Die Blutgruppendiät ist eine umstrittene Ernährungsweise, die sich an der menschlichen Blutgruppe orientiert. Nach Ansicht ihrer Befürworter sollen Menschen je nach Blutgruppe ihre Nahrung jeweils unterschiedlich verarbeiten. Für die Unterschiede sollen bestimmte Eiweiße in der Nahrung verantwortlich sein, die als Lektine bekannt sind. Werden die aus Sicht der Blutgruppendiät "falschen" Lektine aufgenommen, könne es nach dieser Theorie zu einer "Verklumpung des Blutes" kommen und dies hätte zahlreiche Krankheiten zur Folge. In der Anwendung dieser Ernährungsweise durch Übergewichtige zeigt sich jedoch, dass meist eine Gewichtsreduktion durch die Blutgruppendiät angestrebt wird. Die Blutgruppendiät wurde im Jahr 2000 von dem amerikanischen Naturheilkundler Peter D’Adamo in den USA erfunden. Wissenschaftliche Studien, die die Aussagen von D'Adamo stützen würden, sind nicht bekannt.

Ernährungsweise bei der Blutgruppendiät

Nach D'Adamo richtet sich die Ernährungsempfehlung nach der Blutgruppe.

  • Blutgruppe 0: Die Träger dieser Blutgruppe sollen täglich Fleisch essen und stattdessen auf Getreide und Milch verzichten. Begründet wird dies damit, dass die Blutgruppe 0 die älteste menschliche Blutgruppe sei.
  • Blutgruppe A: Träger der Blutgruppe A sollen sich vor allem von Getreide und Gemüse ernähren und auf Fleisch und Milch verzichten.
  • Blutgruppe B: Träger der Blutgruppe B können nach D'Adamo als „Nomaden-Typ“ Milch, Fleisch und Getreide vertragen.
  • Blutgruppe AB: Träger dieser Blutgruppe sollten vor allem Obst und Gemüse essen.

Die Fakten

Abgesehen von einigen exotischen, nur in Ausnahmefällen zur Ernährung gehörenden Pflanzen wie Stechginster, Goldregen und Malve ist nur das Lektin der Gartenbohne (Phasin) bekannt, bei dem eine negative Wirkung von Lektinen auf den menschlichen Organismus nachgewiesen wurde. Ungekochte Bohnen sind für den Menschen giftig, aber nicht aufgrund einer Verklumpung der Blutkörperchen. Phasin wird durch Erhitzen zerstört.[1] Nur im Reagenzglas binden Lektine an Antigene des Blutes, das aber nicht blutgruppenspezifisch.

Welche Blutgruppe die älteste „Urblutgruppe“ ist, ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen. In der Diskussion sind sowohl Blutgruppe A als auch Blutgruppe 0. Da Menschenaffen ebenfalls die Blutgruppen 0, A und B haben, gilt es als gesichert, dass die Blutgruppen nichts mit menschlichen Wirtschaftsformen zu tun haben.[2]

Manche der Empfehlungen und Verbote sind absolut zufällig oder beruhen auf Fehlern. So ist zum Beispiel die angebliche Milchunverträglichkeit der Blutgruppen 0 und A nur die Folge einer Namensverwechselung. Zur Blutgruppe B gehört die Alpha-N-D-Galaktose, in Milch ist hingegen Beta-N-D-Galaktose enthalten. Die Moleküle dieser Galaktosearten sind zwar ähnlich (daher der ähnliche Name), die Wirkung im Organismus ist aber völlig unterschiedlich. Selbst wenn die Lektin-Theorie richtig wäre, wäre eine negative Wirkung von Milch auf Menschen mit Blutgruppe 0 oder A also völlig ausgeschlossen.

D’Adamo rät Trägern der Blutgruppen 0, A und AB Milch zu meiden. In Deutschland wären das 80 Prozent der Bevölkerung.[3] Nur in Asien ist die Blutgruppe B am weitesten verbreitet. Die regionale Verteilung der Laktoseintoleranz widerspricht jedoch seiner Theorie, denn sie ist in Asien weit häufiger als im europäischen Raum. Primäre Laktoseintoleranz ist keine Allergie, sondern eine fehlende Mutation auf dem Chromosom 2.

So stellt die Stiftung fest (Zitat): "Da wir trotz jahrhundertelanger Verstöße gegen diese Regeln immer noch am Leben sind, stellt sich die Frage nach dem Sinn und Unsinn der Diät."[4] Es stellt also sich die Frage, warum gerade Menschen mit der in Europa häufigsten Blutgruppe A Fleisch, Weizen und Milchprodukte nicht konsumieren sollten, obwohl große Teile der europäischen Bevölkerung seit Jahrhunderten problemlos Fleisch- und Milchprodukte konsumieren. Stattdessen wird zu vermehrtem Soja-Konsum geraten, was eher zu Trägern der in Asien häufigen Blutgruppe B passen würde. Das Ganze widerspricht auch der Theorie der Abfolge und regionalen Entstehung der Blutgruppen, weil nach D’Adamo die Blutgruppe A in der Kaukasus-Region und die Blutgruppe B in der Himalaya-Region entstanden sein soll. Warum dann ausgerechnet Menschen mit Blutgruppe A vermehrt Soja konsumieren und Milch bzw. Milchprodukte (gerade Menschen in der Kaukasus-Region sind für ihren Kefir-Konsum bekannt, Kefir wird für Blutgruppe A als neutral, für B und AB als bekömmlich eingestuft), Fleisch und Weizen vermeiden sollten, entbehrt jeder Logik.

Je nach Blutgruppe ist der Eiweißanteil der Kost teilweise überhöht, was Gicht oder die Bildung von Harnsteinen begünstigen kann. Die Gruppe der „Jäger“ erhält zu wenig Kohlenhydrate und Ballaststoffe.

Teuer ist auch der empfohlene Sekretor-Status (ca. 55€), der zur Verfeinerung des Konzeptes dient. Die Blutgruppendiät ist sehr einseitig, da ist es praktisch, wenn D’Adamo zahlreiche speziell für Blutgruppen designte Nahrungsergänzungsmittel anbietet, die nur über bestimmte Online-Shops bezogen werden können.

Abgesehen von den relativ hohen Kosten ist der Nutzen nicht belegt. Eine Bewertung durch die Stiftung Warentest kommt zu dem Schluss: "Eine Verklumpung von Blutzellen (durch Lektine, erg.) wurde bisher in keinem einzigen Fall festgestellt. Und Belege dafür, dass Erkrankungen durch die Blutgruppendiät positiv beeinflusst werden, fehlen ebenfalls." Unter anderem wurden drei Bücher zur Blutgruppendiät untersucht. Alle drei Konzepte erhielten die schlechteste Note.[5]

Aus einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE): "In keinem Fall ist wissenschaftlich dokumentiert, dass Lectine aus Lebensmitteln im Blut zu Verklumpungen (Agglutinationen) führen. [...] D’Adamo verwendet ungesicherte, verführerisch einfach klingende Annahmen als Fakten und stellt Lectine in Nahrungsmitteln als eine generelle Gefahr dar. [...] Die meisten pflanzlichen Lectine sind unschädlich. (…) Zudem zerstört Erhitzen die Lectinaktivität in fast allen Nahrungsmitteln mit Ausnahme von gerösteten Erdnüssen [...]."[6]

Literatur

  • D'Adamo P.: Eat Right 4 your Type. Putnam Verlag 1996. ISBN 0-399-14255-X

Weblinks

Quellennachweise

  1. http://www.lebensmittellexikon.de/p0000050.php
  2. 3sat-Beitrag zu Blutgruppen
  3. „Die Blutgruppendiät“, von Bernd Ax, WDR-TV, 8. Dezember 2003
  4. Sonderheft "test Spezial Schlank & fit" der Stiftung Warentest Mai 2005
  5. Stiftung Warentest, Sonderheft Diäten, 2005
  6. "Blutgruppendiät ist wissenschaftlich nicht haltbar", Pressemitteilung, in DGE aktuell 19/00, 13. Juni 2000


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