommen.
- Auch Bonbons und andere Süßwaren werden mit Vitaminen und Mineralstoffen versetzt und damit beworben, dass z.B. Kalzium in Schokolade oder überzuckertem Quark vor Osteoporose im Alter schütze, so dass der Anschein erweckt wird, deren Verzehr fördere die Gesundheit.
- Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung beurteilt Functional Food kritisch. In einer Stellungnahme heißt es: "Functional Food ist grundsätzlich keine Garantie für eine bedarfsgerechte und ausgewogene Ernährung. Ernährungsfehler lassen sich auch durch den Verzehr von funktionellen Lebensmitteln nicht beseitigen."[3]
Rechtliche Situation
Die funktionellen Lebensmittel bewegen sich in Deutschland in der Grauzone zwischen Lebensmittel- und Arzneimittelgesetz. Sie gelten zwar als Lebensmittel und mussten daher bislang nicht die strengen Zulassungskriterien für Medikamente erfüllen, dürfen dafür aber – eigentlich - auch nicht mit „krankheitsbezogener“ Werbung vermarktet werden. Ausnahmeregelungen existieren jedoch für Lebensmittel, die als „diätetisch“ eingestuft werden.[4]
Hinsichtlich der werblichen Herausstellung gesundheitlichen Zusatznutzens gilt ab Juli 2007 die Health-Claims-Verordnung der Europäischen Union. Diese schränkt die Möglichkeit der Werbung mit nicht belegten gesundheitlichen Wirkungen stark ein.
Gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln bedürfen der Zulassung nach dieser Verordnung, ebenso Angaben über die Reduzierung von Krankheitsrisiken wie "Calcium kann das Osteoporoserisiko senken" und Angaben "über die Entwicklung und Gesundheit von Kindern".[5] Für die Zulassung muss jede Gesundheitsverheißung wissenschaftlich belegt sein.[6]
Bei rund 80 Prozent der Werbebotschaften suchte die europäische Zulassungsbehörde European Food Safety Authority (EFSA) vergebens nach überzeugenden Belegen. Selbst die heilsame Wirkung mancher Vitamine und Mineralien lässt sich oft nicht zweifelsfrei nachweisen; die meisten Probiotika fielen bislang durchs Raster.[6]
Viele Werbeaussagen zu Functional Food wie "unterstützt die Immunabwehr" bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone, gelten aber noch als zulässig. Bei Nährstoffen oder Lebensmitteln, die in der EU bisher in geringem Umfang verzehrt werden, greift die Novel-Nahrung-Verordnung vom 12. Mai 1997.
Weblinks
Quellenverzeichnis
- ↑ http://onmeda.at.aol.de/ratgeber/ernaehrung/trends/functional_food-welche-lebensmittel-zu-functional-food-zaehlen-14104-2.html
- ↑ L. Seppo, T. Jauhiainen, T. Poussa, R. Korpela: A fermented milk high in bioactive peptides has a blood pressure-lowering effect in hypertensive subjects. In: American Journal of Clinical Nutrition. 77/2003. American Society of Clinical Nutrition, S. 326-330
- ↑ DGE: Funktional Food - Gesundheit zum Essen? (2002)
- ↑ http://www.g-o.de/dossier-detail-139-4.html
- ↑ http://www.bll.de/themen/health-claims/inkrafttreten-claims-verordnung/
- ↑ 6,0 6,1 http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,723719,00.html