Strophanthin

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Strophanthin (auch Strophantin, en: Ouabain, verschiedene Derivate) ist ein herzwirksamer Wirkstoff pflanzlicher Herkunft der in der Vergangenheit analog zu ähnlichen pflanzlichen Wirkstoffen wie Digitalis in der Behandlung von Herzerkrankungen eingesetzt wurde aber inzwischen obsolet wurde, aber weiterhin von einzelnen Befürwortern (meist Heilpraktiker) im alternativmedizinischen Bereich vehement und agressiv beworben wird. Die Substanz kann auch in kleiner Menge tödliche Wirkungen haben und wird auch als Pfeilgift verwendet. Die aktuelle Nichtverwendung dieses Wirkstoffs in der wissenschaftlichen Medizin wird von den Strophanthinaktivisten häufig mit Verschwörungstheorien in Zusammenhang gebracht. Entsprechende Argumentationsversuche sind häufig durch pseudowissenschaftliche Äusserungen gekennzeichnet, die insbesondere valide Gegenargumente und Veröffentlichungen nicht zu Kenntnis nimmt. Strophanthin wird heute von den wenigen Befürworternals ein Wundermittel bei Herzerkrankungen dargestellt dass natürlich keinerlei Nebenwirkungen aufweise obwohl es in Afrika seit langem als Pfeilgift verwendet wird. Dass das Mittel von einem schwedischen Pharmamulti mit Milliardenumsatz hergestellt wird, wird meist verschwiegen um die abwegige Pseudoargumentation nicht in Frage stellen zu müssen nach der dieses Mittel von der Schulmedizin unterdrückt werde.

Chemie des Strophanthin

Das Strophanthin oder Ouabain ist ein Cardenolid-Glykosid, mit herzwirksamen Wirkungen (Herzglykosid). Das Aglykon ist g-Strophanthidin (Ouabagenin). Der Rezeptor für Strophanthin ist die Na+/K+-ATPase, also die Natrium-Kaliumpunpe der Herzzellen. Es gibt verschiedene Derivate des Strophanthins, die nach Herkunft entsprechend gekennzeichnet sind.

  • e-Strophanthin aus Strophanthus eminii
  • g-Strophanthin aus S. gratus und Acokanthera oblongifolia.
  • h-Strophanthin aus S. hispidus
  • k-Strophanthin aus S. kombé

Am häufigsten wurde das g-Strophanthin eingesetzt, gefolgt vom k-Strophanthin.

Die Strophanthine sind weltweit in den Samen verschiedenen Pflanzen zu finden. Dazu gehören vor allem afrikanische Pflanzen der Gattung Strophanthus aus der Familie der Hundsgiftgewächse. Aber auch in der Pflanze Acokanthera (Acokanthera oblongifolia, A. ouabaio und A. schimperi), die auch bisweilen bei uns als Topfpflanze zu finden ist, ist das Strophanthin zu finden. Ouabain, die angelsächsische Bezeichnung für g-Strophanthin, hat seinen Namen vom afrikanischen Ouabaio-Baum (Acokanthera ouabaio), dessen Samen das g-Strophanthin enthält. Ouabaio ist die englische Schreibung des ostafrikanischen Wortes Wabayo. Die auch bei uns heimische Sommer-Adonisröschen (Adonis aestivalis) enthält Strophanthidin, das Aglykon des k-Strophanthins, welches ebenfalls sehr giftig ist und bei Pferden tödlich sein kann.

Geschichtliches

Es ist seit langem bekannt dass einige afrikanische Völker die Samen der Strophanthus-Arten als Pfeilgift benutzen. Strophanthin ist auch als bekannte Substanz bei Mordanschlägen bekannt. 1859 wurde die Herzwirkung des Strophanthus-Samens entdeckt, als während der Livingstone-Expedition in Afrika die Zahnbürste des Biologen Kirk von diesem unbemerkt in Kontakt mit dem Strophanthus-Pfeilgift kam und unmittelbar darauf dieser eine Wirkung auf das Herz bemerkte. 1862 gelang es dem schottischen Pharmakologen und Kliniker Thomas Fraser, aus dem Samen des Strophanthus kombé k-Strophanthin zu isolieren. 1885 wurde der Gesamtextrakt von S. kombé als Tinctura strophanthia in die Herztherapie eingeführt und 1893 ins deutsche Arzneibuch aufgenommen. 1888 isolierte der französische Chemiker Arnaud das g-Strophanthin aus Strophanthus gratus und Acokanthera ouabaio, welches ab 1904 als Reinsubstanz zur oralen Einnahme zur Verfügung stand.

Das deutsche Pharmaunternehmen Boehringer Mannheim entwickelte eine intravenöse Darreichungsform als Kombetin®. Strophanthin kam 1904 als herzwirksames Mittel auf den Markt. Intravenös zugeführtes Strophanthin wurde bis 1992 bei akuter Herzinsuffizienz als schnell wirksames Glykosid im klinischen Bereich in einigen Krankenhäusern eingesetzt bis aufgrund neuerer Erkenntnisse das Strophanthin zugunsten geeigneterer Mittel obsolet wurde. Das i.v. Strophanthin war aufgrund der geringen Halbwertszeit besser steuerbar als vergleichbare Herglykoside. Neuere grossen Studien zum Herzinfarkt und zur Herzinsuffizienz haben aber dem Ganzen sowieso den Garaus gemacht, da kein Effekt auf die Mortalität oder Lebenserwatung durch Herzglykoside nachweisbar war. Es blieb bei einer symptomatischen Wirkung. Ab 1950 wurde intravenöses Strophanthin in der Therapie der chronischen Herzinsuffizienz aufgrund des Aufkommen der oral verfügbaren Digitalis-Präparate immer weniger verwendet. Daneben war Strophanthin bei niedergelassenen Ärzten auch als oral gegebenes Mittel in Gebrauch, und zwar insbesondere in Frankreich, Deutschland sowie einigen osteuropäischen Staaten, während es ausserhalb dieser Länder kaum Beachtung fand.

In den neunziger Jahren wurden Stereoisomere des g-Strophanthins (Ouabain) als körpereigene Hormone bekannt die offenbar eine Rolle bei der Entstehung des Bluthochdrucks spielen.

aktuelle Sitauation

Heutige plädieren die internationalen Leitlinien generell erst an zweiter Stelle für Herzglykoside (zu denen das Strophanthin gehört), dann aber generell für Digoxin.


Strodival / Stodival MR

Aktuell ist Strodival (als orales Kardiakum) des schwedischen Pharmamultis Meda erhältlich, sowie homöopathische Zubereitungen mit Strophanthin. Der i.v. Darreichungsform wurde die Zulassunginzwischen versagt [1]

Problematisch ist die die geringe und vorab schlecht kalkulierbare orale Resorption im Bereich von nur etwa 10% auf die die internetionale Fachliteratur hinweist. Wenn man sich die für Ärzte erhältliche Fachinformation für Strodival des Herstellers ansieht, dann müste der Wert sogar noch schlechter sein. Dort steht nämlich dass zur Erreichung der gleichen Serumkonzentration die mit 0,25 mg iv erreicht wird, dazu irgendwas zwischen 8-10 mg oral notwendig wäre. Die geringe Bioverfügbarkeit ist einer der Gründe warum die oralen Straophanthine heute keine Bedeutung mehr haben.

Das orale Strodival MR kam ins Gerde nachdem ÖKO-TEST im März 2006 herausfand dass dieses Produkt das umstrittene Phthalat enthält [2]. Dies stiess in den entsprechenden medizinkritischen Heilpraktikerkreisen die Strophanthin anpreisen erstaunlicher Weise auf keinerlei Interesse.

Verschwörungstheorien um Strophanthin

Verschwörungstheorien kommen immer dann wenn die Argumente schwach sind, dann solls wolkig und nebulös werden. Nicht nur Meda kann offenbar keine Studien finanzieren, sondern auch die vorherigen Besitzer Brahms und Herbert. Jetzt müssten also schon drei Verschwörungskonstruktionen hintereinander herhalten.

Quellennachweise

  1. Meda Otto-von-Guericke-Ring 9 65205 Wiesbaden 14.02.2006 | Strodival i.v., 10 Ampullen, Charge: 4241: Rückruf Die Firma Meda GmbH, 65205 Wiesbaden, bittet um folgende Veröffentlichung: "Da für Strodival i.v., 10 Ampullen (PZN 1223908), die Zulassung erloschen ist, bitten wir um Rücksendung eventuell noch vorhandener Packungen über den pharmazeutischen Großhandel. Der Rückruf betrifft nur die i.v.-Formulierung, Strodival Kapseln sind nicht betroffen, sondern weiterhin verkehrsfähig." Das APG-Formular wird am Ende der Pharmazeutischen Zeitung Ausgabe 07/2006 veröffentlicht.
  2. http://www.oekotest.de/cgi/ot/otgs.cgi?doc=38928