Slawisch-arische Weden ("russische Weden"), das "schwarze Buch" von Sektengründer Alexander Hinewitsch

Ynglism (russ. Инглиизм, Ingliism, deutsch wohl auch Ynglismus*, auch ARICOOBI) ist eine neopagane polytheistische russische Sekte des russischen Esoterikers Alexander Hinewitsch (geb. 1961) die sich in Russland ab den achziger Jahren von Sibirien aus ausbreitete, und auch außerhalb von Russland einige Anhänger fand. Die vollständige Bezeichnung der Ynglism-Bewegung lautet auf englisch Ancient Russian Ynglist Church of the Orthodox Old Believers – Ynglings und auf russisch Древнерусская Инглиистическая Церковь Православных Староверов-Инглингов), aber auch bekannt als Ancient Russian Ingliistic Church of Orthodox Old Believers-Ingliists (ARICOOBI). Der Sitz der Sekte ist Omsk in Russland. Ynglism ist als "anti-christlich" bekannt und verkörpert eine eklektische, "heidnische" und polytheistische Religion, die gelegentlich auch als ein nicht anerkannter Zweig des slawisch-neopaganen Rodismus (Rodnovera, Rodnoverie oder Rodnovery) eingestuft wird. Rodismusverbände in Russland distanzierten sich jedoch mehrmals von Ynglism.[1] Sie wurde auch als nationalistisch und ultrakonservatv eingeschätzt.[2] Anhänger des Ynglism lehnen selbst sowohl die Bezeichnung pagan als auch Rodismus für ihre Religion ab.

Relevant im Zusammenhang mit dem Ynglism sind so genannte slawisch-arische Weden, Texte von Hinewitsch die als religiöses Credo verbrämt Angaben aus nicht schriftlich belegbaren Mythen, Märchen und Vorstellungen und von hypothetischen Besuchen von Ausserirdischen auf der Erde mit einbeziehen.

In der Omsker Gegend sind mehrere Gemeinden bekannt. Offenbar kooperiert man in der Omsker Gegend auch mit russisch-nationalen Parteien. So kooperiert Ynglism mit der Partei Russische Nationale Einheit RNE (russisch Русское Национальное Единство), einer paramilitärischen neonazistischen politischen Partei, die 1990 vom Neonazi Aleksandr Barkaschow in Moskau gegründet wurde. Sie soll beispielsweise Ynglism-Veranstaltungen durch Parteimitglieder vor Störungen schützen.[3]

Der Haupttempel der Sekte ist in Omsk der Wedische Perun-Tempel (Капище Веды Перуна). Der aus Holz gebaute Tempel soll angeblich bereits 1802 gebaut worden sein und brannte Ende der 2000er Jahre nieder. Aktuell ist ein neuer Tempel aus Stein im Bau. Im Ynglism gibt es anweisende Hohepriester sowie als "Synode" einen Ältestenrat. Die Priester sind in vier Kategorien einteilbar: Wanderprediger/priester, Tempelpriester, Zauberer und Beichtväter. Organisiert wird offenbar auch eine Sonntagsschule, die Kindern "arischer und slawischer Geburt" vorbehalten sei. Einnahmen werden durch Bücherverkauf und den Verkauf von Videos generiert.

Ynglism-Feiertage sind den verschiedenen Gottheiten gewidmet.

Die Sekte verbreitet ein rassistisch-esoterisches Gedankengut mit Formulierungen und Symbolen, die offenbar Anhänger aus dem rechten Milieu anziehen sollen. Die Sekte war in Russland wegen "religiösem Extremismus" zeitweise verboten und ihr Begründer wurde zu einer Haftstrafe auf Bewährung verurteilt und stand auch zeitweise unter Hausarrest.

Im deutschsprachigen Raum fand die Sekte Akzeptanz in kleinen Teilen der deutschen rechten Szene der Siedlerbewegung und einer Gruppierung um Frank Willy Ludwig aus Brandenburg, den Begründer einer dazu passenden slawisch-arischen Organisation mit Namen Urahnenerbe Germania (UAE).

Die Organisation ist auch im Internet vertreten und betreibt eine eigene Webseite in russischer Sprache (inglija.com.ua), die aber nicht in Russland sondern in der Ukraine gehostet wird. Neben organisatorischen Themen findet sich ein eigener Webshop und Seiten zu allen möglichen Themen, mit Ausnahme religiöser Glaubensinhalte, die nur am Rande Thema sind. Zu lesen sind Verschwörungstheorien über eine von Ausländern nach Russland importierte Mode Alkohol zu konsumieren oder Siege gegen Juden die zuvor Russland geschadet hätten, Ratschläge Krebs mit Amygdalin zu behandeln, Artikel zum Thema Kozyrev-Spiegel, Wellengenetik, Telegonie oder Magnetmotoren.

Geschichtliches

 
alter Perun-Tempel (Tempel der Weisheit von Perun) in Omsk im jahre 2001
 
Baustelle
 
Anhänger der Rodismus-Bewegung in Russland

Obwohl Anhänger des Ynglism und ihr Begründer Hinewitsch sich auf angeblich 40.000 Jahre altes Wissen und Traditionen berufen, kann der Beginn des Hinewitsch-Ynglism in den Jahren 1990-1991 angenommen werden.[4] Allerdings geben russische Quellen auch an, dass die Bewegung bereits vorher existierte und auch zur Zeit der UdSSR existierte. Die Ynglism-Religion wurde im Jahr 1992 in Russland offiziell gegründet und am 3.7.1998 als eine Religionsgemeinschaft offiziell in sibirischen Omsk registriert. 2004 verlor die Ynglism-Kirche wieder ihren Status als Kirche und seit 2009 werden sowohl gegen Hinewitch als auch seine Organisation oder Kirche Ermittlungen der russischen Staatsanwalt wegen "religiösem Extremismus" geführt. 2011 wurde das Ynglism-Verbot in Russland wieder aufgehoben. 2014 wurde Hinewitsch erneut in Russland angeklagt. Der Vorwurf lautet auf Anstiftung zu ethnischem und religiösen Hass.

(Glaubens-)Inhalte und Riten

Inhaltlich wird eine mythische Geschichte der großen weißen „Rasse“ erzählt, die Slawen und Arier (laut Legende Da´Arier, H´Arier, Swjatorussen und Rasseni, die Nachfolger der Himmelsfamilie) umfasse. Die auserwählten weissen Rassen seien der Legende von Hinewitch nach vor 600.000 Jahren als Außerirdische von vier verschiedenen Sternen auf die Midgard-Erde gekommen, darunter vom Sternbild großer Bär. Heutige Menschen wären Nachfahren von Menschen die auf Hyperborea, einem inzwischen versunkenen sagenhaften Land nahe des Nordpols gelebt hätten. Später wären sie von Hyperborea nach Belovodye (Sibirien), zwischen Irtysh und dem Obi Fluss gezogen. In Schweden hätten dann die Ynglings Königsdynastien die Mitteilungen der Vorfahren verfasst. Menschen anderer Hautfarbe seien hingegen von den Angehörigen der weissen Rassen erst vor 100.000 bis 160.000 Jahren auf die Erde geholt worden.

Für Ynglisten ist das "Yngly" (Инглия) von zentraler Bedeutung. Es soll sich um eine Urkraft handeln, aus der der Kosmos entstanden sei. Die gemeinten slawisch-arischen Wedentexte (auch Heiligen Schriften der Großen Rasse) seien in Wirklichkeit die eigentlichen Veda-Texte des Hinduismus wird verbreitet. Auch gebe es die Schrift oder Sprache Sanskrit nicht. Vielmehr handele es sich bei Sanskrit um einen "alten russischen Dialekt", das heute noch in Sibirien gesprochen werde. Die in den Religionswissenschaften bekannten hinduistischen Veden und die zarathustrische Avesta seien daher auch Fälschungen. Das russische Buchoriginal zu den slawisch-arischen Weden ist ein Buch mit schwarzem Einband und einem Hakenkreuz auf dem Cover.

Ein Beleg für die Förderung rassistischer Überzeugungen ist im Verbot der Ehe zwischen Menschen unterschiedlicher Rassezugehörigkeit zu sehen, sowie in einer Art Verherrlichung einer "großen weissen Rasse".

Zu den Riten gehören besondere Handzeichen sowie das Singen von Hymnen.

Kriminalgeschichte

2004 verlor die Ynglism-Kirche wieder ihren Status als Kirche und seit 2009 werden sowohl gegen Hinewitch als auch seine Organisation oder Kirche Ermittlungen der russischen Staatsanwalt wegen "religiösem Extremismus" geführt. Vorgeworfen wird die Nutzung des Begriffs "slawisch-arisch", der Nazigruss mit ausgestrecktem Arm und das Führen von Hakenkreuzen an der Kleidung. Zeitweise war der Ynglism in Russland verboten. Hindewitsch wurde dann zu einer Haftstrafe von einem Jahr und sechs Monaten auf Bewährung verurteilt und stand zeitweise unter Hausarrest.

Anhängerschaft

 
Logo des Frank Ludwig Urahnenerbe - Projekts

Texte, die sich auf "slawisch-arische-Weden / Veden" (Славяно-Арийские Веды) beziehen, finden sich stets im Kontext zu rechten Bewegungen, in denen dann auch laut „wedischer Rassenkunde“ von einer "großen Rasse" (gemeint sind Menschen mit weisser Hautfarbe) die Rede ist. In Russland scheint der Ynglism auch in den Kreisen der Anastasiabewegung populär zu sein.

Im deutschsprachigen Raum fand die Sekte Akzeptanz in kleinen Teilen der deutschen rechten Szene der Siedlerbewegung und einer Gruppierung um Frank Willy Ludwig aus Brandenburg, den Begründer einer dazu passenden slawisch-arischen Organisation mit Namen Urahnenerbe Germania (UAE).

Slawisch-arische Weden und das Schwarze Buch

Wenn von slawisch-arischen Weden (Veden, auch russische Weden) oder von in diesem Zusammenhang genannten "schwarzen Büchern" die Rede ist, so sind damit Texte von Hinewitsch gemeint, die auch in der Szene als slawisch-arische Weden bezeichnet werden. Hinewitsch verbreitet die Mär, kurz vor dem Jahr 2000 von Unbekannten geheime 40.000 Jahre alte "Weden-Texte" erhalten zu haben und an Orte geführt worden zu sein, wo er diese habe einsehen können. Er behauptet dass die ihm überlassenen Originaltexte auf Goldplatten eingraviert oder auf Baumrinden oder Papyrusrollen gezeichnet worden seien. Aufbewahrt worden seien die Texte der Legende nach an geheimen Orten in Höhlen, durch so genannte Wächter ("Heilige der Uralten Weisheiten"). Die Originale seien in "mehrdimensionaler" Runenschrift verfasst worden (laut Legende h´Arische Runnika / Karune), die aber nur von eingeweihten Priestern lesbar wären. Außenstehenden sind die Originale unzugänglich, was auch in Kreisen der Anhängerschaft zu Kritik führte und die Glaubwürdigkeit in Frage stellte. Hinewitsch behauptet, seit der angeblichen Entgegennahme diese Texte ins Russische zu übersetzen. Inzwischen sollen auch Übersetzungen in deutscher Sprache im Umlauf sein. Seine slawisch-arischen Weden erschienen als "schwarzes Buch" aber erst 2006. Bestandteile der gemeinten Schriften sollen eine ältere fiktionale "Heilige Schrift des Buch von Veles" sowie eine Übersetzung der isländischen Ynglingasaga sein.[5] Kritiker sprechen in diesem Zusammenhang sogar von einem Plagiat, da Anteile der Texte kopiert wurden. Mehrere andere Punkte die gegen eine Echtheit der Dokumente sprechen, sind in russischer Sprache ausführlich im russischen Wikipedia-Artikel erwähnt.[6]

Veda ist kein Wort slawischer Sprachen, sondern stammt aus dem Sanskrit (m., वेद, veda, wörtl.: Wissen, Heiliges Gesetz, Ritualkunde, Habe, Besitz, Empfindung) Der Begriff Ynglism stammt auch nicht aus dem slawischen Sprachraum, sondern sondern vom ältesten Königsgeschlecht Schwedens, der Ynglinger oder „Inglinger“.[7] Yngvi (auch Ingwë bzw. Ingwio) ist der Name der wichtigsten Gottheit des Germanenstammes der Ingaevonen. Er wird oft als Beiname für den germanischen Gott Freyr der Vanen gesehen. Von dem Namen leitet sich der besonders in Norddeutschland verbreitete Name Ingo (weibliche Form Inge, Inga) ab, sowie als Ableitung der russische Name Igor, der schwedische Name Ingmar sowie der Heiligenname St. Ingbert („Ings Glanz“) und die nach ihm benannte Stadt im Saarland.

Ein Gericht in Omsk lies ein Gutachten zu den slawisch-arischen Weden erstellen, in dem festgestellt wurde, dass die Texte rassistische Inhalte aufweisen. So ist von einem Eheverbot zwischen Angehörigen verschiedener Rassen die Rede sowie von einer Überlegenheit der weissen Rasse gegenüber der "schwarzen Rasse".

Veden/Weden als indigenes Volk

Mitunter wird der Begriff "Weden" auch für ein indigenes Volk verwendet, und nicht für Schriften. Tatsächlich gibt es die Bezeichnung Veddas (singhalesisch වැද්දා væddā, tamilisch வேடுவர் vēṭuvar; auch: Weddas oder Veddahs, Singhalesisch väddā, fälschlich Bedda, Eigenbezeichnung Wanniyala-Aetto) für ein fast ausgestorbenes indigenes Volk im Osten von Sri Lanka, mit heute etwa 600 Menschen.

Im 19. Jahrhundert entstanden Hypothesen zur Existenz eines indogenen zentralasiatischen Nomadenvolks, welches als die "vedischen Indogermanen" oder Arier bezeichnet wurde, und welches um ca. 1200-1500 v.Chr. in Indien eingewandert sei und auf die Urbevölkerung Indiens, die Reste der Harappa-Kultur, getroffen sei. Sie sollen die vedische Kultur nach Indien gebracht, und dort die Schriften (zuvor Gesänge und mündlichen Überlieferungen) der Veden etabliert haben.

Vedisch ist eine indogermanische Sprache und ein Vorgänger des Sanskrit. Es ist die Sprache in der die älteren Teile der Veden der Hindus (zunächst mündlich) verfasst wurden. Die Sprache wurde bis ins fünfte Jahrhundert unserer Zeitrechnung gesprochen, als es durch Sanskrit abgelöst wurde.

Alexander Hinewitsch

 
Alexander Hinewitsch
 
Alexander Hinewitsch

Begründer und aktueller Führer der Ynglism-Sekte oder -Bewegung ist der Russe Alexander Hinewitsch (geb. 19.9.1961 in Omsk, Khinevich Aleksandr Yurevich, russ. Александр Хиневич). E ist auch unter diversen anderen Namen bekannt: Alexander AY Khinevich, Pater Dii (Патер Дий) oder Pater Dii Aleksandr Hinevich (Патер Дий Александр Хиневич//Хиневича). Er bezeichnet sich seit 1985 als Yinglism-Hohepriester.[8]

Zu Hinewitsch ist bekannt, dass er ein Studium am Omsker Polytechnischen Institut abbrach und danach sich mit Esoterik und Ufo-Studien befasst habe, bevor er 1992 seine eigene Kirche gründete. Zuvor wurde er auch als Wunderheiler durch angebliche Massenheilungen bekannt. Hinewitsch ist auch Anhänger der pseudowissenschaftlichen Lehre der Telegonie und Ablehner der Evolutionstheorie. Er machte auch antisemitische Äusserungen. So stamme seiner Meinung nach der Begriff Semit von dem lateinischen Wort simia=Affe, und bezeichnete Juden pauschal abschätzig als Greys (Graue).

Hinweis

(*) Der Begriff Ynglismus ist in der deutscher Sprache nicht etabliert oder gebräuchlich. Da die entsprechende Religion erst vor kurzem entstand und im deutschen Sprachraum wenig verbreitet ist, wird in deutschsprachigen Texten stets der englische Name Ynglism verwendet, der sich auf russisch auch wie Ynglism ausgesprochen wird.

Weblinks

Quellennachweise